Sinti und Roma sind in Deutschland Vorurteilen und Anfeindungen ausgesetzt. Der erste Beauftragte der Bundesregierung für Antiziganismus soll dem nun entgegenwirken.
Die Bundesregierung hat den Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler als ersten Antiziganismus-Beauftragten berufen. Der Beauftragte ist im Familienministerium angesiedelt und soll die Maßnahmen der Regierung gegen Antiziganismus koordinieren, wie das Ministerium nach einem entsprechenden Kabinettsbeschluss am Mittwoch in Berlin mitteilte.
Daimagüler wurde als Vertreter der Nebenklage im Münchner NSU-Prozess bekannt. Er vertrat unter anderem auch jüdische Überlebende und Überlebende des Völkermords an den Sinti und Roma in Verfahren gegen ehemalige Angehörige der KZ-Wachmannschaften.
„Sinti*ze und Rom*nja kämpfen in Deutschland mit Jahrhunderte alten, tiefsitzenden Vorurteilen in weiten Teilen der Mehrheitsgesellschaft und zunehmender Anfeindung und sehen sich einer wachsenden Radikalisierung in der rechtsextremen Szene ausgesetzt“, äußert sich Bundesfamilienministerin Anne Spiegel. Mit der Berufung eines Antiziganismus-Beauftragten setze die Bundesregierung ein klares Signal, dass man der Diskriminierung, Ausgrenzung und Anfeindungen nicht tatenlos zusehen werde. „Für das Amt konnten wir mit Mehmet Daimagüler einen engagierten Anwalt für die Betroffenen von Menschenfeindlichkeit, Hass und Gewalt gewinnen“, so die Bundesfamilienministerin weiter.
Der Antiziganismus-Beauftragte der Bundesregierung soll mit den beteiligten Bundesministerien Maßnahmen gegen Antiziganismus koordinieren und die Nationale Strategie „Antiziganismus bekämpfen, Teilhabe sichern!“ weiterentwickeln und umsetzen. Dazu gehören auch die Einrichtung einer Nationalen Koordinierungsstelle zur Umsetzung der EU-Roma-Strategie 2030 sowie der Aufbau einer zivilgesellschaftlichen Monitoring- und Informationsstelle zur Erhebung antiziganistischer Übergriffe.
„Die Bekämpfung des Antiziganismus muss ressortübergreifend und auf allen Ebenen angegangen werden, im Bund wie in den Ländern“, sagt der erste Antiziganismus-Beauftragter Mehmet Daimagüler. Da viele Maßnahmen in der Zuständigkeit der Länder liegen, werde sich Daimagüler für die Einrichtung einer ständigen Bund-Länder-Kommission einsetzen. „Besonders am Herzen liegt mir die Einrichtung einer Kommission zur Aufarbeitung des Unrechts nach 1945. Die Ermordung Hunderttausender Sinti und Roma im Nationalsozialismus blieb weitgehend ungesühnt“, so Daimagüler.
Der 1968 in Siegen gebürtiger Mehmet Daimagüler steht regelmäßig Opfern von politisch motivierten Hassverbrechen vor Gericht zur Seite. Als Lehrbeauftragter der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin unterrichtete er Polizeibeamte und -beamtinnen in Grund- und Menschenrechten und sprach regelmäßig an Polizeihochschulen und auf Tagungen der Polizei über Themen wie Racial Profiling.