Tagung in Osnabrück

„Islamic Banking“ – das Bankwesen für Muslime

„Islamic Banking“ war Thema einer Tagung in Osnabrück mit Rechts- und Finanzwissenschaftlern, Bankern und Theologiestudenten. Im Mittelpunkt stand die Rolle dieser Art von Finanzwesen in Deutschland und weltweit.

20
01
2018
Symbolbild: Islamic Banking © shutterstock, bearbeitet by iQ.
Symbolbild: Islamic Banking © shutterstock, bearbeitet by iQ.

In Deutschland leben mehr als 6 Millionen Muslime. Sie arbeiten, führen Geschäfte, sind Schüler, Studenten oder Rentner, gehen Hobbys nach, engagieren sich in Vereinen und Gemeinden. Und sie tätigen ihre Bankgeschäfte – in der Regel wohl in ganz normalen Finanzinstituten wie die übrigen Deutschen. Viele habe aber ein Problem damit.

Koran und Sunna verbieten Muslimen Zins- und Spekulationsgeschäfte. Deshalb hat sich weltweit das „Islamic Banking“ etabliert, ein Bankwesen, das Finanzgeschäfte ausschließlich nach den Regeln des Islams betreibt.

Über die Besonderheiten dieser Art von Banking diskutierten an diesem Freitag in Osnabrück Wissenschaftler und Bank-Experten auf Tagung „Re-Thinking Islamic Banking“ des Instituts für Islamische Theologie (ITT) an der Universität Osnabrück.

„In Deutschland ist ‚Islamic Banking‘ eine Nische“, erläutert der Münsteraner Rechtswissenschaftler Matthias Casper. Entsprechend klein sei hier die Nachfrage nach entsprechenden Finanzprodukten. In der Eurozone ist die KT Bank in Frankfurt mit Filialen in Köln, Berlin und Mannheim die bislang einzige islamische Bank. Ihre Bilanzsumme betrug 2015 rund 54,4 Millionen Euro.

„Islamic Banking“ in England

Ganz anders sieht das in England aus. Hier leben vor allem Muslime aus den Golfstaaten und aus Pakistan, also aus mehrheitlich muslimischen Ländern. Und weltweit gibt es etwa 1,8 Milliarden Muslime. In über 70 Ländern bieten rund 500 islamische Banken und Finanzdienstleister ihre Dienste an. Ihr Geschäftsvolumen betrug nach Erkenntnissen von Branchenkennern 2013 etwa 778 Milliarden US-Dollar – Tendenz steigend.

Sie alle beachten das allgemeine islamische Zins- und Spekulationsverbot. So werden etwa Kreditverträge auf der Grundlage von Sachdarlehensverträgen ausgehandelt. Die Bank verleiht kein Geld gegen Zins, sondern finanziert für den Kunden den Erwerb eines Konsum- oder Investitionsgutes.

Professor Casper erläutert das am Beispiel eines Autokaufs. Nach westlichem Gebaren würde die Bank einem Käufer Geld leihen, dieser kaufe das Auto und zahle das Geld mit Zinsen an die Bank zurück. „‚Islamic Banking‘ läuft anders. Die Bank kauft das Auto und verkauft es mit einem Aufschlag an den Kunden.“ Nach islamischem Recht sei das keineswegs eine Umgehung des Verbots, solange die Bank sich nicht auf die Rolle des Finanzgebers beschränke, sondern selbst ein unternehmerisches Risiko trage. Im angenommenen Fall etwa das Risiko, dass das Auto mangelhaft ist oder beim Transport zu Schaden kommt.

Zinsverbot sei gegen das Naturrecht

Das Zinsverbot sei übrigens kein rein islamisches Denken, so Casper, der auch am Münsteraner Exzellenzcluster „Religion und Politik“ mitarbeitet. Schon Aristoteles habe bemängelt, dass durch den Zins Geld sich durch sich selbst vermehre, was aber gegen das Naturrecht sei. Ebenso handelten wohl nicht alle islamischen Bankhäuser aus reinen Glaubensgründen. Es gebe die, die letztlich nur Geld verdienen wollten. Für sie sei der Stempel „islamkonform“ das Wichtigste. Andere aber sähen im „Islamic Banking“ eine Art Dritten Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus. Im Ausbau dieser Form liege vielleicht eine Entwicklungsmöglichkeit.

„Islamic Banking“ dürfe aber nicht mit ethischem Bankwesen verwechselt werden, wie es etwa Kirchenbanken betreiben, so Casper. Diese suchten sich einen außerrechtlichen Referenzrahmen, etwa einen UN-Bericht, der ein ethisches Anlageverhalten definiere, und legten dafür ein Finanzprodukt auf. Oder sie definierten selbst ethische Anlagen, bei denen Rüstungsindustrie oder Kinderarbeit tabu seien. Und bei Ethik-Banken fehle eine rechtliche Definition. Um sich so bezeichnen zu könne, müssten sie nicht zu 100 Prozent ethisch handeln. „Und mit Zinsen haben Ethik-Banken überhaupt kein Problem“, so Casper.

„Islamic Banking“ dient der Integration

Das islamische Bankwesen („Islamic Banking“) gewinnt nach Expertenansicht auch in Deutschland an Bedeutung. Durch die Möglichkeit, islamkonform Finanzgeschäfte tätigen zu können, fühlten sich gläubige Muslime hierzulande auch in diesem Lebensbereich ernst genommen, sagte der Mannheimer Finanzberater Uğurlu Soylu. Islamkonforme Bankgeschäfte wirkten sich somit positiv auf die politische Integration in Deutschland aus. Den Aufbau der in der Eurozone einzigen islamischen Bank, der KT Bank Frankfurt, nannte er eine „wichtige Pionierleistung“.

Leserkommentare

Charley sagt:
Dass das Geldwesen neu gedacht werden muss, steht außer Frage. Ob der Islam dafür eine zukunftseröffnende (!) Lösung hat, ist genauer zu prüfen! "Der Koran und die anderen Gesetzesschriften des Islam wie Scharia und Sunna verbieten gläubigen Muslimen Zins- und Spekulationsgeschäfte. " Den Satz las ich mit einem gewissen Schmunzeln, wenn ich denke, dass solche hardcore-islamischen Länder wie Saudi-Arabien natürlich am internationalen Finanzverkehr teilnehmen. Des weiteren fehlt mir völlig der Hintergrund zu obiger Position. Tja, vermutlich stehts im Koran, und weil und wenn es da steht, hört das Selberdenken auf. Man darf das dann nur noch als gutgläubiger Muslim paraphrasieren und - das steht von vorn herein fest - "erkennen", dass das ja völlig richtig ist. Leider zu kurz gesprungen. Denn mit dem Geld ist dessen Wert verbunden und mit dem Wert von Waren die menschliche Arbeitskraft. D.h. wenn jemand "sein Geld arbeiten lässt" (was nicht geht), dann arbeiten eben immer Menschen! Wieso ein Mensch wertschaffend ist, muss also der Muslim erklären. Naja, dann heißt es vermutlich, dass es ja "Allah" ist, der durch den Menschen Werte zaubert! ...... das ganze braucht viel mehr Denken, als obiger Sektenansatz vermuten lässt. Da sind Nobelpreisträger und viele andere, viel intelligentere Menschen dran. Das Ganze erscheint mir wieder als ein Beispiel, wie ein Grundsatz des 7Jrhd. völlig anachronistisch in unsere Gegenwart gedrückt werden soll. Das Zinswesen würde gelöst werden, wenn für den Behalt von Geld ein Alterungsfaktor eingeführt wird, d.h. dass "ruhendes Geld" sich von allein auflöst (das wären dann "negative Zinsen"). Damit wäre auch die absurde Vermehrung der Geldmenge gelöst (s.o. Aristoteles). Dieser Gedanken greift inzwischen schon fast zwangsläufig in der Finanzwelt, wenngleich sein notwendiger, berechtigter Hintergrund noch nicht erkannt wird. Nicht das Geld ist das Kapital, sondern die Menschen, die Werte schaffen. Eine Grundlegung einer Währung auf Gold ist überholt. Derzeit wird Geld aus dem "Nichts" geschaffen (von den Notenbanken... und durch die Finanzvorgänge), wenn jeder Mensch selbst als Kapital der Welt erkannt würde, stellte man das Finanzwesen endlich auf gesunde Füße. Letzerer GEdanke ist für einen Moslem natürlich undenkbar, weil der Mensch keinen in sich begründeten WErt hat, sondern allein durch den Grad, inwiefern er scih schon "in Allah aufgelöst hat" einen WErt hat.... nur, .... dann gibts den Menschen nicht mehr!
20.01.18
17:44
Frederic Voss sagt:
Islamkonforme Finanzgeschäfte befördern die politische Integration in Deutschland. Wichtige Pionierleistung: Islamischer Bankenaufbau in der Eurozone. Islamic Banking auf dem Vormarsch. Islamisches Bankwesen wird immer bedeutungsvoller. Der Islam übernimmt verstärkt Finanzgeschäfte und macht ernst. Der Islam bestimmt also die Regeln der Finanzgeschäfte. Es gilt hierbei islamisches Recht. Islamic Banking als das Bankenwesen der Zukunft - so kann man hier lösungsorientiert lesen. Theologiestudenten, Bankbeschäftigte, Finanzleute und Rechtsdeuter diskutieren auf einer Tagung über mögliche Probleme von Korananhängern mit dem sonst üblichen Bankenwesen, das gewiß nicht der Weisheit letzter Schluß sein kann. Und nun: Die geniale Lösung für alle Prpbleme lautet "ISLAMIC BANKING" für Deutschland und die ganze Welt. Islam, Islam, Islam - der Schlüsselbegriff für alle Probleme. Diese Message habe ich endlich allumfassend begriffen. Die Welt braucht nur noch den Islam, egal um was es geht. Und dann haben wir das Paradies mit ein paar mächtigen Islam-Interpretierern an der Spitze, die allen anderen gnädig vorgeben, was zu gelten hat. Und das Volk ist endlich frei.
21.01.18
2:04
Johannes Disch sagt:
@Charley Tolle Ausführungen! Danke! Man lernt immer etwas, wenn man ihre Posts liest.
29.01.18
9:41
Johannes Disch sagt:
@Frederic Voss Wunderbar ironisch! Danke.
29.01.18
9:43