Das jährliche Spitzentreffen zwischen KRM und EKD fand dieses Jahr in Wittenberg statt. Ziel des Gesprächs war es, den gesellschaftlichen Zusammenhalt mit aller Kraft zu fördern.
Vergangenen Dienstag haben sich der Koordinationsrates der Muslime (KRM) und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zum jährlichen Spitzentreffen in Wittenberg getroffen. Der Ort wurde im Jahr des 500. Reformationsjubiläums auch als gemeinsames Zeichen für ein friedliches Miteinander der Religionen gewählt.
Der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, bezeichnete den Religionsdialog mit dem Islam als wichtigen Teil einer „Lerngeschichte der Reformation“, die vor 500 Jahren von Wittenberg aus ihren Anfang nahm. „Freiheit bedeute immer auch die Freiheit der Andersglaubenden“, so Bedford-Strohm. Es gehöre zu den christlichen Einsichten, dieses Ja zur religiösen Vielfalt auch klar auszusprechen und zu vertreten.
Im Koran werde von Juden und Christen als den „Leuten der Schrift“ („Ahl al-Kitâb“) gesprochen. „Zu ihnen haben Muslime eine besondere Nähe, da sie an göttliche Botschaften, Propheten und das Leben nach dem Tod glauben, die auch für Muslime relevant sind, wenn auch in unterschiedlicher Weise“, erklärt Ramazan Uçar vom Islamrat in einem Input-Vortrag zum Thema „Verkündigung im Islam“.
Für Muslime sei in erster Linie die gelebte Religiosität die beste Form der Verkündigung. Dieses praktische, lebensnahe Modell sei es, das stark zur Verbreitung des Islams in den Herzen der Menschen beigetragen habe und immer noch beitrage.
Ziel der Verkündigung sei deshalb nicht, dass ein Mensch den Islam annehme, da diese nur von Allah herbeigeführt werden könne, sondern vielmehr, dass Muslime die Verantwortung haben, „alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die zwischen dem Menschen und Gott stehen könnten“, so Uçar weiter.
Nach einem Rundgang an die Ursprungsorte der Reformation in Wittenberg betonten beide Seiten die Notwendigkeit, mit unterschiedlichen Glaubensvorstellungen konstruktiv und friedlich umzugehen. Die Geschichte zeige bis heute, welch fatale Folgen es habe, wenn Menschen ihre Gottesvorstellungen mit politischer Macht oder brutaler Gewalt durchzusetzen versuchen.
Der Gesellschaft müsse deutlich werden, dass die unterschiedlichen Religionen Christentum und Islam dem gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht im Wege stehen, sondern ihn mit aller Kraft befördern.
Die jüngsten Anschläge hätten zur Verunsicherung der Bevölkerung beigetragen und die Debatte um religiös motivierte Gewalt und Zuwanderung verschärft. „Populisten und Rechtsextremisten versuchen diese Stimmungen zu nutzen oder gar zu schüren, dagegen müssen wir uns als religiöse Menschen, aber auch als Zivilgesellschaft insgesamt zur Wehr setzen“, forderte der Sprecher des KRM, Aiman Mazyek.
Gesprächsgegenstand war auch die gegenwärtige außenpolitische Lage, unter anderem das deutsch-türkische Verhältnis und dessen Auswirkungen auf das Miteinander in Deutschland. Die darin liegenden Belastungen für das Vertrauensverhältnis bestärkten die Teilnehmenden, umso mehr auf dem Weg der Verständigung und des Friedens weiterzugehen und dafür in der Gesellschaft einzustehen.