Imame

Junge Imame in Deutschland

Islamische Religionsgemeinschaften bilden ihre eigenen Imame aus, und zwar international. Diese sind jung und in Deutschland sozialisiert. Drei Portraits.

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12
2017
Junge Imame in Deutschland
Junge Imame in Deutschland © camia, bearbeitet by iQ.

Imame sind Gegenstand politischer Diskussionen und Wahlkampfdebatten. Politiker fordern ein Ende der sogenannten „Import-Imame“ und der damit zusammenhängenden Auslandsfinanzierung. Deshalb sind junge Imame gefragt. Sie können nicht nur die religiösen Dienste innerhalb der Moschee abdecken, sondern sind oft auch die besseren Seelsorger, Berater und Erzieher. Dass sie in Deutschland sozialisiert sind und gezielt auf die Bedürfnisse der hiesigen Gesellschaft eingehen können, ist ein Vorteil. Darüber hinaus können junge Imame in einen längerfristigen Kontakt mit religiösen Vertretern und zivilen Akteuren treten.

Neben der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), die ihre Imame und theologisch geschultes Personal z. B. aus dem „Internationalen Studiengang Islamische Theologie“ bezieht, bildet die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) ebenfalls ihre eigenen Imame aus.

Die IGMG hat ein breites Spektrum im Bereich der religiösen Bildung, angefangen bei Weiterbildungsseminaren bis hin zu einer Berufsausbildung zum Imam. Zudem unterstützt sie auch junge Imam-Anwärter, die ein Theologiestudium in einer der universitären Zentren in Deutschland, in die Türkei oder auch Kairo aufnehmen möchten. Regelmäßige Praktika in den Semesterferien erleichtern den Einstieg in die Arbeit des Imams.

“Eigentlich keine Besonderheit mehr“

Einer dieser jungen Imame ist Mustafa Macit Bozkurt. Schon in jungen Jahren brachte ihm sein Opa Sefer Ahmedoğlu die arabische Sprache und die Koranrezitation bei. Mit 15 Jahren wurde er Dritter im europaweiten Koranrezitationswettbewerb der IGMG. Der 26-Jährige studierte Sozialwissenschaften und Islamische Studien an der Goethe-Universität in Frankfurt. Nebenbei war er auch während dem Studium ehrenamtlich als Imam tätig.  

„Die Aufgabe eines Imams besteht nicht nur darin, die Gebete zu leiten, sondern sich den Problemen und Bedürfnissen seiner Gemeinde zu widmen”, so Bozkurt. Gemäß der Überlieferung des Propheten, wonach der Beste unter den Menschen derjenige sei, der seinen Mitmenschen am nützlichsten ist, habe er sich entschieden, als Imam zu arbeiten. Junge Imame haben es oft leichter als ihre älteren Kollegen. „Wir kennen die Gesellschaft und sprechen selbstverständlich deutsch. Das ist eigentlich keine Besonderheit mehr, die man erwähnen müsste. So können wir auf die Bedürfnisse der muslimischen Gemeinden besser eingehen. Wir können helfen, ein klares und unmittelbares Islamverständnis zu vermitteln”, glaubt Bozkurt.

“Junge Imame sprechen alle Altersklassen an“

Ein weiterer junger Imam ist Hamza Kuri. Kuri ist gebürtiger Dortmunder und arbeitet seit Oktober 2017 als Imam in der Selimiye Moschee in Oberhausen. Seinen Bachelor absolvierte er an der Marmara Universität in Istanbul. In seiner Kindheit besuchte er den Koranunterricht in der Anadolu Moschee in Dortmund. Schon damals legten ihm seine Lehrer und sein Vater ein Theologiestudium nahe, doch Hamza wollte eigentlich ein erfolgreicher Unternehmer werden. „Doch wie es das Schicksal wollte, entschied ich mich am Ende doch für ein Theologiestudium“, sagt er. Das Gefühl, anderen Menschen zu helfen, ihnen etwas beizubringen und sie gegebenenfalls zu prägen, sei für den jungen Imam „unbeschreiblich“ und gibt ihm die Kraft unermüdlich weiter zu arbeiten.

Hamza Kuri zufolge ist der Vorteil eines jungen Imams, dass er alle Altersklassen innerhalb der Gemeinschaft ansprechen kann. Die jüngere Generation sehe in ihm einen großen Bruder, die Altersgenossen einen Freund und die Älteren einen Fachmann für religiöse Angelegenheiten.

“Großer Bedarf an jungen Imamen“

Yunus Emre Yadigaroğlu absolvierte seine theologische Ausbildung in Deutschland an der Universität Osnabrück. Dort macht er nun auch seinen Master und arbeitet nebenbei als Imam in einer Moscheegemeinde in Mettmann. Es gebe einen großen Bedarf an jungen Imamen, die in Deutschland geboren sind, da die ältere Generation der Imame nur für eine begrenzte Zeit hierher kommt, meint Yadigaroğlu. Genau diese Lücke möchte er füllen. „Viele sind positiv überrascht, wenn sie erfahren, dass ich als Imam arbeite. Sie stellen sich einen Imam wesentlich älter vor“, so Yadigaroğlu. Auch bei Fragen um die Ehe und die Partnerwahl seien die jugendlichen Imame hilfreiche Ansprechpartner für ihre Altersgenossen, glaubt der junge Student und Imam.

Leserkommentare

Dilaver Çelik sagt:
Genau diese jungen Imame sind Vorbilder für junge Muslime in Deutschland. Und nicht Pierre Vogel, Xatar oder Tarkan. Danke für den Beitrag.
31.12.17
19:30
Ute Fabel sagt:
"Theologie" ist ebenso wie "Astrologie" keine Wissenschaft und gehört daher auf den Universitäten durch ein konfessionsübergreifendes Studienfach "Religionswissenschaften" ersetzt, in welchem unabhängig von Glauben oder Unglauben von allen gelehrt und gelernt werden kann, wie das jetzt schon bei "Politikwissenschaften" der Fall ist. Es entspricht nicht den Universalitätsprinzip der Forschung, dass es auf Universitäten im 21. Jahrhundert noch immer Studienfächer wie "katholische", "evangelische" und "islamische" Theologie gibt, die nur Glaubensanhängern dieser Religionsgemeinschaften offen stehen. Das wäre ungefähr so, als gäbe es auf den staatlichen Hochschulen eine eigene Fakultät für "CDU-Politik", "SPD-Politik" oder "FDP-Politik", die nur den Mitgliedern dieser Parteien offensteht. Die Religionsgemeinschaften können für die Ausbildung ihres Nachwuchses interne Akademien gründen, wie das auch die politischen Parteien tun. Die Nachwuchsrekrutierung für Religionsgemeinschaften ist jedoch nicht Aufgabe der staatlichen Universitäten.
02.01.18
8:17
Hasan sagt:
Das ist ein sehr gute beruf aber das must auch Deutschland ein anerkannte beruf sein gesetzlich mit stempel weil die eltern investieren viel geld eigene tasche must anerkant sein
02.01.18
18:28
Mark sagt:
@Hasan Deutschland muss gar nix anerkennen! Es sind Kriterien zu erfüllen. Wenn die erfüllt sind, kann beantragt werden, so eine Ausbildung staatlich anzuerkennen. Allerdings wird ein deutscher Bhördenstempel einem Islamisten sowieso nix bedeuten.
04.01.18
16:53
Ute Fabel sagt:
@ Dilaver Celik: Ich teile ihre Meinung, dass Pierre Vogel kein Vorbild für die Jugend ist. Für ihn ist die Sure 4:34 im Koran sehr wichtig, wonach man Frauen nötigenfalls auch schlagen soll, wenn sie aufmüpfig sind. Menschen, die uralte Bücher unklarer Autorenschaft toternst nehmen, können kein guter Einfluss für die junge Generation sein. Xatar scheint mir ein gewalttätiger, unbeherrschter Mensch zu sein. Tarkan finde ich aber cool. Seine Hits aus den späten 90ern versprühen so viel Lebensfreude! 2016 hat er geheiratet. Dass er möglicherweise auch homosexuelle Erfahrungen gemacht hat, stört mich gar nicht. Das Liebesleben von Mohammed finde ich hingegen abstoßend. Deshalb meine ich auch, dass Imame, die der Jugend so einen Mann als perfekten Menschen verkaufen wollen, nicht vorbildlich sein können.
15.01.18
7:10
Frederic Voss sagt:
Alle Religionsgemeinschaften sollten hauptsächlich ihre Mitmacher zu selbständig denkenden, autonomen, eigenverantwortlich handelnden und gleichberechtigten Menschen formen und (aus)bilden. Ohne Denkverbote und Bevormundung. Ohne Autoritätsgläubigkeit und Dogmenabhängigkeit. Das wäre ein Fest für alle.
17.01.18
22:41