Italien

Rechts jubelt, Rest bangt: Was macht die Italien-Wahl mit Europa?

Italien hat gewählt – und zwar extrem rechts. Italien dürfte bald von Giorgia Meloni geführt werden. Muss sich die Europäische Union auf schwierige Zeiten einstellen?

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09
2022
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Giorgia Meloni - Chefin der rechtsradikalen Fratelli d'Italia und Anführerin der Rechtskoalition © shutterstock, bearbeitet by iQ.
Giorgia Meloni - Chefin der rechtsradikalen Fratelli d'Italia und Anführerin der Rechtskoalition © shutterstock, bearbeitet by iQ.

Auf diesen Moment haben Europas Rechte lange gewartet. Frankreichs Vorzeige-Nationalistin Marine Le Pen feiert einen „großen Sieg“ der rechtsradikalen Fratelli d’Italia. Ungarns Dauer-Querulant Viktor Orban schickt ein „Bravo, Giorgia!“ an seine Freundin Meloni nach Rom. Der AfD-Europaabgeordnete Nicolaus Fest jubiliert: „Frankreich, Schweden und nun Italien zeigen, dass dem Konservatismus die Zukunft gehört!“ Was kommt da auf die Europäische Union zu?

Ganz konkret eine nicht sehr groß gewachsene Römerin – die seit Sonntagabend aber nirgendwo mehr übersehen wird. Das dürfte auch Europa noch merken, wenn Giorgia Meloni und die rechtsradikalen „Brüder Italiens“ die Ankündigungen in Richtung Brüssel wahr machen. „Würde und Stolz“ will die Wahlsiegerin den Italienern zurückgeben, teilte sie am Tag nach dem großen Erfolg mit.

EU musste als Feindbild herhalten

Was genau das bedeutet, präzisierte Meloni nicht. Sie steht den EU-Institutionen sehr skeptisch gegenüber. Im Wahlkampf hütete sie sich zwar davor, Brüssel allzu aggressiv zu attackieren – schließlich wollte sie verantwortungsvoll und staatstragend rüberkommen. Einmal brach aber aus ihr heraus, dass der „Spaß“ nun vorbei sei. Sie deutete immer wieder ihre Sicht an, Italien werde nicht genug respektiert, ja sogar benachteiligt, etwa von Deutschland.

Für die Fratelli-Gründerin musste die EU stets als Feindbild herhalten. Meloni hasst es, dass in Brüssel und nicht in Rom etliche Gesetze und Normen des alltäglichen Lebens entstehen. Sie ist dagegen, dass EU-Recht dem italienischen vorangestellt ist. Sie will schon seit Jahren EU-Verträge nachverhandeln, allen voran den Fiskalpakt. Den Euro nannte sie im Januar 2018 eine «falsche Währung» und forderte eine Entschädigung für jene Länder, die nach dessen Einführung am meisten gelitten hätten – dazu gehöre Italien.

Italien-Wahl beschert EU schwierige Zeiten

Nach dem Wahlsieg von Giorgia Meloni muss sich die EU nach Meinung des Politikwissenschaftlers Kai Arzheimer auf schwierige Zeiten einstellen. „Es wird mit Sicherheit problematischer, weil Italien eine große Volkswirtschaft ist. Es wird eher wieder so schwierig wie zu den Regierungszeiten von Silvio Berlusconi“, sagte der Experte der Johannes Gutenberg-Universität Mainz der Deutschen Presse-Agentur.

Die Politikwissenschaftlerin Daniela Braun sieht den Wahlsieg von Giorgia Meloni und deren rechtsradikaler Partei Fratelli d’Italia als Teil einer schon länger andauernden Entwicklung. „Natürlich ist es ein Einschnitt, weil man mitten in Europa ein klares Ergebnis hat für eine radikale rechte Partei“, sagte die Expertin der Universität des Saarlandes. „In den vergangenen fünf bis zehn Jahren hat sich ein gängiges Bild herausgebildet, das sich im Zuge der zahlreichen Krisen noch verstärkt hat. Wir haben ein Erstarken der rechten Parteien in Europa, sie sind in europäischen Parlamenten vertreten und prägen bereits europäische Politik“, meinte die Wissenschaftlerin. (dpa/iQ)