Gaza

Bundesregierung lehnt Hilfsangebot für Kinder aus Gaza ab

Hannover will verletzte Kinder aus Gaza und Israel aufnehmen. Doch das Bundesinnenministerium bevorzugt einen anderen Weg – und lehnt ab. Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay äußert sich deutlich.

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Kinder in Gaza leben in Angst © shutterstock, bearbeitet by iQ
Kinder in Gaza leben in Angst © shutterstock, bearbeitet by iQ

Die Initiative mehrerer deutscher Städte, darunter Hannover, Bremen, Düsseldorf, Leipzig, Bonn, Frankfurt und Kiel, wollte bis zu 20 schwer verletzte und kranke Kinder aus dem Gazastreifen sowie aus Israel zur medizinischen Behandlung nach Deutschland holen. Doch das Vorhaben scheiterte an der ablehnenden Haltung der Bundesregierung.

„Wir bedauern die Antwort des Bundesinnenministeriums sehr“, erklärte Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay. „Die Absage ist enttäuschend und nicht nachvollziehbar.“ Auch Regionspräsident Steffen Krach (SPD) äußerte sich bestürzt: Mehr als 16.000 Menschen in Gaza seien derzeit auf medizinische Hilfe im Ausland angewiesen. „Diese Unterstützung nicht einmal den Kindern zu gewähren, die sie am dringendsten brauchen, ist grausam“, sagte Krach.

Ministerium verweist auf „unübersichtliche Lage“

Die Bundesregierung begründet ihre Entscheidung mit einer „unübersichtlichen und nicht berechenbaren Lage“ im Gazastreifen. In einem Schreiben des Bundesinnenministeriums, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es, die Ausreise verletzter Kinder sei mit komplexen Verfahren verbunden – etwa zur Identitätsklärung, Sicherheitsüberprüfung und der Frage realistischer Rückkehroptionen. Man halte es für „vorteilhafter“, die medizinische Versorgung „vor Ort“ zu stärken.

Diese Argumentation stößt auf Unverständnis. Seit Beginn des israelischen Angriffs auf Gaza, den viele internationale Juristen und Menschenrechtsorganisationen inzwischen als Genozid einstufen, ist die medizinische Infrastruktur des abgeriegelten Gebiets weitgehend zerstört. Zahlreiche Krankenhäuser wurden bombardiert, Ärztinnen und Ärzte getötet, Medikamente sind knapp. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind viele Kinder akut unterversorgt und benötigen dringend Behandlung, die in Gaza nicht mehr gewährleistet werden kann.

Appell an das Innenministerium: Entscheidung überdenken

Die Städte, die sich der Initiative angeschlossen haben, betonen, dass sie vollständig vorbereitet seien, um den verletzten Kindern schnell und sicher zu helfen. „In Hannover und anderen beteiligten Kommunen stehen exzellente medizinische Einrichtungen bereit“, sagte Krach. Auch die evangelischen Kirchen in Niedersachsen unterstützen das Vorhaben.

Belit Onay appellierte an das Bundesinnenministerium, die Entscheidung zu überdenken: „Ohne die Mitwirkung der Bundesregierung kann diese humanitäre Initiative nicht gelingen. Die Absage nimmt vielen schwer traumatisierten Kindern die Chance auf professionelle medizinische Hilfe.“

Moralische Verantwortung Deutschlands in der Kritik

Während die Bundesregierung auf bürokratische Hürden verweist, wächst die Kritik an ihrer zögerlichen Haltung. Angesichts der katastrophalen Lage in Gaza, wo nach Schätzungen der UN zehntausende Zivilisten, darunter überwiegend Frauen und Kinder, getötet wurden, wirkt das Festhalten an Verwaltungsprozeduren für viele Beobachter wie eine moralische Bankrotterklärung. Deutschland, das sich international zur humanitären Verantwortung bekennt, steht damit in der Kritik, ausgerechnet dann wegzusehen, wenn Kinderleben auf dem Spiel stehen. (dpa/iQ)