Srebrenica

Munira Subašić – „Sie haben unsere Kinder getötet, und die Welt hat weggesehen“

Zum 30. Jahrestag des Srebrenica-Genozids erhebt Munira Subašić ihre Stimme – gegen das Vergessen, gegen das Schweigen Europas und für Gerechtigkeit.

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07
2025
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Munira Subasic, Vorsitzende des Vereins "Mütter von Srebrenica", © Munira Subasic, bearbeitet by iQ.

Bei der Gedenkveranstaltung zum 30. Jahrestag des Genozids von Srebrenica hat Munira Subašić, Präsidentin der Vereinigung der Mütter von Srebrenica und der Enklave Žepa, eine bewegende Rede gehalten. Sie warf der internationalen Gemeinschaft Versagen, Gleichgültigkeit und fehlende Konsequenzen vor – damals wie heute.

„Ich bin Munira Subašić, ich habe den Genozid überlebt“, sagte sie zu den zahlreichen Gästen im Gedenkzentrum Potočari. „22 Mitglieder meiner engsten Familie wurden getötet – darunter mein Ehemann und mein jüngster Sohn, den ich am meisten geliebt habe.“ Ihre Stimme zitterte vor Schmerz, aber auch vor Anklage.

Subašić: „Und die Welt und Europa? Sie sahen zu, sie schwiegen“

Subašić erinnerte an das Leid der Mütter, deren Kinder im Juli 1995 in der als UN-Schutzzone deklarierten Stadt Srebrenica ermordet wurden. „Die Kinder von Srebrenica wurden nur getötet, weil sie einen anderen Namen hatten, weil sie Muslime waren“, so Subašić. „Und die Welt und Europa? Sie sahen zu, sie schwiegen.“

Die Menschenrechtsaktivistin zog Parallelen zur Gegenwart. Während sie spreche, erlebten Mütter in der Ukraine und in Palästina dasselbe Leid wie die Mütter von Srebrenica damals: „Verlust, Gewalt, Entwurzelung. Und erneut schweigt Europa.“

In ihrer Rede dankte Subašić den Staaten, die für die jüngst verabschiedete UN-Resolution zur Anerkennung des Srebrenica-Genozids gestimmt hatten. Denjenigen, die sich verweigerten, warf sie moralisches Versagen vor: „Mögen sie in Dunkelheit leben. Wir Mütter werden ihnen niemals vergeben – und niemals vergessen.“

„Man hat versucht ihre Erinnerung auszulöschen“

Seit drei Jahrzehnten trügen die Überlebenden den Schmerz mit sich, während gleichzeitig die Leugnung des Genozids, die Verherrlichung von Kriegsverbrechern und nationalistischer Hass in Teilen der Region zunehmen, warnte Subašić. „Man hat nicht nur unsere Kinder getötet, sondern auch versucht, ihre Erinnerung auszulöschen.“

Sie schilderte die Realität der Kinder, die als Waisen zurückblieben – viele ohne Fotos ihrer Väter, viele mit Erinnerungen an Gewalt und Vertreibung. „Unsere Enkel fragen: Sehe ich aus wie mein Vater? Habe ich seine Augen? Seine Haare?“

Trotz allem hätten die überlebenden Mütter ihre Kinder in Würde und ohne Hass erzogen: „Wir haben sie zu Ärzten, Ingenieuren, Professoren gemacht. Auch mein Nerko hätte ein guter Vater, ein guter Mensch werden können.“

„Wir gehören nicht in die Dunkelheit – wir gehören in die Zukunft“

Ihre eindringliche Botschaft: „Niemand hat das Recht, ein Kind zu töten. Niemand hat das Recht, eine Mutter zu vergewaltigen. Niemand hat das Recht, einen Vater zu erschießen.“

Subašić forderte Gerechtigkeit statt politischer Lippenbekenntnisse. „Wenn mein Sohn als Opfer einen Namen hat, dann muss auch der Täter einen Namen haben. Es gibt Urteile, es gibt Beweise. Diese basieren auf unseren Aussagen – auf der Wahrheit.“

Zum Schluss appellierte sie an die Verantwortung Europas: „Wenn ihr wirklich bereut, wenn ihr wirklich nichts damit zu tun hattet – warum akzeptiert ihr uns nicht in Europa? Warum nicht in die NATO? Wir gehören nicht in die Dunkelheit – wir gehören in die Zukunft.“

Und sie warnt eindringlich: „Europa, wach auf. Es ist das 21. Jahrhundert. Doch statt Gerechtigkeit sehen wir wieder das Erstarken des Faschismus. Wie weit wird das noch gehen?“