Genozid in Gaza

Mehr als achtzig Prozent der Toten in Gaza sind Zivilisten

Eine Recherche legt nahe: Die Mehrheit der Getöteten im Gazastreifen sind Zivilisten. Experten sprechen von einer der höchsten zivilen Todesraten und schlagen Alarm.

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08
2025
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Vater trägt Leiche seiner Tochter zum Grab © Anadolu Ajans, bearbeitet by iQ.

Eine gemeinsame Recherche des britischen „Guardian“ und der israelisch-palästinensischen Projekte „Local Call“ und „+972-Magazin“ wirft ein neues Licht auf das Ausmaß des Genozids im Gazastreifen. Nach Einsicht in ein internes Dokument des israelischen Militärnachrichtendienstes seien lediglich rund 9000 der seit Oktober 2023 Getöteten als Kämpfer der Hamas registriert.

Das Gesundheitsministerium in Gaza meldet für denselben Zeitraum etwa 53.000 Tote. Demnach könnten bis zu 83 Prozent der Opfer Zivilisten sein – ein Verhältnis, das Experten zufolge historisch selten ist.

„Abgesehen vom Genozid in Ruanda gibt es keinen modernen Konflikt mit einer derart hohen zivilen Opferquote“, erklärt Therése Pettersson von der Universität Uppsala, Leiterin des Conflict Data Program. Im Vergleich: In Syrien liegt der Anteil ziviler Todesopfer bei etwa 29 Prozent, im Sudan bei knapp 50 Prozent.

Offiziell bestreitet die israelische Armee die Zahlen, ohne eigene Daten offenzulegen. Intern jedoch soll das israelische Militär die Angaben bestätigen, wie eine geleakte Aufnahme des früheren Geheimdienstchefs Aharon Haliva nahelegt.

UN ruft offiziell Hungersnot in Gaza aus

Die Blockade des Gazastreifens und die anhaltenden Luftangriffe hätten eine Flucht der Zivilbevölkerung unmöglich gemacht, betonen Wissenschaftler. „Sollten die Zahlen zutreffen, ist die Rechtfertigung dieser Kriegsführung kaum noch haltbar“, sagt Solveig Richter, Konfliktforscherin an der Universität Leipzig. Internationale Hilfsorganisationen halten die offiziellen Opferzahlen für plausibel. Unterdessen wurde im Norden Gazas eine Hungersnot ausgerufen – ein weiteres Anzeichen für die dramatische Lage der Zivilbevölkerung.