Rom

Ausstellung zeigt Meisterwerke islamischer Kunst

Ein Ausschnitt der kuwaitischen „al-Sabah Collection of Islamic Art“ ist derzeit auf dem Quirinal in Rom zu sehen. Ein bisweilen überraschender Querschnitt orientalischer Kultur.

06
08
2015
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Ein Bronzekelch mit Greifen und schreitenden Löwen; Elfenbeinschatullen, aus deren Rankenwerk Einhörner treten; Miniaturen höfisch-heiteren Lebens und ein kostbar gewebter Schal, dessen eingesticktes Gedicht die Sehnsucht nach dem Geliebten besingt: Was derzeit in den römischen Scuderien zu sehen ist, straft die gängige Meinung Lügen, islamische Kunst sei bildlos und sittenstreng.

Würden Milizen des „Islamischen Staats“ die Ausstellung „Arte della Civilta Islamica“ (Kunst der islamischen Kultur) besuchen, fänden sie reichlich Stoff für ihre Zerstörungswut. Es sind rund 360 Leihgaben der Sammlung al-Sabah in Kuwait, einer der größten und bedeutendsten Kollektionen der Welt. Sie spannen einen Bogen vom 8. bis zum 18. Jahrhundert und von Spanien bis China.

Wichtiges Thema: Unendlichkeit

So schmal, bezogen auf die Weite des Unterfangens, der Umfang der Exponate bleibt: Die Beispiele genügen allemal, um anzudeuten, wie reich die islamische Kunst aus vorislamischen Quellen schöpfte, wie sie auf die christlich-abendländische Kunstproduktion einwirkte und welche Vielfalt an Ausdrucksformen sich innerhalb des islamischen Herrschaftsbereichs entwickelte.

Bei allen Unterschieden der Epochen und Räume – was islamische Kunst kennzeichnet, ist, dass es für sie keine Heilsgeschichte zu erzählen und keinen Gott abzubilden gibt. Wohl aber kann sie auf Eigenschaften Gottes hinweisen. Neben der Vollkommenheit, die sich in den Kalligrafien des Koran spiegelt, ist das vor allem seine Unendlichkeit. Von dort rührt das mathematisch-geometrische Spiel, in dem Linien, Winkel und Bögen zu immer neuen Mustern finden – sei es in einem polyedrischen Duftfläschchen, dem Sternengeflecht eines Fenstergitters oder den tropfsteinähnlichen Muqarnas-Gewölben.

Ein eigentliches Bilderverbot kennt der Koran nicht; die Zerschlagung von Götterbildern, wie sie der Prophet in Mekka veranstaltete, ist möglicherweise auch vor dem Hintergrund entsprechender Debatten in der Ostkirche zu sehen. Sicherlich war früh schon verpönt, dass der Mensch sich gleichsam zum Schöpfer von Lebewesen aufschwingt. Doch diese Zurückhaltung betraf in erster Linie die religiöse Kunst. Der gleiche Kalif, der eine Moschee mit Kalligrafien und geometrischem Dekor stiftete, konnte privat einen Leuchter mit Tierkreiszeichen oder eine Schale mit Bankettszenen in Auftrag geben.

Austausch zwischen Kulturen

Ausgenommen war selbstverständlich die Wissenschaft: Dies belegen etwa die Heilpflanzen-Illustrationen der antiken „Madeira medica“ von Pedanios Dioskurides, überliefert in einem iranischen Kodex aus dem 13. Jahrhundert, oder politisch-historische Darstellungen wie in den „Abenteuern des Amir Hamza“, einem für den Mogulherrscher Akbar geschaffenen Prachtkodex aus dem 16. Jahrhundert.

Arte della Civilta Islamica. La Collezione al-Sabah, Kuwait.
Scuderie del Quirinale, Via XXIV Maggio 16, Roma.Bis 20. September
2015, geöffnet Sonntag bis Freitag 12.00 bis 20.00 Uhr, Samstag 12.00
bis 23.00 Uhr.
Eintritt 8 Euro, Katalog 38 Euro.

Wie weit islamische Kunst gehen konnte, zeigt auch die Miniatur eines weintrinkenden Jünglings aus Isfahan, umgeben von den Versen eines Liebesgedichtes von Hafiz (um 1600). Überhaupt Isfahan: Die dortigen Safawiden-Herrscher fanden durchaus Geschmack an europäischer (namentlich italienischer) Malerei und scheuten sich nicht, ihre Repräsentationsräume entsprechend auszustatten. So wartet der Vierzig-Säulen-Palast aus dem 17. Jahrhundert mit Wandgemälden unbeschwerter Gelage auf.

Genau dieser Austausch zwischen den Kulturkreisen verlief über die Jahrhunderte ebenso befruchtend wie kontrovers. Wer darin Gewinner oder Verlierer ist, wechselt mit der Zeit und der Perspektive. Da war im 10. Jahrhundert ein Nobler im Ostiran, der aus Bergkristall einen Flakon schneiden ließ. Das Kleinod gelangte nach Spanien und wurde ungeachtet seiner kufischen Inschrift ein halbes Jahrtausend später zum Reliquiengefäß.

Der hinzugefügte Deckel aus vergoldetem Silber verkündet auf einem umlaufenden Band „In hoc signo vinces“ – „In diesem Zeichen wirst du siegen“: darüber ein krönendes Kreuz, gehalten von einem Putto. Doch das Kreuz ist ramponiert, sein Oberteil ging verloren. Der Engel klammert sich an den bloßen Stumpf, und der Heilige, den der Kristall barg, ist längst vergessen. (KNA)