NRW will Mehrfachstaatsangehörigkeiten in der Kriminalstatistik erfassen. Kritikerinnen warnen vor Rassismus, Befürworterinnen sprechen von Transparenz.

Die Entscheidung der nordrhein-westfälischen Landesregierung, künftig in der Kriminalstatistik alle Staatsangehörigkeiten von Verdächtigen und Opfern – einschließlich Mehrfachstaatsangehörigkeiten – zu erfassen, sorgt für kontroverse Diskussionen. Während die SPD vor rassistischen Effekten warnt, signalisieren die Union und Teile der Polizeigewerkschaft Zustimmung. Auch Bayern denkt über eine ähnliche Praxis nach.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) begründet den Schritt damit, dass nur durch die statistische Erfassung der „realistische Blick“ auf die Kriminalität möglich sei. Mehrfachstaatsangehörigkeiten könnten zudem Hinweise auf Fluchtgefahr liefern. Rückwirkend zum 1. Juli sollen die neuen Kriterien gelten.
„Kriminalpolitisch bringt das nichts, es fördert aber Rassismus“
Die SPD kritisiert das Vorhaben scharf. „Kriminalpolitisch bringt das nichts, es fördert aber Rassismus“, sagte Sebastian Fiedler, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, dem Tagesspiegel. Die Erhebung erfolge erst nach Abschluss der Ermittlungen und spiele für polizeiliche Arbeit keine Rolle. Vielmehr sende sie ein gefährliches Signal: Menschen mit Doppelpass würden so als „Deutsche zweiter Klasse“ behandelt.
Unterstützung erhält Reul dagegen von CDU-Politiker Alexander Throm. Er fordert, dass auch Bundespolizei und andere Bundesländer Mehrfachstaatsangehörigkeiten erfassen. „Die Nationalität spielt in der Kriminalitätsstatistik eine große Rolle. Transparenz ist hier wichtig“, so Throm.
Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft in Bayern spricht sich für die Erfassung aus. Sie sieht darin eine Chance, kriminalistische Phänomene mit internationalem Bezug besser zu verstehen. Das bayerische Innenministerium reagierte jedoch zunächst zurückhaltend und will Erfahrungen aus NRW abwarten.
Das Bundesinnenministerium wiederum unterstützt den Ansatz grundsätzlich und bezeichnet ihn als „nachvollziehbar und sinnvoll“. Ob und wann eine bundesweite Einführung folgt, ist allerdings unklar. Dafür müsste es eine gemeinsame Entscheidung von Bund und Ländern geben – ein Prozess, der in der Vergangenheit oft lange gedauert hat.