Muslime zu den Bundestagswahlen

„Wählen alleine reicht nicht“

Die Bundestagswahlen stehen vor der Tür. Vor allem Muslime wissen nicht, wen sie wählen sollen. IslamiQ hat um die Einschätzung von Muslimen gebeten. Heute: Mehmet Alparslan Çelebi.

19
09
2017
Mehmet Alparslan Çelebi © privat

IslamiQ: Oft wird den Parteien vorgeworfen, dass sie während des Wahlkampfes antimuslimische Ressentiments bedienen, um auf Stimmenfang zu gehen. Wie haben Sie die letzten Monate erlebt?

Mehmet Alparslan Çelebi: Ich glaube nicht, dass sich das von der Hand weisen lässt. Einige Parteien mehr, andere Parteien weniger. Die Wahlen entscheiden über die nächsten vier Jahre einer Partei und ich glaube, dass in einer Zeit, in der der Islam wenig Befürworter in der Bevölkerung hat, ein konstruktiver und fairer Umgang mit dem Islam in Deutschland, auf der Strecke bleibt.

Mehmet Alparslan Çelebi ist Vorstandsmitglied der Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa (ATIB) und stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD).

IslamiQ: Welche Partei wird Ihrer Meinung nach bei dieser Bundestagswahl erfolgreich werden und welche nicht?

Çelebi:  Es gibt eine Partei, die aufgrund ihrer starken Führung nicht auf jeden populistischen Zug aufspringt. Daher wird auch diese Partei als Stärkste hervorgehen. Sie wissen welche das ist. Verlieren werden die Parteien, die ihrem Geiste widersprechen und ihre Grundsätze missachten. Der Umgang mit der AfD kann einfach nicht sein, die Partei in bestimmten Themen rechts zu überholen. Dass ein bestimmter Teil unserer Bevölkerung für verfassungsfeindliche und menschenverachtende Aussagen der AfD empfänglich ist, sollte uns eher zum Nachdenken anregen als Panik auszulösen, die in einer Nachahmung mündet.

IslamiQ: Wie schätzen Sie den Wahlausgang  der islamfeindlichen AfD ein?

Çelebi: Die AfD wird bei etwa 9-10 Prozent landen. In der aktuellen Lage ist das auch keine Überraschung. Bei dem Punkt Islamfeindlichkeit steht die AfD jedoch nicht alleine. Sie spricht es vielleicht offen aus aber ich weiß selbst aus eigener Erfahrung, dass Islamfeindlichkeit in verschiedenen Ausprägungen in allen Parteien Deutschlands zu finden ist.

IslamiQ: Was erhoffen Sie sich nach der Bundestagswahl im September?

Çelebi: Ich wünsche mir, dass nach dem Superwahljahr endlich wieder konstruktive Debatten fruchten. Die Atmosphäre ist teilweise so vergiftet, dass man geschlossen daran arbeiten muss, Vertrauen zueinander aufzubauen. Neben der Politik haben auch die Medien hier einen großen Anteil. Die Zeit, in der die Menschen sich durch das Eigenstudium der Themen gebildet haben, ist vorbei. Auch die soziale Kommunikation wird teilweise durch „soziale“ Medien ersetzt. Mainstream-Medien haben sich als Hauptinformationsquelle etabliert. Das geht jedoch mit der großen Verantwortung einher, den gesellschaftlichen Frieden durch Objektivität und konstruktive Inhalte zu stärken. Da gibt es noch sehr viel Aufwärtspotential.

IslamiQ: Welchen Rat haben Sie an Muslime, die nicht wissen welcher Partei sie ihre Stimme geben sollen?

Çelebi: Man muss wählen, aber nur wählen alleine reicht nicht. Wenn Muslime nicht heute anfangen sich in den Parteien stark zu machen und die Menschen davon zu überzeugen, dass auch wir gesamtgesellschaftliche Lösungen für vorherrschende Probleme entwickeln können, werden die Parteien ihr Bild über uns auch nicht ändern. Wir müssen also mitgestalten, anschließend wählen und dann wieder mitgestalten. Natürlich gibt es sehr große Hürden und ja auch viele externe Faktoren, die wir selbst nicht beeinflussen können. Aber gerade als Muslim müssen wir zunächst alles tun, was in unserer Hand liegt. Nicht mehr und nicht weniger.

Leserkommentare

Frederic Voss sagt:
Wenn sich der Zentralrat der Muslime in Deutschland in Parteien stark machen will, dann muß das unbefdingt auch der Zentralrat der Ex-Muslime in Deutschland tun.Zur Kontrolle und wachsamen Beobachtung aller Aktivitäten,
20.09.17
3:18
Frederic Voss sagt:
Wenn sich der Zentralrat der Muslime in Deutschland in Parteien stark machen will, dann muß das unbedingt auch der Zentralrat der Ex-Muslime in Deutschland tun. Zur Kontrolle und wachsamen Beobachtung aller Aktivitäten. Der Fairness halber.
20.09.17
3:21
Kritika sagt:
L.S. An Çelebi. « Wenn Muslime nicht heute anfangen sich in den Parteien stark zu machen - - - » Sollen Mohammeddaner anfangen demokratische Parteien zu unterwandern, um sie zu islamisieren, was bedeutet sie zu ent-demokratisieren? Weshalb gründen die Muslims nicht selber eine politische Partei? Dann würde man bei der nächsten Wahl sehen, wie wichtig die Deutsche Muslims sind, - - - aber Vorsicht: Die Französische Muslims haben das schon vor Jahren getan. Deren Muslimpartei krebst seit ewigen Zeiten um die 1% herum. Nichts um Werbung mit zu machen. Kritika meint Wo es Demokratie gibt, da ist der Islam bedeutungslos - wo der Islam herrscht, da ist für Demokratie kein Platz mehr. Gruss, Kritika
22.09.17
1:32