Gaza-Genozid

Israels NGOs werfen Regierung erstmals Völkermord in Gaza vor

Israelische Menschenrechtsorganisationen wie B’Tselem und Ärzte für Menschenrechte Israel bezeichnen das Vorgehen der Regierung in Gaza erstmals als Genozid – ein historischer Tabubruch.

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07
2025
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Stoppt den Genozid in Gaza
Stoppt den Genozid in Gaza © Shutterstock, bearbeitet by iQ.

In einem bisher beispiellosen Schritt haben die beiden israelischen Menschenrechtsorganisationen B’Tselem und Ärzte für Menschenrechte Israel Israel vorgeworfen, im Gazastreifen einen Genozid an der palästinensischen Bevölkerung zu begehen. In jeweils separat veröffentlichten Berichten kommen die NGOs zu dem Schluss, dass die derzeitige Militärstrategie weit über das Ziel der Bekämpfung der Hamas hinausgehe und systematisch auf die Zerstörung der palästinensischen Gesellschaft abziele.

„Als Israelis und Palästinenser, die hier leben und täglich Zeuge dieser Realität werden, haben wir die Pflicht, die Wahrheit so klar wie möglich auszusprechen“, erklärte Yuli Novak, Direktorin von B’Tselem, auf einer Pressekonferenz in Jerusalem. „Israel begeht einen Genozid an den Palästinensern.“ Novak sprach von einer „tief schmerzhaften Erkenntnis“, Teil einer Gesellschaft zu sein, die sich eines solchen Verbrechens schuldig mache.

Koordiniertes Vorgehen und gezielte Zerstörung in Gaza

B’Tselem wirft der israelischen Regierung in ihrem Bericht ein „koordiniertes Vorgehen“ vor, das darauf abzielt, die soziale und wirtschaftliche Existenz der palästinensischen Gemeinschaft im Gazastreifen vorsätzlich zu vernichten. Als Beleg führt die Organisation unter anderem Aussagen hochrangiger Politiker an, die die Eskalation des Konflikts bewusst vorangetrieben hätten.

Ärzte für Menschenrechte Israel betonen in ihrem Gutachten insbesondere die systematische Demontage des Gesundheitssystems im Gazastreifen. „Wir beobachten eine bewusste und geplante Zerstörung medizinischer Infrastruktur, die über das militärisch Notwendige hinausgeht und unzählige Todesfälle verursacht“, heißt es in dem Bericht.

Regierung weist Vorwürfe zurück

Die israelische Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanyahu wies die Anschuldigungen umgehend zurück. Regierungssprecher betonten, die Militäroperation ziele ausschließlich auf die Terrororganisation Hamas und die Befreiung der beim Anschlag vom 7. Oktober 2023 entführten Geiseln. Man agiere im Rahmen des Völkerrechts und lasse humanitäre Hilfe zu, wo möglich.

Parallel zu den NGO-Berichten haben sich die Präsidenten von fünf israelischen Universitäten in einem gemeinsamen Brief an Premier Netanyahu gewandt. Sie fordern entschiedene Maßnahmen gegen die „schwere Hungerkrise in Gaza“ und appellieren an die Armee, humanitäre Korridore zu erweitern und die medizinische Versorgung dramatisch ausgebaut werden müsse. „Wir sind schockiert über die täglichen Berichte von verhungernden Kleinkindern und schwer erkrankten Zivilisten“, heißt es in dem Schreiben.

Politische Brisanz des Gaza-Genozids

Die nun erhobenen Genozidvorwürfe könnten die innenpolitische Debatte in Israel weiter verschärfen und internationale Druckmechanismen neu entfachen. Beobachter rechnen damit, dass sowohl die NGO-Berichte als auch der Appell der Universitätsleiter die humanitäre und politische Brisanz des Gaza-Genozids erneut ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken werden.