Applaus von Rechts

Muslim darf kein Schützenkönig sein, weil er kein Christ ist

Ein muslimischer Schützenkönig? Nach Meinung des katholischen „Bundes Historischer Deutscher Schützenbruderschaften (BHDS)“ geht das nicht. Das sorgt für Kontroverse. Der Vorsitzende des Bundes beruft sich auf die Satzung, die Kritiker auf Integration und Nächstenliebe. Von Sabine Kleyboldt.

04
08
2014
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Schon wieder hat Rolf Nieborg unliebsame Nachrichten im Postfach. „Ich bekam heute schon E-Mails, die mich als Nazi und Ewiggestrigen beschimpfen“, so der Sprecher des Bundes Historischer Deutscher Schützenbruderschaften (BHDS). Parallel melde sich die rechte Szene mit: „’Toll, dass Sie das Urdeutsche wahren.‘ – Damit muss man wohl leben“, sagt er leicht resigniert. Als Vorstandssprecher eines auf Tradition ausgerichteten katholischen Verbandes sieht sich Nieborg von Zeit zu Zeit solchen Anwürfen ausgesetzt. Der Auslöser an diesem Montag im August: Sein Verband will einen muslimischen Schützenbruder, der Mitte Juli im westfälischen Werl-Sönnern den Vogel abgeschossen hat, nicht als Schützenkönig anerkennen.

„Wir sind ein katholischer Verband, der laut Statut im Sinne der Ökumene auch andere Christen aufnimmt, aber eben keine Muslime, ansonsten verlieren wir unseren Status als katholischer Verband nach dem kanonischen Recht“, wirbt Nieborg um Verständnis. Der Schützenbruderschaft St. Georg Sönnern sei ein „ganz menschlicher Fehler“ unterlaufen, indem sie ihre eigene Satzung nicht richtig gelesen und den 33-jährigen türkischstämmigen Muslim Gedik aufgenommen habe. Tatsächlich drohe ihr damit der Ausschluss aus dem Verband. Aber „es wird alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird“, so Nieborg. In den nächsten Tagen wollen sich sowohl Dachverband als auch Verein auf die Suche nach einem Kompromiss begeben. Dieser legt laut Satzung eigentlich nur Gediks Amtsverzicht oder seine Konversion zum Christentum nahe.

Paderborner Schützen verließen Dachverband für muslimischen Schützenkönig

Präzedenzfälle gibt es. Vor etwa fünf Jahren, berichtet Nieborg, habe der Paderborner Schützenverein einen Muslim zum König gemacht und wollte ihn ins Bezirksschießen schicken. „Dem haben wir widersprochen. Das wollten die Herren nicht einsehen.“ Das folgende Ausschlussverfahren habe den Verlust der rund 1.500 Paderborner Schützen für den etwa 400.000 Mitglieder starken Dachverband gebracht. „Anders als dem Deutschen Schützenbund (DSB) geht es uns weniger um die sportliche Ausrichtung als um den Erhalt historischen Brauchtums“, erläutert der Sprecher.

Kritische Stimmen gibt es von den nordrhein-westfälischen Landtagsfraktionen. „Mit dieser Intervention hat der Dachverband der Schützen den Vogel abgeschossen – im negativsten Sinn“, sagte die rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Dagmar Hanses. „Tradition darf nicht als Totschlag-Argument missbraucht werden, um Mitmenschen auszugrenzen.“ FDP-Fraktionsgeschäftsführer Christof Rasche fordert als Zeichen der Integration, dass sich rein christliche Schützenvereine für Nicht-Christen öffnen sollten. „Denn christliche Nächstenliebe ist wichtiger als eine christliche Satzung.“ (KNA)