In China rüsten die Behörden auf und überwachen etwa Angehörige der Uiguren mit modernsten Mitteln. Die dafür nötige Technologie stamme laut einem Amnesty-Bericht auch aus der EU.
Trotz der schwierigen Menschenrechtslage in China liefern Firmen aus der EU dem Land einem Bericht der Organisation Amnesty International zufolge Überwachungstechnologie. „Damit riskieren sie, dass diese dort zu schweren Menschenrechtsverletzungen gegenüber den Uiguren beiträgt“, betonte Amnesty am Montag. Es handele sich unter anderem um Software zur Gesichts-, Verhaltens- und Emotionserkennung. Die Lieferungen gingen „direkt an Verantwortliche im chinesischen Massenüberwachungsapparat und an staatliche Institutionen in der chinesischen Region Xinjiang“. Dort geht die Regierung nach Ansicht von Menschenrechtlern massiv gegen die Minderheit der Uiguren vor.
Amnesty forderte die EU auf, die Regeln für den Export sogenannter Dual-Use-Güter zu verschärfen. Damit sind Waren gemeint, die sowohl für militärische als auch zivile Zwecke verwendet werden können. Dazu zählen etwa Atomtechnologien, Navigationssysteme und Überwachungselektronik. Derzeit verhandelt die EU-Kommission mit dem Europäischen Parlament sowie den EU-Mitgliedern über eine Reform.
„Wir sind sehr besorgt, dass Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten zwar in Lippenbekenntnissen die Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang verurteilen, gleichzeitig aber Reformvorschläge blockieren“, kritisierte Amnesty-Expertin Lena Rohrbach. „Damit können in Europa ansässige Firmen weiterhin unkontrolliert genau die Technologie liefern, die für diese Menschenrechtsverletzungen benötigt wird.“
Konkret nennt Amnesty in dem Bericht drei Firmen. Dem niederländischen Unternehmen Noldus Information Technology wirft die Organisation vor, ihre Software zur Gesichts- und Emotionsanerkennung auch an staatliche Stellen in Xinjiang verkauft zu haben, obwohl zu dem Zeitpunkt schon Menschenrechtsverletzungen in der Region bekannt gewesen seien. Noldus wies die Vorwürfe zurück und zeigte sich „schockiert“. „Unsere Software kann nicht zur Massenüberwachung eingesetzt werden und stellt kein Risiko für Menschenrechte dar“, betonte das Unternehmen in einer Stellungnahme.
Zudem nannte Amnesty den französischen Konzern Idemia. Das Unternehmen habe noch unter dem alten Namen Morpho Gesichtserkennungstechnologie an Sicherheitsbehörden in Shanghai geliefert. Idemia betonte, dabei habe es sich um ein System zur Aufklärung von Verbrechen gehandelt. „Es war ein Gesichtserkennungssystem der alten Generation, das die lokale Kriminalpolizei nutzen konnte, nachdem ein Ereignis stattgefunden hat. Diese Ausrüstung war nicht in der Lage, für die Echtzeitüberwachung verwendet zu werden.“
Amnesty kritisierte zudem, das schwedische Unternehmen Axis habe Zehntausende 360-Grad-Kameras an chinesische Behörden geliefert und sich damit am Aufbau eines Massenüberwachungsprogramm beteiligt. Axis bestätigte die Geschäfte und räumte ein, dass die Produkte für andere Zwecke missbraucht werden könnten als vom Unternehmen vorgesehen. Zugleich betonte die Firma: „Axis entwickelt nur Lösungen für Nutzerszenarien, an die wir glauben, und wir kommunizieren deutlich, wie unsere Lösungen genutzt werden sollen.“ Dabei würden der Wunsch der Gesellschaft nach Sicherheit sowie das Recht auf Privatsphäre und Menschenrechte ausbalanciert. (dpa, iQ)