Großbritannien

Kritik an Johnson wegen islamfeindlichen Äußerungen

Der ehemalige britische Außenminister Boris Johnson steht wegen diskriminierender Äußerungen gegenüber Burka-Trägerinnen in der Kritik.

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2018
Boris Johnson, ehemaliger britischer Außenminister © facebook, Boris Johnson

Der ehemalige britische Außenminister Boris Johnson steht wegen Äußerungen über verschleierte Frauen in der Kritik. In einer Kolumne der britischen Zeitung „Telegraph“ zum dänischen Burka-Verbot verglich er am Montag Frauen in Vollverschleierung mit „Briefkästen“ und „Bankräubern“. Er sprach sich in dem Text zwar gegen ein Burkaverbot aus, bezeichnete die religiöse Bekleidung aber als „vollkommen lächerlich“.

Islamische Religionsgemeinschaften und Labour-Abgeordnete warfen Johnson vor, bei islamfeindlichen Wählern mit den Burka-Äußerungen auf Stimmenfang zu gehen. Der Ex-Außenminister buhle um Rechtsaußen, teilte Miqdaad Versi mit, der Vize-Vorsitzende des Moscheeverbands Muslim Council of Britain. Der Labour-Abgeordnete David Lammy bezeichnete Johnson als Billigversion des US-Präsidenten Donald Trump.

Am Dienstagabend hatte sich selbst Premierministerin Theresa May den Forderungen nach einer Entschuldigung angeschlossen. „Ich glaube, wir sollten alle mit der Sprache und den Begriffen, die wir verwenden, sehr umsichtig sein“, sagte May. Auch weitere konservative Parteikollegen Johnsons kritisierten seine Wortwahl. Vereinzelt gab es Forderungen, den Ex-Außenminister von der Regierungsfraktion auszuschließen. Dass es dazu kommt, gilt aber als nahezu ausgeschlossen. Johnson lehnte Berichten zufolge eine Entschuldigung ab.

Johnson war im Juli im Streit um die Pläne für den EU-Austritt von Premierministerin Theresa May zurückgetreten. Dem ehemaligen Wortführer der Brexit-Befürworter werden Ambitionen auf das Amt des Regierungschefs nachgesagt. (dpa/iQ)

Leserkommentare

Dilaver Çelik sagt:
Man muss es nicht mögen, wenn eine muslimische Frau einen Gesichtsschleier trägt. Aber man muss es akzeptieren. Der Gesichtsschleier einer muslimischen Frau kann niemals kriminalisiert werden. Deswegen sind auch Gesetze, die den Gesichtsschleier einer Frau verbieten, nichtig. Wer sich gegen Frauen, die ihr Gesicht verschleiern, intolerant verhält, so wie jener britische Politiker, der offenbart damit lediglich seine eigene geistige Unsicherheit und gehört in Therapie.
08.08.18
16:05
Ute Fabel sagt:
@Dilaver Celik: "Man muss den Gesichtsschleicher akzeptieren." Vor fünfzig Jahren entsprach es dem Zeitgeist, dass sich zunächst Hippies, später Flitzer aus weltanschaulichen Gründen gerne völlig nackt in der Öffentlichkeit zeigten. Weder öffentliche Nacktheit noch Vermummung muss akzeptiert und darf kriminalisiert werden. "Deswegen sind auch Gesetze, die den Gesichtsschleier einer Frau verbieten, nichtig." Wir leben in keinem Gottesstaat. Das Recht geht weder von Gott noch selbsternannten irdischen Stellvertretern aus. Das Recht wird in Deutschland und Österreich von gewählten Volksvertretern gemacht. Das belgische und französische Vermummungsverbot wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für ausdrücklich menschenrechtskonform befunden. Das ist ein ganz entscheidendes rechtliches Gütesiegel, das auch andere Staaten dazu motivieren sollte.
09.08.18
12:22
Johannes Disch sagt:
Die Äußerungen von Johnson sind rassistisch, was bei diesem Kerl aber auch nicht überraschen sollte. Burkaträgerinnen mit "Bankräubern" zu assoziieren, kriminalisiert diese Frauen. Nun, die Tories haben schon reagiert. Johnson muss sich einem Disziplinarverfahren stellen. Ihm drohen Ausschluss aus Fraktion und Partei.
09.08.18
18:08
Frederic Voss sagt:
Darf ein Mensch nicht die Ansicht haben, daß Gesichtsverhüllungen aus vermeintlich religiösen Motiven heraus - um "gottgefällig" oder "gläubig-fromm" zu sein - "vollkommen lächerlich" sind? Bankräuber vermummen sich doch auch - oder nicht? Und wenn der frühere britische Aussenminister beim Anblick von vollverschleierten Burka- Menschen an Briefkästen erinnert wird, dann soll er das nicht sagen dürfen? Sollen etwa Denk- und Sprechverbote neuen Einzug im 21. Jahrhundert halten? Und all das wird dann als Islamfeindlichkeit hingestellt? Wie steht es denn zudem um die Christenfeindlichkeit in vielen islamischen Ländern? Es gab auch schon Terrorakte von verschleierten Personen in Burka-Tracht, die in Wirklichkeit Männer waren. Selbstverständlich müssen wir uns vor kriminellen Aktivitäten schützen, die mit Burka-Verhüllungen stattfinden. Und wer all das in Frage stellt, muß eben auch über wahnhafte Religionsvorstellungen aufgeklärt werden bzw. psychologisch therapiert werden.
11.08.18
10:28
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: "Die Äußerungen von Johnson sind rassistisch" Wenn religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen geradezu skurrile Blüten treiben und man das spöttisch durch den Kakao zieht, verhält man sich nicht rassistisch. Schon Sokrates hat durch bohrende und unbequeme Fragen vor fast zweieinhalb Jahrtausenden seine Mitbürger dazu gedrängt althergebrachte Überzeugungen über Bord zu werfen. Keinesfalls darf ein falsch verstandenes Verständnis der "Political Correctness" dazu führen, dass wir auf ein vorsokratisches Diskussionsniveau zurückfallen. Politiker wie Boris Johnson, die mir sehr unsympathisch sind, verdanken ihren Erfolg gerade dem Umstand, dass im linksliberalen politischen Spektrum in den letzten zwei Jahrzehnten eine unangebrachte Biederkeit im Hinblick auf reaktionäre Befindlichkeiten eingekehrt ist. Das linke Magazin "Charlie Hebdo" stellt hier allerdings eine rühmliche Ausnahme dar und sollte als Vorbild dienen.
16.08.18
7:42