Die Wahl in Österreich hat die Karten neu gemischt. Der deutliche Sieg von Sebastian Kurz (ÖVP) hat über die Alpenrepublik hinaus Bedeutung. Muslime zeigen sich besorgt.
Der Aufschwung der Rechtspopulisten in Europa hatte auch Auswirkungen auf die Nationalratswahlen in Österreich. Bei den Wahlen am Sonntag hat die ÖVP nach Hochrechnungen 31,6 Prozent der Stimmen. Die SPÖ erzielt 26,9 Prozent. Die FPÖ kommt auf 26 Prozent. Die Grünen liegen mit 3,9 Prozent unter der Vier-Prozent-Hürde.
Der Sieg des 31-jährigen Sebastian Kurz bei der Wahl in Österreich wird als deutlicher Rechtsruck gedeutet. Der Wahlausgang ist für viele eine Enttäuschung und Grund zur Sorge, auch für Muslime. „In nahezu allen Ländern Europas verzeichnen wir einen deutlichen Rechtsruck im Allgemeinen und eine islamfeindliche Politik im Besonderen. Auch der Wahlkampf in Österreich war geprägt von einer islamfeindlichen Rhetorik und wurde belohnt“, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG).
Die FPÖ erzielte ihr bislang bestes Ergebnis, die ÖVP ging gar als Sieger hervor. Der Wahlkampf von Sebastian Kurz war geprägt von der Annäherung an den rechten Rand mit einem ganz besonderen Fokus: Muslime und ihre Einrichtungen.
Ähnliche Phänomene beobachte man leider fast überall in Europa. „Offenbar ist Islamfeindlichkeit zu einer sicheren Bank geworden, ob in Ungarn, Frankreich, Holland, Österreich und anderswo. Der Wahlausgang in Österreich ist leider kein Einzelfall, sondern ein europäisches Problem und eine deutliche Warnung, auch in Richtung Deutschland.“ Auch in Deutschland lasse sich dieser Trend deutlich erkennen, nicht nur wegen dem Erstarken der AfD, sondern vor allem wegen dem Rechtsruck der sogenannten konservativen Volksparteien, so Altaş weiter.
„Wir müssen nun damit leben, dass sich sehr viele WählerInnen für eine klar und offen rassistische Politik entschieden haben. Bei den Bundespräsidentschaftswahlen letztes Jahr hat der FPÖ-Kandidat auch bereits 49% geholt“, erklärt die muslimische Aktivisten und Bloggerin Dudu Küçükgöl. Sie erwarte einen Anstieg von Rassismus und Diskriminierung, viel Überwachung und Panikmache in Bezug auf Moscheen und islamische Vereine sowie Bildungseinrichtungen. „Österreich wird in Bezug auf Integrationsbemühungen vermutlich 20 Jahre zurückgeworfen werden“, so Küçükgöl. Viele junge Menschen haben den Glauben an eine gute, gemeinsame Zukunft verloren. Sie tun sich schwer Österreich als Heimat zu akzeptieren, haben das Gefühl, dass man sie nicht wolle.
Für Politik- und Islamwissenschaftler Fared Hafez werde mit Kurz als Kanzler eine restriktive Islampolitik voranschreiten. Das zeigte er bereits als Juniorpartner in einer Koalition mit der SPÖ, die diese Politik ebenso absegnete. Insofern ist in jeder Koalitionsvariante mit SPÖ, FPÖ und ÖVP eine Fortschreibung dieser Politik zu erwarten, da Mitte-Rechts und Rechtsaußen gemeinsam auf mehr als 57 % kommen“, erklärt Hafez.
Trotz der manipulierten Kindergartenstudie war der Erfolg von Sebastian Kurz (ÖVP) absehbar. Auch für Murat Başer, Vorsitzender der Islamische Religionsgemeinde Linz für Oberösterreich. Er erwartet schwierige Zeiten für die Muslime in Österreich. „Eine mögliche FPÖ+ÖVP-Koalition könne eine Ausweitung des Burkaverbots in ein Kopftuchverbot bedeuten und zu einer stärkeren und unkontrollierten Durchführung des Islamgesetzes führen, in dem die Moscheen und islamischen Einrichtungen einer ständigen Überwachung unterzogen werden”, so Başer.