Mannheim

Polizist stirbt nach Messerangriff auf Mannheimer Marktplatz

Er griff ein, um zu helfen – und bezahlte mit seinem Leben. Der Polizist, der beim Messerangriff in Mannheim attackiert wurde, ist tot. Politiker und muslimische Vertreter sind in tiefer Trauer. Die Ermittlungen gehen weiter.

03
06
2024
Symbolbild: Kerzen für Trauer
Symbolbild: Kerzen für Trauer © shutterstock, bearbeitet by iQ

Der Polizist, der bei dem Messerangriff auf dem Mannheimer Marktplatz attackiert worden war, ist an seinen Verletzungen gestorben. Das teilten die Staatsanwaltschaft Karlsruhe, das Polizeipräsidium Mannheim und das Landeskriminalamt am Sonntagabend mit. Der Angreifer habe dem 29 Jahre alten Beamten mehrmals in den Kopfbereich gestochen. „Er wurde unmittelbar nach der Tat notoperiert und in ein künstliches Koma versetzt, erlag aber in den späten Nachmittagsstunden des 2. Juni seinen schweren Verletzungen“, teilten die Behörden mit.

„Wir trauern um einen Polizeibeamten, der für unsere Sicherheit sein Leben gegeben hat.“ Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) ordnete ab Montag Trauerbeflaggung am Rathaus an.

Das Motiv des 25-jährigen Täters ist indes noch immer unklar. Bisher war der Mann, der in Afghanistan geboren wurde, aber 2014 als Jugendlicher nach Deutschland kam, nicht vernehmungsfähig – er war in den Minuten nach der Attacke ebenfalls verletzt worden. Bisher war er polizeilich nicht in Erscheinung getreten, er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt im hessischen Heppenheim. Bei dem Angriff hatte der Mann am Freitagvormittag auf dem Marktplatz in der Innenstadt bei der Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa (BPE) sechs Männer verletzt, darunter den Polizisten. Zu den Verletzten zählt auch das BPE-Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger. 

„So darf es nicht weitergehen!“

„Die Nachricht erschüttert mich bis ins Mark“, teilte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Abend mit. Die Gedanken seien bei der Familie, den Angehörigen und den Kolleginnen und Kollegen, so der Grünen-Politiker. „Uns allen führt diese fürchterliche Tat schmerzhaft vor Augen, welchem oft unkalkulierbaren Risiko Polizeibeamte tagtäglich ausgesetzt sind.“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich bestürzt über den Tod des Polizisten geäußert. „Ich bin tief erschüttert über den Tod des Polizisten, der in Mannheim mutig eingriff, um Menschenleben zu schützen“, hieß es am Abend in einer Erklärung des Staatsoberhauptes. Er kondolierte den Angehörigen des 29-Jährigen und dankte zugleich allen Polizisten im Einsatz. Steinmeier zeigte sich zugleich besorgt über eine „Verrohung der politischen Auseinandersetzung und der wachsenden Gewaltbereitschaft in unserem Land.“ So dürfe es nicht weitergehen. „Gewalt gefährdet, was unsere Demokratie stark gemacht hat“, mahnte der Bundespräsident.

Muslime in tiefer Trauer

„Wir sind bestürzt und in tiefer Trauer“, erklärt Ali Mete, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) in einer Pressemitteilung. Zugleich empfinde man Wut gegenüber dem Täter. Diese Untat stehe in krassem Widerspruch zu dem Glauben und der Überzeugungen der Muslime. Sie sei durch nichts, absolut nichts zu rechtfertigen und gehöre gesellschaftlich geächtet. Auch der Rechtsstaat werde mit aller Härte durchgreifen. „Möge Gott seiner Familie, seinen Freunden Kraft und Geduld geben, diesen Verlust zu verkraften. Die Islamische Gemeinschaft trauert mit ihnen. Ihr Schmerz ist auch unser Schmerz“, so Mete abschließend.

„Mit tiefer Trauer haben wir erfahren, dass der in Mannheim verletzte Polizist gestorben ist. Unsere Gedanken und unser Mitgefühl gelten seinen Angehörigen und seinen Kolleginnen und Kollegen der Polizei Mannheim in dieser schweren Zeit“, so der Islamrat auf der Plattform X.

Auch Aiman A. Mazyek, der Vorsitzender der Zentralrat der Muslime in Deutschland bekundet seine Trauer auf X. „Der Tod des Polizisten aus Mannheim macht mich sehr traurig und fassungslos. Wer Polizisten tödlich angreift, greift uns alle an und wir stellen uns dem geschlossen entgegen. Meine Gedanken und Gebete sind jetzt bei seiner Familie. Der Täter muss hart bestraft werden“, erklärt Mazyek. 

Kundgebung in Mannheim geplant

Ab sofort und bis zum Tag der Beisetzung des Polizisten soll an allen Streifenwagen der Polizei Baden-Württemberg Trauerflor angebracht werden. Auf Polizeibooten der Wasserschutzpolizei sei die Flagge auf Halbstock zu setzen, die Beflaggung an Dienstgebäuden der Polizei und des Innenministeriums seien auf halbmast gesetzt. Auch die Dienstfahrzeuge der Bundespolizei bundesweit fahren als Zeichen der Anteilnahme mit Trauerflor.

Nach dem Tod eines jungen Polizisten nach einer Messerattacke in Mannheim hat Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) eine Schweigeminute und Trauerflor angeordnet. Am kommenden Freitag – eine Woche nach der Tat – soll um 11.34 Uhr des 29-Jährigen gedacht werden, teilte das Innenministerium am Montag mit. Auch eine Trauerfeier ist geplant. Wann diese stattfinden soll, stehe bisher nicht fest, sagte ein Polizeisprecher. Man wolle zunächst der Familie Raum zum Trauern geben. „Wir brauchen noch etwas Zeit.“ Für den Abend ist in Mannheim eine Kundgebung geplant, an der auch Strobl teilnehmen will. (dpa, iQ)

 

Leserkommentare

Dilaver_Ç. sagt:
Schrecklich! Da geht ein Irrer auf einen anderen Irren los, verletzt dabei auch einen Polizisten, der nur seinen Job tut und nun seinen Verletzungen erlegen ist. Jetzt haben die antimuslimischen Rassisten – ob Nazis, Zionisten, LGBTQ-Inquisitoren oder faschistische Säkularisten – gegen die Muslime was in der Hand, um ihren Rassismus zu entschuldigen. Frei nach dem Motto: Seht ihr? Wir haben es schon immer gesagt. Selbsterfüllende Prophezeiung lässt grüßen.
03.06.24
19:33
grege sagt:
Ein hervorragender Artikel der NZZ, dem man nichts hinzuzufügen braucht. Man sich eingestehen, dass Islamkritiker in diesem Land gefährdet sind und der politische durch Migranten importierte politische Islam eine Gefahr für unsere Gesellschaft darstellt: Ein Afghane ersticht einen Polizisten und verletzt einen Islamkritiker schwer. Deutschland muss sich endlich eingestehen, dass der politische Islam die gegenwärtig grösste Bedrohung für Freiheit und Sicherheit ist. Alexander Kissler, Berlin 183 Kommentare 03.06.2024, 18.06 Uhr 3 min Hören Neue Vorlese-Stimmen Eine verbesserte Vorlesefunktion steht zur Verfügung. Probieren Sie es aus! Merken Drucken Teilen Auf dem Mannheimer Marktplatz wurde am vergangenen Freitag ein Polizist tödlich attackiert. Auf dem Mannheimer Marktplatz wurde am vergangenen Freitag ein Polizist tödlich attackiert. Thomas Frey / DPA Alexander Kissler ist Redaktor der NZZ Deutschland in Berlin. Alexander Kissler ist Redaktor der NZZ Deutschland in Berlin. Angelina Vernetti Sie lesen einen Auszug aus dem werktäglichen Newsletter «Der andere Blick», heute von Alexander Kissler, Redaktor NZZ Deutschland. Abonnieren Sie den Newsletter kostenlos. Nicht in Deutschland wohnhaft? Hier profitieren. Wer Probleme lösen will, muss sie benennen – präzise und trennscharf. An der Bereitschaft zur ungeschönten Diagnose mangelt es in Deutschland, und darum türmen sich die Probleme. Besonders das islamistische Gewaltpotenzial wird von Politikern und Medien zu oft eingebettet in eine allgemeine Klage über Demokratiefeinde, Extremisten oder patriarchale Männer. Der Mord in Mannheim, wo ein Afghane einen Polizisten tödlich und einen islamkritischen Aktivisten schwer verletzt hat, ist ein weiterer Weckruf. Sollte er unerhört bleiben, stehen der Bundesrepublik gefährliche Zeiten bevor. Die Niederlande hatten Theo van Gogh, in Frankreich gab es Samuel Paty, Deutschland trauert nun um Rouven L. Genau zwanzig Jahre nach der Ermordung des islamkritischen Filmemachers van Gogh konstituierte sich im Nachbarland ein rechtes Regierungsbündnis, das durch eine strikte Migrationspolitik punkten will. Der Lehrer Paty zahlte 2020 mit seinem Leben für den Mut, im Unterricht Mohammed-Karikaturen zu zeigen. Präsident Emmanuel Macron erklärte danach den Umgang mit dem politischen Islam zur Priorität. Deutschland ist von solchen Lernfortschritten weit entfernt. Eine Innenministerin ist nicht bloss für Warnungen zuständig Bundesinnenministerin Nancy Faeser schrieb nach der Mannheimer Attacke: «Wenn die Ermittlungen ein islamistisches Motiv ergeben, dann wäre das eine erneute Bestätigung der grossen Gefahr durch islamistische Gewalttaten, vor der wir gewarnt haben.» Mit einer solchen Aussage verkennt die SPD-Politikerin, was ihre Aufgabe ist. Nicht das Warnen vor, sondern das Verhindern von Attentaten ist Kernbereich innerer Sicherheit. Dafür ist Faeser zuständig. Sie hat einen Eid geschworen, Schaden von Deutschland abzuwenden. Eine Warnung nutzt niemandem, der sich im öffentlichen Raum einer Messerattacke ausgesetzt sieht. Solche Situationen sollten nach Möglichkeit gar nicht entstehen. Deshalb wäre unabdingbar, wozu die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP bisher nicht bereit ist: ein echter Kurswechsel in der Migrationspolitik, hin zu mehr Ausschaffungen, weniger illegalen Einreisen, geringeren Pull-Faktoren, härteren Strafen. Die Bundesvorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, erklärte in der ARD, die «demokratische Mitte» müsse «alle Feinde der Demokratie, alle Feinde der Freiheit gleichermassen bekämpfen». Unter dem Titel «Feinde der Demokratie» fasste sie den Mord an Rouven L. und das Absingen rassistischer Parolen durch angetrunkene junge Menschen auf Sylt zusammen. Dabei erfordern die fundamentalen Unterschiede dieser Fälle ein unterschiedliches Vorgehen. Um islamistische Attentate zu verhindern, muss man sich mit dem politischen Islam beschäftigen und nicht mit umgetexteten Partyliedern. Das war keine «politische Auseinandersetzung» Auch der Bundespräsident verfehlte den richtigen Ton. Auf seine Beileidsadresse an die Hinterbliebenen von Rouven L. liess Frank-Walter Steinmeier den Hinweis folgen, ihn erfülle eine «grosse Sorge angesichts der Verrohung der politischen Auseinandersetzung und der wachsenden Gewaltbereitschaft in unserem Land». Auf dem Mannheimer Marktplatz waren aber der Polizist, der Islamkritiker und der Attentäter keineswegs in eine «politische Auseinandersetzung» verwickelt. Ein Mensch sollte sterben, weil er den Islam kritisierte, ein anderer starb, um weiteres Blutvergiessen zu verhindern. Wer es nicht schafft, nach einem erkennbar islamistisch motivierten Attentat das Wort Islamismus in den Mund zu nehmen, der hätte besser geschwiegen. Der Mord von Mannheim wird Folgen haben. Die Debattenräume werden sich weiter verengen. Wer den Islam kritisiert, wird künftig noch stärker als bisher seine Worte wägen und im Zweifel lieber nichts sagen – so wie jetzt schon viele Kabarettisten oder der Buchautor Constantin Schreiber. Wem die Demokratie wirklich am Herzen liegt, der muss sich eingestehen: Der politische Islam ist gegenwärtig die grösste Bedrohung von Rechtsstaat, Freiheit und Sicherheit.
03.06.24
21:06
grege sagt:
Selbsterfüllte Prophezeiung? Heißt, Befürworter der Gleichberechtigung für Angehörige der LBQT Minderheit sind für das Attentat in Mannheim verantwortlich? Erdowahns Paladine können selbst aus gegebenem Anlass nicht ihren Hass gegen andere Minderheiten zurückhalten und betätigen sich als geistige Branstifter, wie am 4. Oktober 2021 in Dresden.
07.06.24
22:30