









Weniger Fälle, aber keine Entwarnung: Der Report zu antimuslimischem Rassismus 2024 offenbart, wie stark muslimisches Leben in Österreich unter Wahlkampf-Rhetorik und repressiven Polizeieinsätzen leidet.
Der „Antimuslimischer Rassismus Report“ für das Jahr 2024 wurde veröffentlicht. Herausgegeben wird der Report von Dokumentations- und Beratungsstelle für Islamfeindlichkeit und Antimuslimischen Rassismus. Im Bericht werden Zahlen, Statistiken, Analysen und einige beispielhafte Fälle präsentiert. Das erste Mal erschien der Bericht für das Jahr 2015.
Im Jahr 2024 wurden demnach insgesamt 1.336 islamfeindliche bzw. antimuslimisch rassistische Fälle dokumentiert – weniger als zum Vorjahr mit 1522 Fällen. Verglichen zum letzten Jahr verzeichnet die Dokustelle somit einen Rückgang von ca. 12,22%, das sind 186 Fälle weniger als im Vorjahr.
Die antimuslimisch-rassistische Übergriffe umfassen sowohl den digitalen Raum (74,6%) als auch den offline Alltag (25,4%). Davon wurden 340 Fälle aktiv der Dokustelle Österreich gemeldet, 996 Fälle wurden im digitalen Raum dokumentiert. Auffallend sind die Höchstwerte im August und September – ein Anstieg, der klar mit den Nationalratswahlen im Herbst 2024 verknüpft ist. Wie schon in den vergangenen Jahren zeigt sich, dass Wahlkämpfe in Österreich spürbare Auswirkungen auf das tägliche Leben von Muslimen und Personen, die als muslimisch wahrgenommen werden, haben.
Besonders auffällig sei 2024 der Zusammenhang von Polizeigewalt und Demonstrationen in Solidarität mit Palästina gewesen. Zahlreiche Betroffene berichteten von unbegründeten Untersagungen oder Auflösungen von Versammlungen, selbst wenn diese rechtmäßig angemeldet waren. Zudem wurden Demonstrationsteilnehmer mit teils überhöhten und rechtswidrigen Strafen belegt.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Offline sind die häufigsten Fälle Beleidigungen (19,9 %) und ungleiche Behandlung (19,4 %). Besonders oft berichteten muslimische Frauen von diskriminierenden Erlebnissen im Gesundheitswesen – etwa, dass sie aufgrund ihres Aussehens beurteilt, herabgewürdigt oder nicht ernst genommen wurden. Auch muslimische Mediziner schilderten Erfahrungen struktureller Benachteiligung und fehlender Anerkennung ihrer fachlichen Qualifikationen, heisst es in dem Bericht. Wie in den Jahren zuvor nimmt auch 2024 die Kategorie „Verbreitung von Hass“ (13,3 %) einen zentralen Platz in der Erfassung ein. Gefolgt von Polizeigewalt (9,3 %) sowie gefährlichen Drohungen (8,8 %). Der Großteil der dokumentierten Vorfälle ereignete sich im öffentlichen Raum (31,8 %) – etwa auf Straßen oder in Parks, auch islamfeindliche Schmierereien und Vandalismus wurden hier verzeichnet. Besonders Frauen berichteten von Beleidigungen, Anspucken oder Bedrohungen. 76,8 % der Betroffenen laut Bericht – insbesondere Kopftuch tragende – Frauen. Weitere häufige Tatorte sind Arbeitsplätze (11,8 %) und Bildungseinrichtungen (10 %).
Unter den dokumentierten Formen von Sachbeschädigung fallen vor allem Fälle von Vandalismus (7,7 %) und rassistischen Beschmierungen (7,7 %). Besonders auffällig sei der Anstieg gezielter Hassbotschaften gegenüber muslimischen Organisationen. Auch die Dokustelle Österreich sei letztes Jahr vermehrt Ziel solcher Angriffe – insbesondere über E-Mail und soziale Netzwerke. Diese Entwicklung verdeutliche: Je öffentlicher und sichtbarer die Auseinandersetzung mit antimuslimischem Rassismus wird, desto stärker nimmt auch die aggressive Gegenreaktion zu.
Die Dokustelle ist eine Dokumentations- und Beratungsstelle, die spezialisiert ist auf die Themengebiete “Islamfeindlichkeit” und “antimuslimischer Rassismus”. Sie wurde im Dezember 2014 errichtet, um den antimuslimischen Rassismus zu dokumentieren und Betroffene zu beraten und ist somit die einzige etablierte Fachstelle ausschließlich für Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus in Österreich. Die Dokustelle ist ein Projekt der Initiative muslimischer Österreicherinnen und Österreicher (ein Fachverein der IGGÖ).