Hasskriminalität

IGMG: Antimuslimische Straftaten müssen systematisch erfasst werden

Der Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), Mustafa Yeneroğlu, hat die Forderung nach einer separaten Erfassung antimuslimischer Straftaten erneuert. Hintergrund sind Recherchen zu Übergriffen auf Moscheen und muslimische Einrichtungen in Deutschland.

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11
2014

Die Ergebnisse einer Recherche der Süddeutschen Zeitung erschrecken. Der Journalist Hakan Tanrıverdi ging den Hintergründen der von der Bundesregierung in einer Antwort an die Linksfraktion genannten 78 Übergriffe auf Moscheen und muslimische Einrichtungen im Zeitraum zwischen Januar 2012 bis März 2014 nach. Ein Kernergebnis: „Der Großteil der Verfahren wurde von den Staatsanwaltschaften eingestellt. Die Taten bleiben also ungestraft.“

„Die separate Erfassung antimuslimischer Straftaten ist unvermeidlich“, sagt Mustafa Yeneroğlu, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), zu den Ergebnissen. Die Recherche von Tanrıverdi zeige, dass die von der Bundesregierung mitgeteilte Liste unvollständig sei. „Bereits das ist ein Armutszeugnis“, sagt Yeneroğlu. Viel erschreckender sei allerdings, dass diese Liste rein zufällig zustande gekommen zu sein scheine. „Denn, ob eine Tat in den Amtsstuben als ‚islamfeindlich‘ bewertet wird, ist reine Glückssache.“

Antimuslimische Straftaten werden nicht separat erfasst

Yeneroğlu zweifelt denn auch an, ob Maßnahmen gegen Islamfeindlichkeit überhaupt greifen würden – sofern sie denn überhaupt ergriffen würden. Er prangert an, dass antimuslimische Straftaten offiziell gar nicht existieren würden. „Es ist an der Zeit, dass die Politik diesen Teufelskreis verlässt und handelt. Ein Lichtblick in diesem Zusammenhang ist die Initiative des Nordrhein-Westfälischen Landtags, die Bundesregierung von der separaten Erfassung von antimuslimischen Straftaten überzeugen zu wollen“, sagt Yeneroğlu.

Die IGMG hatte Ende September 2014 eine Hashtag- und Plakataktion gestartet, in der sie gemeinsam mit Usern von sozialen Medien eine separate Erfassung antimuslimischer Straftaten forderten. Mit der Aktion sollte die Politik noch einmal aufgefordert werden, ihre bisherige Haltung zu überdenken.

Initiative der Grünen im Bundestag zu Hasskriminalität

Unterdessen hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Bundesregierung in einem Antrag (18/3150) dazu aufgefordert, den Straftatbestand der Volksverhetzung zu überarbeiten. Neben den dort bereits genannten Bevölkerungsgruppen, die Ziele der Hetze werden, sollten noch die Merkmale sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität, Weltanschauung und Behinderung ausdrücklich genannt werden.„Mindestens diese Erscheinungsformen von Hasskriminalität und damit Motive wie Rassismus, Antiziganismus, Homo- und Transphobie, Antisemitismus, Islamophobie und Behindertenfeindlichkeit müssen daher bei rechtspolitischen Maßnahmen ausdrücklich in den Blick genommen werden“, fordern die Grünen.

Über die mögliche Einbeziehung weiterer Kategorien müsse zudem intensiv beraten werden. Neben der Prävention von Hasskriminalität käme auch der strafrechtlichen Verfolgung dieser Art der Kriminalität eine besondere gesellschaftliche Bedeutung zu, so die Fraktion. Beweggründe und Ziele der Täter müssten bereits nach geltendem Recht bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.

Leserkommentare

Bernd sagt:
Mir ist nicht klar, was es ändern soll, wenn eine Straftat als islamfeindlich eingestuft wird. Wenn jemand eine Moschee abfackelt, ist und bleibt das doch Brandstiftung und ist eine Straftat, die bereits unter Strafe steht. Auch wenn jemand einen Muslim auf der Straße angreift und verprügelt, ist das Körperverletzung, die ebenfalls unter Strafe steht. Was ändert es, wenn man diese Straftat "islamfeindlich" nennt? Insofern sehe ich die Notwendigkeit für einen Straftatbestand "Islamfeindlichkeit" nicht. Das würde eher Tür und Tor dafür öffnen, dass Muslime wegen jeder Karikatur oder jedem Witz über den Islam sofort Anzeige erstatten. Das kann kein Mensch in einem Land, in dem neben der Religionsfreiheit auch die Meinungsäußerungsfreiheit und die Pressefreiheit garantiert sein sollen, ernsthaft wollen. Was hingegen wichtig wäre, wäre die lückenlose statistische Erfassung von Kriminalität mit islamfeindlichem Hintergrund, um endlich einmal zu wissen, über welche Größenordnung wir eigentlich reden. In einer solchen Statistik müßten aber auch Übergriffe gegen Homosexuelle erfasst werden, diese dann aber auch nach weltanschaulischer Zugehörigkeit der Täter gegliedert, da es neben Rechtsextremen auch Muslime gibt, die Homosexuelle angreiffen. Das darf dann eben auch nicht unter den Teppich gekehrt werden. Ich denke, dass unsere Kriminalstatistiken ohnehin insgesamt einmal neu zu überdenken wären.
18.11.14
16:47
Irgendwer sagt:
@Bernd: "Das kann kein Mensch in einem Land, in dem neben der Religionsfreiheit auch die Meinungsäußerungsfreiheit und die Pressefreiheit garantiert sein sollen, ernsthaft wollen." Kann man dieses Kommentar von Ihnen auch verkehrt ausdrücken? wie Z.B.: "Menschen die aufgrund der Pressefreiheit den Islam angreifen, dürfen dies nicht tun, weil es eine Religionsfreiheit gibt"? Sie merken, Sie wiederprechen sich. Denn Freiheit endet dann, wenn diese die Freiheit oder das Recht des Anderen aufhebt.
18.11.14
18:28
Bernd sagt:
Ein Artikel, der den Islam kritisiert (ein Muslim würde sagen beleidigt) schränkt keineswegs die Religionsfreiheit ein. Ein solcher Artikel hindert Muslime doch gar nicht daran, ihre Religion weiterhin zu praktizieren.
19.11.14
16:39