









Autoren schreiben hunderte Seiten. Doch was passiert, wenn sie ihr Buch auf seine Essenz herunterbrechen müssen? Unsere Serie „Nachgefragt“ liefert Antworten. Heute Monika und Udo Tworuschka und ihr Buch „Der Islam – Fein oder Freund“.
IslamiQ: Wem würden Sie ihr Buch „Der Islam – Fein oder Freund“ gerne schenken und warum?
Monika & Udo Tworuschka: Unserem Innenminister und anderen führenden Politikern, damit sie den Islam und die in unserem Land lebenden Muslime besser verstehen und begreifen, dass der Islam Europa kulturell bereichert (hat) und auch Teil der deutschen Geschichte ist. Das Buch könnte sie befähigen, ihre Voreinstellungen zu revidieren und neue Perspektiven zu gewinnen. Vor allem aber könnte das in dem Buch enthaltene Fachwissen zu der Erkenntnis führen, dass die meisten Prinzipien der islamischen Ethik mit deutscher Kultur und ihren Werten vereinbar sind.
Außerdem würden wir dieses Buch gern furchtsamen Menschen schenken, damit sie die Angst vor dem Islam verlieren und um sie zu überzeugen, dass der Islam eine dem Christentum gleichwertige Weltreligion und keine bedrohliche Ideologie ist.
IslamiQ: Warum ist die Thematik Ihres Buches im Lichte aktueller Debatten wichtig?
Tworuschka: Weil Islamfeindlichkeit, Rassismus und rechte Gesinnung längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. In den Medien wird keine Islamdebatte, sondern eine Islambild-Debatte geführt. Dieses Islambild nivelliert, ist einseitig, voller Vorurteile, oft unzutreffend, zumindest aber einseitig. Es versperrt den Zugang zu einer sachlichen und profunden Auseinandersetzung. Wir Autoren finden erschreckende Parallelen zu dem Antijudaismus der Nazizeit. Die heute in manchen Kreisen geäußerten Schuldzuweisungen, Diffamierungen und rassistischen Vorurteile gegenüber Muslimen erinnern fatal an eine Zeit, in der alles „Jüdische“ unter Generalverdacht stand.
Diese in Form eines Neorassismus auftretende gruppenbezogene Islamfeindlichkeit macht alle Menschen aus bestimmten Herkunftsländern ausnahmslos zu Muslimen. Dabei werden weder die geschichtliche Vielfalt und unterschiedlichen Interpretationen des Islam berücksichtigt noch wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Religion nicht das einzige Erklärungsmuster für das Verhalten von Menschen ist. Jede Persönlichkeit setzt sich aus unterschiedlichen und veränderbaren Identitäten zusammen, von denen die Religion nur eine ist. Folglich stellt es eine unverantwortliche Verkürzung dar, dem Islam Religion die Hauptschuld an allen mit Migration, Integration, Gewalt, Demokratieferne, Menschenrechtsverletzung und Gender zusammenhängenden Problemen zuzuweisen.
IslamiQ: „Beim Lesen guter Bücher wächst die Seele empor.“ Warum trifft dieses Zitat von Voltaire auf Ihr Buch zu?
Tworuschka: Weil unser Buch dazu beitragen kann, dass wir uns der Gemeinsamkeiten der drei Abrahamsreligionen und ihrer Verantwortung für die Probleme der Gegenwart wie Gewalt, Rassismus, Umwelt, Fremdenfeindlichkeit, Grenzfälle menschlichen Lebens (Geburt, Alter, Tod), Bildung, Altenpflege, Gefängnis und Notfallseelsorge wieder stärker bewusst werden. Menschen, die ihre Religion(en) ernstnehmen, können zu gelingendem Miteinander in unserer Gesellschaft beitragen.
IslamiQ: Ihr Buch „Der Islam – Fein oder Freund“ in drei Wörtern zusammengefasst?
Tworuschka: Aufklärend, provokativ, versöhnend.
IslamiQ: Eine spezielle Frage für Sie: Wie können Muslime und Nichtmuslime dazu beitragen, die aktuelle negative Wahrnehmung gegenüber dem Islam zu verbessern?
Tworuschka: Muslime und Nichtmuslime sollten im Gespräch offen und ehrlich mit den Vorbehalten und Ängsten des anderen umgehen. Man sollte auch unterschiedliche Auffassungen nicht verschweigen, jedoch respektieren. Hilfreich ist das Zugeständnis, dass es sowohl in der christlichen als auch der islamischen Geschichte und Gegenwart problematische Strömungen und unheilvolle Verflechtungen von Religion und Machtpolitik gegeben hat und gibt. Gelungene Gespräche und Begegnungen, Offenheit bei kritischen Fragen, gemeinsame Projekte, gute Nachbarschaft, Zusammenarbeit in Gemeinden, Kindergarten, Schulen und sozialen Einrichtungen tragen dazu bei, dass man sich besser versteht und noch mehr auf den anderen zugeht. Dafür gibt es genügend praktische Beispiele!