Ehe

Islamische Eheschließungen in Europa – eine Übersicht

Welche Voraussetzungen müssen muslimische Paare erfüllen, um die islamische Ehe vollziehen zu dürfen. Dürfen Imame eine standesamtliche Ehe durchführen? Wie wird die islamische Ehe in den europäischen Ländern organisiert? Ein Überblick.

03
09
2022
Symbolbild: Islamische Ehe © shutterstock, bearbeitet by iQ.
Symbolbild: Islamische Ehe © shutterstock, bearbeitet by iQ.

Die islamische Ehe hat sich bereits fest in das Leben der Muslime in Europa etabliert. Diese wird meist nach der standesamtlichen Eheschließung durchgeführt. Das ist üblich. Jedoch gibt es in der muslimischen Gemeinschaft den Konsens darüber, dass die religiöse, ohne die standesamtliche Trauung, als ungültig anzuerkennen ist. Denn für viele Gelehrtenräte sei es falsch, die religiöse Trauung vor der standesamtlichen Trauung zu vollziehen.

Doch wie sieht die religiöse Trauung in den europäischen Ländern konkret aus? Und wie ist das Verhältnis zwischen den religiösen und der standesamtlichen Ehe? Um das herauszufinden, haben wir mit verschiedenen Sprechern der islamischen Religionsgemeinschaften in Europa gesprochen.

Deutschland: „Ein Eheschluss bringt eine große Verantwortung mit sich!“

Obwohl die islamische Eheschließung in Deutschland nicht rechtsgültig ist, gibt es verschiedene Gerichtsentscheidungen zu diesem Thema. So können etwa bei standesamtlichen Gerichtsprozessen, wie bei der Scheidung oder dem Sorgerecht, religiöse Heiratsurkunden vorgelegt werden, die bei der gerichtlichen Urteilsfindung berücksichtigt werden können.

Ferner schließen Religionsgemeinschaften islamische Ehen nur dann, wenn es zuvor eine standesamtliche Trauung gegeben hat. Diese müssen mit entsprechenden Dokumenten belegt werden. Anschließend bekommt das Paar eine Urkunde von ihrer Gemeinde ausgestellt. Diese werden ebenfalls von der jeweiligen Gemeinde archiviert.

„Um die Eheschließung ohne Zustimmung der Eltern oder um eine mehrfache Eheschließung von Personen vorzubeugen, gehört die Bedingung einer standesamtlichen Heiratsurkunde zu unserem festen Grundsatz“, sagt Burhan Kesici, Vorsitzender des Islamrats für die BRD. Argumentationen wie: lieber vor Allah verheiratet, statt „Unzucht“, werde strikt widersprochen. „Ein Eheschluss bringt eine große Verantwortung mit sich. Das sollten sich junge Paare bewusst sein“, so Kesici weiter.

Weiter erklärt Kesici, dass Muslime in Deutschland die islamische Eheschließung ernst nehmen würden, und sie als einen essenziellen Teil ihrer Identität wahrnehmen.

Österreich: Paare müssen erst standesamtlich heiraten

In Österreich haben Eheschließungen jeglicher Religionen vor dem Gesetz keine rechtliche Grundlage. Weder die kirchliche, noch etwa die islamische Trauung. Dennoch dürfen die Kultusgemeinden der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) religiöse Trauungen vollziehen. IGGÖ-Sprecher Abdi Taşdöğen erklärt, dass ohne eine standesamtliche Urkunde, keine islamische Eheschließung vollzogen wird. „Es ist in Österreich nicht möglich, mehr als eine Person offiziell zu heiraten. Um dieser gesetzlichen Regelung nicht zu widersprechen und aufgrund bisheriger Erfahrungen verlangen wir, dass Personen, die eine religiöse Eheschließung wünschen, zuvor standesamtlich geheiratet haben“, so Taşdöğen. 

Zudem müssen Braut und Bräutigam ihre Pässe, Aufenthaltstitel, Geburtsurkunden, die standesamtliche Heiratsurkunde und – falls vorhanden – vorherige Scheidungspapiere vorlegen. In vielen Gemeinden können diese Papiere auch zuvor online hochgeladen werden.

Auch wenn die islamische Ehe keine rechtliche Grundlage hat, wird dem Paar eine Urkunde ausgestellt. Dort sind die Erklärung zur Eheschließung, das Datum und die Zeugen verzeichnet.

Imame dürfen standesamtliche Ehen durchführen

Ähnlich verläuft die islamische Eheschließung in den Niederlanden und in Belgien. Auch hier wird die religiöse Trauung erst nach Beglaubigung einer standesamtlichen Heirat stattgegeben. In Frankreich ist die religiöse Eheschließung ohne eine standesamtliche strafbar. Imame, die die religiöse Eheschließung dennoch durchführen, müssen mit einer einjährigen Gefängnisstrafe und ein Bußgeld in Höhe von 7.500 € rechnen. 

Im Gegensatz zu den anderen europäischen Ländern sind Imame in Dänemark befugt standesamtliche Trauungen vorzunehmen. Die Anmeldung erfolgt jedoch beim Standesamt, die das ganze Vorhaben zunächst beglaubigen muss. Anschließend dürfen sich Muslime von einem Imam religiös und standesamtlich trauen lassen. Muslime in Dänemark profitieren bereits seit 1995 von diesem Recht. Imam Fatih Aksay weist darauf hin, dass auch Paare außerhalb Dänemarks, wie in Europa, sich hier trauen lassen dürfen.

 

Leserkommentare

Don Bosco sagt:
Die islamische Ehe mit ausgestellter Urkunde kat keine rechtliche Grundlage. So wird hier audrücklich angemerkt. Die staatlichen Gesetze geben klar die Richtung vor und sind verbindlich. Somit kann man die islamische Ehe als eine rein private Entscheidung und Angelegenheit ansehen. Keinesfalls hat sie einen staatstragenden Charakter oder relevanten Einfluß auf Gesellschaft und Gemeinwesen.
04.09.22
11:38