Islamwissenschaftler

„Terrorismus in Frankreich hausgemacht“

Ein französischer Islamwissenschaftler spricht von einem „hausgemachten“ Terrorismus in Frankreich. Die Ursachen lägen nicht in der Religion der Terroristen, sondern in den sozialen Problemen.

20
01
2016

Der französische Islamwissenschaftler Gilles Kepel macht die Eliten seines Landes für die Entstehung des Terrorismus mitverantwortlich. „Frankreich wird von einer Aristokratie aus hohen Beamten regiert, die sich aus der Steuerkasse alimentiert“, sagte der am renommierten „Institut d’Etudes Politiques“ lehrende Professor der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Sie kümmerten sich zu wenig um Arbeitslosigkeit und fehlendes Wirtschaftswachstum. Die Kinder aus der Einwanderergeneration hätten kaum Aufstiegsmöglichkeiten. „Von allen europäischen Gesellschaften tut Frankreich am wenigsten für die Eingliederung“, so der Islamexperte.

„Der soziale Druck ist zu groß“, fügte Kepel hinzu. In vielen Vierteln und Vorstädten mit hohem Migrantenanteil gälten vielfach traditionelle Regeln. Man treffe keine unverschleierte Frau mehr und dürfe im Fastenmonat Ramadan nicht in der Öffentlichkeit essen. Dort nisteten sich auch radikale Prediger ein, die Einfluss auf die Jugendlichen nähmen.

Das Jahr 2016 bezeichnete Kepel als Schicksalsjahr für Frankreich. Mit dem hohen Stimmenanteil für den rechtspopulistischen Front National hätten die Franzosen der politischen Kaste gesagt: „Haut ab.“ Die größte Sorge seiner Landsleute sei das Unvermögen der aktuellen Politiker. „Wenn wir aus dem Horrorjahr 2015 die richtigen Lehren ziehen, dann kann sich das Blatt schnell wenden“, betonte der Wissenschaftler, der sich seit 30 Jahren mit Terrorismus befasst. In seinem neuen Buch „Terror im Hexagon“ konzentriert er sich auf einen „hausgemachten“ Terrorismus.(KNA/iQ)

Leserkommentare

Marianne sagt:
Der zweite Absatz zeigt doch aber, dass die Religion keineswegs unschuldig ist und dass die Terroristen eben doch aus einem religiös geprägten Umfeld kommen. Außerdem ist es unglaublich, dass gesagt wird, dass die Opfer des Terrorismus eigentlich selbst schuld daran sind, wenn sie von einem Islamisten getötet werden. Muslimen gefällt diese Sichtweise natürlich.
20.01.16
17:25
Jürgen Uther sagt:
Natürlich sind die Opfer nicht schuld, dass hat Herr Kepel auch nicht behauptet. Aber deutlich gemacht, dass nur eine dauerhafte Einbindung in die Gesellschaft Schutz vor Terrorismus bietet. Noch nie darauf geachtet, wie hoch der Anteil lediger ist? Einer der Arbeit und Familie hat wird nicht kriminell oder Terrorist! Wohl aber einer dem die soziale Sicherheit verweigert wird. Einen Gruß der Bedürfnispyramide nach Maslow. Was wahr ist, ist wahr!
20.01.16
18:44
Marianne sagt:
Ja, und wie kürzlich ein Imam gesagt hat, die Frauen, die in der Silvesternacht Opfer von sexuellen Übergriffen wurden, sind selbst schuld, weil sie zu leicht bekleidet waren, denn die Täter kommen aus Ländern, in denen Frauen sich zu bedecken haben.
22.01.16
14:46
Ole Pederson sagt:
Und ist Gewalt nicht immer auch ein Hilferuf ? [/Zynismus OFF] Absurd schon deswegen, weil die weltweit größte Opfergruppe des islamischen Terrors selbst Muslime sind. Auch Einwandererkinder anderer Herkunft haben diese Probleme - in Frankreich sind da besonders Vietnamesen und christliche Afrikaner aus ehemals französischen Kolonien zu nennen. Doch die machen keinen Terror. @Marianne: Chapeau!
19.07.17
14:11