München

Muslima lüftet vor Gericht doch den Gesichtsschleier

Die Muslima, die sich vor einer Woche vor dem Münchner Landgericht geweigert hatte, sich unverschleiert zu zeigen, hat in der Berufungsverhandlung am Donnerstag ihr Gesicht gezeigt.

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03
2016
Burka-Trägerin © by Patrick Denker auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ

Vor einer Woche hatte sich vor dem Münchner Landgericht eine Muslima geweigert, sich unverschleiert zu zeigen. Nun hat sie in der Berufungsverhandlung am Donnerstag ihr Gesicht gezeigt. Die Klage gegen einen 59-jährigen Architekten wegen Beleidigung endete dennoch mit einem Freispruch. Der Mann soll im Mai 2015 am Münchner Hauptbahnhof die 43-jährige Tunesierin, die in Deutschland aufgewachsen ist, aufgrund ihrer Kleidung beleidigt haben.

Auch in der Berufungsverhandlung weigerte sie sich zunächst aus religiösen Gründen ihren Schleier zu lüften. Erst nach mehrmaliger Aufforderung durch die Vorsitzende Richterin zeigt die Frau ihr Gesicht, allerdings unter der Bedingung, dass der Beklagte sich abwende.

Nach der Verhandlung in der vergangenen Woche sah laut „Bild“ der Richter voraus, dass sich die Muslima wieder weigern werde, den sogenannten Niqab-Schleier abzunehmen. Deswegen sei „eine Expertise des hochrangigen Islam-Rechtsgelehrten Scheich Abdullah Al Muslih aus
Saudi Arabien“ eingeholt worden. Darin heiße es, dass das Ablegen des Niqab vor Justizorganen aufgrund von Notwendigkeiten und Schadensverhinderung erlaubt sei.

Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) betont, dass die Gesichtsbedeckung nicht obligatorisch sei: „Aus unserer Sicht besteht ohnehin keine Pflicht, das Gesicht zu bedecken. Außerdem kann es in bestimmten Fällen sogar erforderlich sein, das Gesicht einer Person zu sehen. Auf der Pilgerfahrt werden Frauen sogar gebeten, ihren Gesichtsschleier abzunehmen. Insofern sehen wir kein Problem darin, dass die Zeugin vor dem Landgericht ihren Schleier abgelegt hat.“

Bundesweit werfen offenbar solche Fälle Fragen auf. Die Hammer Generalstaatsanwältin Petra Hermes schrieb an ihre Kollegen und bat um einen Erfahrungsaustausch. Nach ihrer vorläufigen Bewertung hindert die Vollverschleierung ein Gericht daran, die Identität und
Verhandlungsfähigkeit von Angeklagten und Zeuginnen festzustellen. Zudem könnte die Verhandlung gegen eine Vollverschleierte den Unmittelbarkeitsgrundsatz beeinträchtigen. Danach müssen das Gericht und die übrigen Prozessbeteiligten Gestik und Mimik einer Angeklagten oder Zeugin wahrnehmen können, um daraus Rückschlüsse auf deren Glaubwürdigkeit ziehen zu können.

Die Abwägung zwischen Religionsfreiheit und Rechtsstaatsprinzip dürfte in der Regel zugunsten des letzteren ausfallen, so Hermes. Denn das Interesse des Staates an einer rechtsfehlerfreien, durch äußere Einflüsse weitgehend unbeeinflussten Beweiswürdigung dürfte das Interesse an einer Verschleierung übersteigen. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Caietan sagt:
Fast noch interessanter finde ich, warum eine Frau, die in Deutschland geboren wurde und hier seit mehr als 40 Jahren lebt, vor Gericht einen Dolmetscher benötigt - andererseits aber die angeblichen Beleidigungen des Angeklagten verstanden haben will.
19.03.16
0:02
Erva sagt:
Wo steht hier bitte das Sie einen Dolmetscher benötigt hätte ? Lies dir erst mal alles richtig durch bevor du hier so unnötiges zeug hinschreibst.
21.03.16
23:30
Ute Fabel sagt:
Ich verstehe sehr gut, dass es auf Gerichten nicht akzeptiert werden kann, wenn Prozessparteien oder Zeugen ihr Gesicht verdecken. Für die Wahrheitsfindung des Richters es unumgänglich die Mimik aller Beteiligten während des Verfahrensverlaufs sehen können. Bedenklich finde ich es, "Expertisen" von "Religionsgelehrten" einzuholen. Wie kann Scheich Abdullah Al Muslih für sich in Anspruch nehmen, dass gerade er den direkten Draht zu Allah hat? Ich halte das für ziemlich vermessen! Die Religionsfreiheit besitzt keinen Absolutheitsanspruch. Rechtsstaatliche verfahrensrechtliche Notwendigkeiten gehen der Religionsfreiheit jedenfalls vor, unabhängig von der persönlichen Meinung "Religionsgelehrter", die noch dazu in Diktaturen beheimatet sind.
22.03.16
10:57
Enail sagt:
Soviel zur Anerkennung unserer rechtsstaatlichen Ordnung über die man die Religion stellen möchte. Und das hier in Deutschland. Kritisieren muss man aber auch das Gericht, das so etwas duldet und sich Unterstützung von einem Scheich holen muss. Diese vermeintliche Religion stiftet nur Unfrieden.
22.03.16
20:02
Charley sagt:
@Ute Fabel: Das man den "Rechtsgelehrten" hinzu zog, hat ja wohl einfach den Grund, dass die verschleierte Dame so verbohrt in ihrem Sektiererglauben (Vollverschleierung für einen Platz in der ersten Reihe im Paradies) war, dass sie nur auf Allah (der zu alledem nicht zu erreichen war) oder eben eine religiöse Autorität gehört hätte. Also hat man ihr den Gefallen getan. Ich glaube kaum, dass ein Richter das irgendwie ernst nimmt. Es war einfach geschickt und - ja - die Tatsache, dass man einen islamischen Rechtsgelehrten dazu würde ich eher als einen Joke ansehen! Einem kleinen Kind streichelt man über den Kopf, einer verbohrten, sektiererischen Muslima holt man eine islamische Rechtsexpertise ein! :-))
23.03.16
20:09