Österreich

Gedenkmarsch der Religionen nach Terrorakt

Gemeinsam mit Vertretern der Religionen hat die IGGÖ an einem Gedenkmarsch teilgenommen, um an die Opfer des terroristischen Anschlags zu gedenken.

06
11
2020
Gedenkmarsch IGGÖ
IGGÖ gedenkt an Opfer des Terrors © Facebook, bearbeitet by iQ

Mit einem Gedenkmarsch durch die Wiener Innenstadt zu den Orten des Terroranschlags vom Montag haben Spitzenvertreter der Religionen am Donnerstag ihre Verbundenheit und ihren Zusammenhalt zum Ausdruck gebracht. An dem stillen Gedenken für die Opfer der terroristischen Anschläge nahmen neben dem Initiator, Wiens Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister, Kardinal Christoph Schönborn, der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) Ümit Vural, der orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis) und der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka teil.

Zum Auftakt am Desider-Friedmann-Platz versammelte sich die Spitze der IGGÖ unter der Leitung von Präsident Vural. Gemeinsam mit ihren Imamen und islamischen Religionslehrern kamen sie zusammen, um mit einem Gebet den Opfern des Terroranschlags zu gedenken und Blumen niederzulegen. Vural verurteilte in seiner Rede erneut den terroristischen Anschlag und bekundete den Angehörigen seine Anteilnahme aus. Zudem unterstrich er den spürbaren Zusammenhalt und Solidarität innerhalb der Gesellschaft. „Ich wünsche mir, dass dieser Geist des Zusammenhalts auch in die Zukunft wirken möge“, so Vural. Besonderen Dank richtete er auch an die Bundesregierung, die mit verbindenden Worten die richtigen Reaktionen auf den Anschlag gefunden habe.

Mit Gedenkmarsch gegen Missbrauch von religiösen Werten angehen

Mit Blick auf den Schulterschluss der Religionen sagte Schönborn am Rande der Veranstaltung: „Das ist Österreich. Wer Österreich liebt, der spaltet es nicht.“ Es gelte, sich gegen alle Tendenzen zur Wehr zu setzen, die versuchten, in die Bevölkerung einen Keil zu treiben. Die Menschen im Land seien dankbar für Wohlstand, Gerechtigkeit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. All dies dürfe nicht gefährdet werden, so der Wiener Erzbischof: „Wenn Einzelne ein Verbrechen begehen, dann muss man das auch als Verbrechen dieser Einzelnen sehen. Dann darf man nicht ganze Gruppen oder die Gesellschaft dafür verantwortlich machen. Es gibt keine Sippenhaft.“

Gemeinderabbiner Hofmeister betonte: „Wenn Hass, Hetze und Gewalt im Namen von Religion ausgeübt werden, müssen wir die Ersten sein, die dagegen aufstehen und das verurteilen und klarstellen, dass es so etwas nicht gibt.“ Und weiter: „Es gibt keinen Hass und keine Gewalt im Namen Gottes.“ Man verwahre sich gegen jeden Missbrauch von Religion und religiösen Werten, die letztlich die Grundlage der westlichen Gesellschaft seien. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Dilaver Çelik sagt:
Eine vorbildliche Aktion von den Religionsgemeinschaften. Davon können sich Politiker eine Scheibe abschneiden.
06.11.20
16:01
Ute Fabel sagt:
Dieser Gedenkmarsch ist sehr ehrenwert. Bedacht werden sollte aber Folgendes: Der Täter stammte aus einer ehemaligen Teilrepublik Jugoslawiens, wo Religion nach dem 2. Weltkrieg jahrzehntelang eine völlig untergeordnete Rolle spielte. In den 1990er-Jahren kam es zu einem Revival des religiösen Identitätsgefühls,. Die Menschen auf dem Westbalkan begannen sich wieder höchst identitätsstiftend primär als Katholiken, Orthodoxe und Muslime zu fühlen, was die Region zunächst in den blutigen Jugoslawienkrieg stürzte. Heute sind Mazedonien, der Kosovo und Bosnien durch die tatkräftige Einflussnahme aus dem Nahen Osten zu einer Brutstätte des radikalen Islams geworden. Auch in Kroatien sind katholisch-fundamentalistische Kräfte immer einflussreicher. Die Religionen sollten dort und überall sonst in der Welt sollten unbedingt wieder an Bedeutung verlieren und die Menschen sollten sich von wahreren und weiseren Ideen inspirieren lassen.
06.11.20
16:30
stratmann sagt:
Auch ich will keine Gewalt und nicht spalten, äußere nur eine Befürchtung und einen Ratschlag. Bei meinen Beispielen will ich keinesfalls eine Religion gegen die andere ausspielen oder Schlimmstes wechselseitig aufrechnen. Verschiedenste Religionsvertreter zelebrierten in Wien wieder einmal ihre Einigkeit – wie schon seit Januar 2015 in Paris immer wieder, immer wieder. Doch sie gehen wieder nicht an die Wurzel des Grundproblems. Bei der Wiener Gedenkfeier und in dem IslamiQ-Artikel hieß es: „Es gibt keinen Hass und keine Gewalt im Namen Gottes.“ Das ist eine Unwahrheit. Natürlich gibt es in den heiligen Schriften Gewalt im Namen Gottes. Das muss man offen zugeben und dann dieses Problem grundsätzlich angehen, dass und warum in diesem Punkt die heiligen Schriften nicht mehr gültig sind. Die hebräische Bibel (vor allem die Thora) kennt viel, viel mehr Passagen, welche Gewalt im Namen Gottes rechtfertigen, nicht selten sogar mit einem sadistischen Unterton. Für die Landnahme des Volkes Israel wird vielfacher Völkermord gerechtfertigt und rassistisches Gemetzel vorge- schrieben (5. Buch Mose Kapitel 6, 4-11 und Kapitel 7, 1ff; 4. Buch Mose Kapitel 25 – diese Passagen nur exemplarisch genannt; es gibt unheim- lich viele ähnliche Textpassagen, welche direkt an den IS erinnern). Der Mörder des israelischen Ministerpräsidenten Rabin wollte das Oslo-Abkommen zu Fall bringen (4.11.1995). Er war ein ultra-orthodoxer Jude und berief sich auch, wie viele andere heute noch, bei den An- sprüchen bzgl. des ganzen verheißenen Landes auf die Thora. Der Koran hat zwar weniger blutfordernde Gebote. ABER: Es gibt heute weltweit Milliarden Muslime und viele wollen solche Gebote und Tradition heute noch umsetzen, wie die ständige Serie von weltweiten Terroran- schlägen zeigt. Da die gewaltsame militärische Ausbreitung des frühen Islam nicht aufgearbeitet und problematisiert wird, fühlen sich gewalt- same Dschihadisten auch nicht in Frage gestellt. Und so bleiben die Ängste bei Nichtmuslimen. Zwar hatte das Christentum in drei Jahr- hunderten sich trotz häufiger Christenverfolgungen friedlich durch- gesetzt. Doch dann, als die Christen die Mehrheit der Bevölkerung ausmachten, stürzten Kirchenvertreter das römische Reich in der schlimmen Völkerwanderungszeit unbarmherzig zusätzlich in religiöse Bürgerkriege für einen „allein seligmachenden Glauben“. Auch das Neue Testament kennt leider Passagen mit schlimmen Gewalt- phantasien. Nach den Hebdo-Attentaten am 7. Januar 2015 in Paris erschienen in deutschen Zeitungen große Anzeigen, welche von Vertretern der Kirchen, des Zentralrats der Muslime in Dtl. und des Zentralrats der Juden in Dtl. geschaltet waren. Unter Berufung auf Bibel, Thora und Koran hieß es in der Balkenüberschrift: „Im Namen Gottes darf nicht getötet werden.“ Mit solchen Anzeigen erreicht man nichts gegen den Terror. Denn halbwegs Gebildete wissen, dass man aus der hebräischen Bibel und dem Koran Kataloge von Tötungsgeboten zusammenstellen kann. Dies sollte man ehrlich zugeben und dann diese Passagen und die schlimmen Folgen in der Tradition problematisieren, glaubhaft aufarbeiten und begründen, warum diese Passagen nicht mehr gültig sind. Einfach leugnen hilft nichts. Es ehrt die Ditib-Freitagspredigt vom 30. November, dass sie nach der schlimmen Mohammed-Karikatur, welche Vierzehnjährigen (anderswo sogar Zehn- und Elfjährigen, die sich noch weniger wehren können) vorgesetzt wurde, deeskalierte. Ich fand es schlimm, dass Frau Lamya Kaddor diese Ditib-Predigt im Deutschlandfunk (5.11.) diffamierte und das Gegenteil unterstellte. (Jeder kann sich noch auf IslamiQ die Ditib- Freitagspredigt vom 30. November nachlesen und selber ein Bild machen.) Ich moniere an der Predigt etwas Anderes, nämlich dass Folgendes behauptet wird: Mohammed habe bei Beleidigungen immer friedlich und vorbildlich gehandelt. Das ist leider eine Unwahrheit. Und mit Halb- und Unwahrheiten überzeugt man leider auch keine Glaubensfanatiker, die unter Berufung auf Mohammed mit Gewalt weiterhin ihrer Sicht auf die Sprünge helfen wollen. Was ist auf allen Seiten zu tun? Zuerst zugeben, dass es diese gewalt- bejahenden Passagen in den heiligen Schriften und der eigenen Tradition gibt. Und dann muss man grundsätzlich erklären, warum „heilige Schriften“ nicht in jedem Punkt unbedingt gültig sind. Ohne ehrliches Erinnern und ehrliches Aufarbeiten der religiösen Gewalt aufgrund der heiligen oder unheiligen Texte wird es keine Erlösung von dieser Gewalt geben. Jedoch sind Atheisten nicht unbedingt weniger gefährdet als religiöse Menschen. Atheistische Faschisten und Marxisten und andere Systematiker haben leider noch mehr Menschen auf ihrem Gewissen als Religionen.
07.11.20
14:27
stratmann sagt:
Auch ich will keine Gewalt und nicht spalten, äußere nur eine Befürchtung und einen Ratschlag. Bei meinen Beispielen will ich keinesfalls eine Religion gegen die andere ausspielen oder Schlimmstes wechselseitig aufrechnen. Verschiedenste Religionsvertreter zelebrierten in Wien wieder einmal ihre Einigkeit – wie schon seit Januar 2015 in Paris immer wieder, immer wieder. Doch sie gehen wieder nicht an die Wurzel des Grundproblems. Bei der Wiener Gedenkfeier und in dem IslamiQ-Artikel hieß es: „Es gibt keinen Hass und keine Gewalt im Namen Gottes.“ Das ist eine Unwahrheit. Natürlich gibt es in den heiligen Schriften und Taditionen Gewalt im Namen Gottes. Das sollte man offen zugeben und dann dieses Problem grundsätz- lich angehen, dass und warum in diesem Punkt die heiligen Schriften und Traditionen nicht mehr gültig sind. Die hebräische Bibel (vor allem die Thora) kennt viel, viel mehr Passagen, welche Gewalt im Namen Gottes rechtferti- gen, nicht selten sogar mit einem sadistischen Unterton. Für die Landnahme des Volkes Israel wird vielfacher Völkermord gerechtfertigt und rassistisches Gemetzel vorgeschrieben (5. Buch Mose Kapitel 6, 4-11 und Kapitel 7, 1ff; 4. Buch Mose Kapitel 25 – diese Passagen nur exemplarisch genannt; es gibt unheimlich viele ähnliche Textpassagen, welche direkt an den IS erinnern). Der Mörder des israelischen Ministerpräsidenten Rabin wollte das Oslo-Ab- kommen zu Fall bringen (4.11.1995). Er war ein ultra-orthodoxer Jude und berief sich auch, wie viele andere heute noch, bei den Ansprüchen bzgl. des ganzen verheißenen Landes auf die Thora. Die islamische Tradition hat zwar weniger blutfordernde Gebote. ABER: Es gibt heute weltweit Milliarden Mus- lime und viele wollen solche Gebote und Tradition heute noch umsetzen, wie die ständige Serie von weltweiten Terroranschlägen zeigt. Da die gewaltsame militärische Ausbreitung des frühen Islam nicht aufgearbeitet und problema- tisiert wird, fühlen sich gewaltsame Dschihadisten auch nicht in Frage gestellt. Und so bleiben die Ängste bei Nichtmuslimen. Zwar hatte das Christentum in drei Jahrhunderten sich trotz häufiger Christenverfolgungen friedlich durch- gesetzt. Doch dann, als die Christen die Mehrheit der Bevölkerung ausmach- ten, stürzten Kirchenvertreter das römische Reich in der schlimmen Völker- wanderungszeit unbarmherzig zusätzlich in religiöse Bürgerkriege für einen „allein seligmachenden Glauben“. Auch das Neue Testament kennt leider Passagen mit schlimmen Gewaltphantasien. Nach den Hebdo-Attentaten am 7. Januar 2015 in Paris erschienen in deut- schen Zeitungen große Anzeigen, welche von Vertretern der Kirchen, des Zentralrats der Muslime in Dtl. und des Zentralrats der Juden in Dtl. geschal- tet waren. Unter Berufung auf Bibel, Thora und Koran hieß es in der Balken- überschrift: „Im Namen Gottes darf nicht getötet werden.“ Mit solchen Anzeigen erreicht man nichts gegen den Terror. Denn halbwegs Gebildete wissen, dass man aus der hebräischen Bibel und der islamischen TRADI- TION Kataloge von Tötungsgeboten zusammenstellen kann. Dies sollte man ehrlich zugeben und dann diese Passagen und die schlimmen Folgen problematisieren, glaubhaft aufarbeiten und begründen, warum diese Passagen nicht mehr gültig sind. Einfach leugnen hilft nichts. Es ehrt die Ditib-Freitagspredigt vom 30. November, dass sie nach der schlimmen Mohammed-Karikatur, welche Vierzehnjährigen (anderswo sogar Zehn- und Elfjährigen, die sich noch weniger wehren können) vorgesetzt wurde, deeskalierte. Ich fand es schlimm, dass Frau Lamya Kaddor diese Ditib-Predigt im Deutschlandfunk (5.11.) diffamierte und das Gegenteil unterstellte. (Jeder kann noch auf IslamiQ die Ditib- Freitags- predigt vom 30. November nachlesen und sich selber ein Bild machen.) Ich moniere an der Predigt etwas Anderes, nämlich dass Folgendes be- hauptet wird: Mohammed habe bei Beleidigungen immer friedlich und vorbildlich gehandelt. Das ist leider eine Unwahrheit. Und mit Halb- und Unwahrheiten überzeugt man leider auch keine Glaubensfanatiker, die unter Berufung auf Mohammed mit Gewalt weiterhin ihrer Sicht auf die Sprünge helfen wollen. Was ist auf allen Seiten zu tun? Zuerst zugeben, dass es diese gewalt- bejahenden Passagen in den heiligen Schriften oder der eigenen Tradition gibt. Und dann muss man grundsätzlich erklären, warum „heilige Schriften“ oder die Tradition nicht in jedem Punkt unbedingt gültig sind. Ohne ehr- liches Erinnern und ehrliches Aufarbeiten der religiösen Gewalt aufgrund der heiligen oder geschätzten Tradition wird es keine Erlösung von dieser Gewalt geben. Jedoch sind Atheisten nicht unbedingt weniger gefährdet als religiöse Menschen. Atheistische Faschisten und Marxisten und andere Systematiker haben leider noch mehr Menschen auf ihrem Gewissen als Religionen.
08.11.20
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