









Die Zahl gemeldeter Diskriminierungsfälle in der Schweiz ist 2024 um 40 Prozent gestiegen. Besonders betroffen: Schulen, Schwarze Menschen und Muslime.
In der Schweiz ist die Zahl gemeldeter rassistischer Diskriminierungsfälle im vergangenen Jahr drastisch gestiegen: Um 40 Prozent mehr Betroffene wandten sich an das Beratungsnetz für Rassismusopfer. Das zeigen aktuelle Zahlen, die einen alarmierenden Blick auf das gesellschaftliche Klima werfen.
Insgesamt 1211 Fälle wurden 2024 an die 24 kantonalen Anlaufstellen gemeldet – ein Rekord. Die häufigsten Diskriminierungsformen: Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit (35 Prozent) sowie Rassismus gegen Schwarze. Besonders erschütternd: Ein erheblicher Teil der Vorfälle ereignete sich an Schulen, darunter rassistisch motiviertes Mobbing, NS-verherrlichende Schmierereien und Gewalt. Derartige Entwicklungen seien „ein Alarmzeichen“, sagt Alma Wiecken, Geschäftsleiterin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR).
Der drastische Anstieg sei jedoch nicht ausschließlich Ausdruck zunehmender Feindlichkeit. Wiecken betont, dass auch das erweiterte Beratungsangebot und die gestiegene Sensibilität eine Rolle spielen. Dennoch spiegle sich in den Zahlen eine gesellschaftliche Entwicklung wider, in der rassistische und antisemitische Äußerungen enthemmter geäußert werden – befeuert durch Krisen, Polarisierung und politische Rhetorik.
Die Stimmung sei aufgeheizt, so Wiecken weiter. Im Zuge globaler Konflikte – etwa dem Nahostkrieg – habe sich insbesondere der antimuslimische Rassismus verstärkt. 209 dokumentierte Fälle im Jahr 2024 machen ihn zur drittgrößten Kategorie, nach Fremdenfeindlichkeit und antischwarzem Rassismus. Auch antisemitische Vorfälle blieben mit 66 Fällen auf hohem Niveau – der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) spricht sogar von über 500 Meldungen an seine eigene Stelle.
Ein besonders erschütternder Fall aus dem Bericht des Beratungsnetzes verdeutlicht die Dimension der Problematik: In einer Schweizer Stadt wird ein afroamerikanischer Mann von der Polizei aus einem Restaurant abgeführt – stundenlange Festnahme, Leibesvisitation inklusive. Der Grund: Er soll einem mutmaßlichen Dieb ähneln. Als die Polizei dem Mann das Fahndungsfoto zeigt, wird klar – der Gesuchte ist ein weißer Mann.
Kritik kommt auch von Aktivist Kanyana Mutombo, der betont, dass im Bildungsbereich zu wenig gegen Rassismus unternommen werde. Schulen seien ein zentraler Ort der Prävention, doch es fehle der politische Wille. Mutombo, der in westschweizer Schulen aktiv ist, mahnt: „Man streichelt den Stier, statt ihn bei den Hörnern zu packen.“