Münster

Uni plant Campus der Religionen und islamische Fakultät

Ein Novum: Katholische, evangelische und islamische Theologen wollen die Universität Münster in einem Campus der Religionen unterbringen.

06
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2016
WWU-Münster
Die Universität Münster © by Bastian Greshake auf Flickr (CC BY-SA 2.0), bearbeitet islamiQ

Die Universität Münster will einen großen Campus der Religionen mit drei Fakultäten errichten. In einem Neubau in Schlossnähe sollen die katholische und evangelische Fakultät sowie eine noch zu gründende islamisch-theologische Fakultät unterkommen. Der Senat der Uni stimmte am Mittwoch dem bereits von Hochschulrat und Rektorat beschlossenen Vorhaben zu, das weltweit einmalig ist. Danach soll das Zentrum für Islamische Theologie (ZIT) zur Fakultät ausgebaut werden.

Laut Uni-Sprecher Norbert Robers sind für das Projekt ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag veranschlagt, darunter Zuschüsse vom Land Nordrhein-Westfalen und 23 Millionen Euro von der Uni. In dem Campus würden 430 Wissenschaftler und Mitarbeiter tätig sein. Eine gemeinsame Bibliothek werde 560.000 Bände umfassen. Aktuell hätten 3.900 der rund 43.000 Studenten in Münster katholische, evangelische oder islamische Theologie belegt.

Nach Angaben des Sprechers sollen die Planungen für den ersten und zweiten Bauabschnitt Mitte 2017 beginnen. Die Arbeiten für den ersten Bauabschnitt sollen 2018 starten; die Inbetriebnahme dieses Gebäudes sei für 2021 geplant.

Die Pläne sehen die Gründung einer gemeinsamen Dienstleistungseinheit vor, die sich etwa um die Raum-, Personal- und Bibliotheksverwaltung für die Fakultäten kümmert. Diese Administration könne perspektivisch auch für weitere Theologien offen sein – etwa des Buddhismus oder Hinduismus. Berufungs-, Promotions- und Habilitationsverfahren sowie der Erlass von Prüfungs- und Studienordnungen verblieben aber aus religionsrechtlichen Gründen bei den jeweiligen Fakultäten. In dem Gebäude auf dem sogenannten Hüffercampus soll auch die Professur für Orthodoxe Theologie als „Institut für Geschichte und Gegenwart des orthodoxen Christentums“ ihren Platz finden.

Die katholische Fakultät an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster ist laut Hochschule mit mehr als 20 Professoren die größte theologische Einrichtung an einer staatlichen Hochschule in Europa. Auch die evangelische Fakultät mit 15 Professoren gehört zu den größeren ihrer Art. Zudem forschen 200 Wissenschaftler aus rund 20 geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern am Exzellenzcluster „Religion und Politik“.

Das 2011 gegründete ZIT zählt zurzeit 600 Studierende. Über die Auswahl von Professoren und Lehrinhalte entscheidet ein Beirat, dem Vertreter der islamischen Religionsgemeinschaften angehören. Münster ist eine von bundesweit sechs Universitäten, die vor allem für Pädagogen den Studiengang Islamische Theologie anbietet.

Der Dekan der evangelischen Fakultät, Hermut Löhr, nannte den Campus der Religionen in der Senatssitzung eine „große Chance“. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Religionsgemeinschaften können selbstverständlich selbsfinanzierte Akademien gründen, wie das auch die politischen Parteien machen. Die so genannten "Theologischen Fakultäten" an den staatlichen Universitäten auf Staatskosten widersprechen jedoch dem Ideal der konsequenten Trennung zwischen Staat und Religionen. Außerdem ist "Theologie", wo es ums Glauben geht, keine Disziplin, die wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht werden kann. Es sollte stattdessen eine konfessionsübergreifende Studienrichtung "Religionswissenschaften" gegründet werden, die allen unabhängig von Religion oder nicht religiöser Weltanschauung offensteht. Die Studienrichtung "Politikwissenschaften" ist ja auch parteiübergreifend. Auf den deutschen Universitäten gibt es verständilicherweise auch keine "Fakultät" für "SPD-Politik" oder "CDU-Politik"
07.06.16
9:17
Andreas sagt:
@Ute Fabel: Der irrationale Glaube an eine konsequente Trennung zwischen Staat und Religionen ist ein Hirngespinst. Es wird immer Menschen geben, die der einen oder anderen Religion angehören und entsprechend dann eben auch ihren religiösen Hintergrund mit in ihre Arbeit einfließen lassen. Das gilt beispielsweise auch für Politiker und Richter. Erreichbar ist lediglich, dass sich die Religionen nicht unmittelbar in die Staatsangelegenheiten einmischen und umgekehrt der Staat sich dann aber auch nicht in die Angelegenheiten der Religionen einmischt. Insofern stehen theologische Fakultäten der Trennung von Staat und Religion, wie sie im Grundgesetz verankert ist, nicht entgegen. Lächerliche Beispiele ändern daran auch nichts.
07.06.16
13:49
Ute Fabel sagt:
@Andreas: Theologie ist ebenso wie Astrologie oder auch "SPD-Politik" oder "CDU-Politik" keine Wissenschaft und gehört daher nicht auf die Universitäten. Der Umstand, dass es überhaupt theologische Fakultäten für ausgewählte Religionsgemeinschaften auf den staatlichen Universitäten gibt, ist ein trauriges Relikt aus Zeiten, wo es noch keine Religionsfreiheit gab und die katholische bzw. evangelische Religion der Landesherren den Untertanen aufgezwungen wurden. Wenn Sie eine theologische Fakultät für den Islam wollen, warum dann nicht auch eine theologische Fakultät für die Zeugen Jehovas oder die Mormonen? Ein konfessionsübergreifendes Studienfach "Religionswissenschaften", an welche alle Menschen unabhängig von Religion oder nicht religiöser Weltanschauung zum Thema Religion forschen,vortragen und lernen können, entspräche den Menschensrechts- und Antidiskriminierungsstandards weit besser als das staatliche Pushen von Lobbyinginteressen ausgewählter Religionsgemeinschaften durch die staatliche Finanzierung von "theologischen Fakultäten".
08.06.16
7:57