RAMADAN IN DER SCHULE

Das Fasten ist kein Hindernis im Schulalltag

In wenigen Tagen beginnt der Ramadan – und damit auch die Diskussionen darüber, ob Kinder und Jugendliche während der Schulzeit fasten sollten. Viele Experten blicken gelassen auf den Ramadan im Schulalltag.

06
03
2024
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Symbobild Schule, AfD © shutterstock, bearbeitet iQ
Symbobild Schule, Afd © shutterstock, bearbeitet iQ

An Deutschlands Schulen gibt es keine einheitlichen Regeln für den Umgang mit muslimischen Schülerinnen und Schülern, die während des Ramadan fasten. Ein Sprecher der Kultusministerkonferenz in Berlin verwies am Mittwoch auf Anfrage auf unterschiedliche Vorgaben, Hinweise und Handlungsempfehlungen der Länder. Am ehesten bringt es ein Hinweis aus dem Bildungsministerium von Mecklenburg-Vorpommern auf den Punkt: „Im Umgang mit dem Fasten von Schülerinnen und Schülern sind in jeder Schule individuelle Lösungen erforderlich, die zwischen den betreffenden Schülerinnen und Schülern und deren Eltern oder Sorgeberechtigten besprochen werden müssen und deren Einhaltung verbindlich ist, damit der schulische Erfolg und das gesundheitliche Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler nicht gefährdet sind.“

So erörtert das Bildungsministerium in Brandenburg entsprechende Aspekte in einem 14-seitigen Leitfaden. Das Bayerische Staatsministerium für Bildung legt in einer Bekanntmachung fest, dass muslimische Schülerinnen und Schüler zum Fest des Fastenbrechens an den ersten beiden Tagen vom Unterricht befreit sind. Ähnliche Regelungen gibt es auch in anderen Bundesländern. In einem Hinweisblatt des Bildungsministeriums Mecklenburg-Vorpommern heißt es: „Im Umgang mit dem Fasten von Schülerinnen und Schülern sind in jeder Schule individuelle Lösungen erforderlich, die zwischen den betreffenden Schülerinnen und Schülern und deren Eltern oder Sorgeberechtigten besprochen werden müssen.“

„Das Fasten wir in der Gesellschaft sichtbarer“

Das Fastengebot gilt ab der Religionsmündigkeit, was dem Alter von etwa 14 Jahren entspricht. „Allerdings fasten vermehrt auch jüngere Schülerinnen und Schüler“, sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Stefan Düll. Falle der Ramadan in den Sommer, könnten fastende Jugendliche vermehrt Konzentrationsschwierigkeiten haben, „schon allein, weil das Fastenbrechen am Abend sehr spät und das Frühstück am nächsten Morgen sehr früh stattfindet und so weniger Schlaf möglich ist“.

Diesen Eindruck kann Bernd Ridwan Bauknecht nicht bestätigen. Er unterrichtet Islamische Religion an der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule im Bonner Stadtbezirk Bad Godesberg. Er sei seit 20 Jahren im Schuldienst und habe keine Veränderungen beobachtet. „Es wird vielleicht nur in der Gesellschaft sichtbarer, was man ja auch als einen Schritt der Integration verstehen kann.“ Das Fasten nennt Bauknecht „eine zutiefst individuelle Entscheidung“. Deswegen achten er und seine Kollegen darauf, dass die Jugendlichen sich nicht gegenseitig unter Druck setzen, wie er betont.

Klassenarbeiten wegen des Fastenmonats verschieben? Das hält Bauknecht für überzogen. Leben und Alltag gingen für Muslime auch im Ramadan weiter. „Die Herausforderung ist gerade, diesen Alltag im Bewusstseins des Fastens durchzuführen.“ Wünschenswert wäre lediglich, dass wichtige Prüfungen nicht zum abschließenden Fest des Fastenbrechens stattfinden. Immer wieder für Gesprächsstoff sorgten Klassenfahrten, räumt Bauknecht ein. „Doch bisher kenne ich es so, dass es vor allem die Jugendlichen ab der siebten Klasse beschäftigt, weil manche das erste Mal den Ramadan gerne durchfasten wollen.“ Die Mädchen und Jungen wüssten sehr wohl, dass sie auf einer Reise nicht fasten müssen. „Aber sie wollen eben mal durchfasten. So eine Art Challenge.“ Die älteren Schülerinnen und Schüler verhalten sich Bauknechts Beobachtungen zufolge „in der Regel geräuschlos“.

Schulen nehmen Rücksicht auf religiösen Bedürfnisse

Allgemein wird der Ramadan nach Einschätzung der großen Bildungsverbände in den Schulen ohne große Konflikte über die Bühne gehen – trotz des Nahostkrieges, der auch in den Klassenzimmern für Debatten sorgt. „Uns liegen keine Informationen vor, dass diesmal der Ramadan anders verlaufen wird als in den vergangenen Jahren“, sagt Doreen Siebernik, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft für Jugendhilfe und Sozialarbeit.

Bleibt ein grundsätzliches Problem, das der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung VBE, Gerhard Brand, benennt. „Bei Heranwachsenden kann es eine Herausforderung sein, wenn sie tagsüber nichts essen und insbesondere nichts trinken.“ Da der Ramadan dieses Jahr bei frühlingshaften Temperaturen und nicht im Hochsommer stattfinde, seien gesundheitliche Probleme wie Kreislaufschwäche allerdings eher selten zu erwarten.

Gelassen gibt sich auch Lehrerverbandspräsident Düll: „In diesem Jahr überschneidet sich der Ramadan teilweise mit den Osterferien, so dass der Zeitraum, in dem Fasten in der Schule eine Rolle spielt, deutlich kürzer ist.“ Organisatorisch nähmen viele Schulen Rücksicht auf die religiösen Bedürfnisse von muslimischen Schülerinnen und Schülern. Allerdings könne man nicht einen ganzen Monat lang zum Beispiel auf Klassenarbeiten oder Klausuren verzichten, gab Düll zu bedenken.

Dessen ungeachtet blicken die großen Bildungsverbände gelassen auf den Ramadan-Auftakt an Deutschlands Schulen. Der muslimische Fastenmonat biete „eine gute Gelegenheit, über Religion ins Gespräch zu kommen“, so der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung VBE, Gerhard Brand.

Fasten hat positiven Effekt auf Schulleistung

Längere tägliche Fastenzeiten im Ramadan wirken sich laut einer Studie der Universität Köln im Schnitt positiv auf die Schulleistung muslimischer Jugendlicher aus – zumindest in Ländern mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit. „Schülerinnen und Schüler, die einen intensiven Ramadan erlebt haben, erzielten im folgenden Jahr durchschnittlich bessere Schulleistungen“, erklärte der Kölner Professor für Wirtschaftsgeschichte, Erik Hornung,

Auch hat der Islamrat eine Handreichung  zum Thema „Fasten in der Schule“ publiziert. Die Publikation ist gerichtet an muslimische Schülerinnen und Schüler, Beteiligte im Schulkontext, sowie an Interessierte. Neben Informationen wie der Bedeutung des Fastens für Muslime als ein Gottesdienst werden im Schulalltag regelmäßig aufkommende Fragen, wie z.B. das Fasten im Schulunterricht, beantwortet. „Das Fasten ist nach theologischen Grundsätzen keine Fron, sondern im Gegenteil eine Entlastung. Im Einzelfall liegt die Entscheidung im Ermessen des Betroffenen selbst. Die Grundlagen – der Koran und die Sunna – weisen dazu den Weg“, heißt es in der Handreichung. (KNA, iQ)