Gaza-Krieg

Hunderttausende Vertriebene seit Ende der Waffenruhe in Gaza

Drei Wochen nach dem Ende der Waffenruhe im Gazastreifen sind laut UNRWA fast 400.000 Menschen erneut vertrieben worden. Hilfsorganisationen warnen vor einer dramatischen Verschärfung der humanitären Lage.

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04
2025
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Menschen hungern im Gazastreifen
Menschen hungern im Gazastreifen © Anadolu Images, bearbeitet by iQ

Rund drei Wochen nachdem Israel die Waffenruhe im Gazastreifen einseitig beendet und die Angriffe wieder aufgenommen hat, zeigt sich das Ausmaß der humanitären Katastrophe deutlicher denn je. Nach Angaben des Palästinenserhilfswerks der Vereinten Nationen (UNRWA) sind seither fast 400.000 Menschen erneut zur Flucht gezwungen worden. Insgesamt wurden damit seit Beginn des Krieges im Herbst 2023 etwa 90 Prozent der mehr als zwei Millionen Einwohner mindestens einmal vertrieben – viele von ihnen mehrfach.

Die israelische Armee ruft regelmäßig dazu auf, bestimmte Gebiete zu verlassen, bevor militärische Operationen beginnen. Zuletzt betraf das große Teile der südlichen Stadt Rafah. Israel begründet das Vorgehen mit dem Ziel, Stellungen und Infrastruktur der islamistischen Hamas zu zerstören.

Blockierte Hilfslieferungen und wachsende Not

Gleichzeitig spitzt sich die humanitäre Lage weiter zu. Seit mehr als einem Monat lässt Israel keine lebenswichtigen Hilfsgüter mehr in das abgeriegelte Gebiet. Das UNRWA spricht von der „längsten vollständigen Blockade seit Beginn der Kämpfe“. Nach Einschätzung internationaler Hilfsorganisationen verschärft sich die Notlage dadurch dramatisch. Sie warnen davor, humanitäre Hilfe als Mittel der Kriegsführung einzusetzen. Israel wiederum betont, die Vorräte reichten noch für mehrere Wochen – unter der Voraussetzung, dass sie nicht von der Hamas beschlagnahmt würden.

Das UNO-Menschenrechtsbüro in Genf äußerte sich am Freitag mit ungewöhnlich deutlichen Worten. Es gebe „ernsthafte Anzeichen“, dass Israel Bedingungen schaffe, die mit dem „Fortbestand der palästinensischen Bevölkerung als Gruppe im Gazastreifen unvereinbar“ seien. Besonders der jüngste Evakuierungsaufruf in Rafah sei besorgniserregend, so Sprecherin Ravina Shamdasani. Man befürchte, dass eine Rückkehr der Menschen verhindert werden solle, etwa durch die Errichtung einer israelischen Pufferzone. Eine solche Zwangsvertreibung verstoße gegen die Genfer Konventionen und könne ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen.

Zivile Opfer bei Angriffen

Unterdessen dauern die Angriffe auf den Gazastreifen an. Bei einem israelischen Luftschlag auf ein Wohnhaus in Khan Younis kamen nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa zehn Mitglieder einer Familie ums Leben. In Beit Lahia im Norden wurden bei einem weiteren Angriff zwei Menschen getötet. Die israelische Armee kündigte an, die Berichte zu prüfen. Unabhängige Bestätigungen lagen zunächst nicht vor.

Auch im Norden rief die israelische Armee heute erneut Zivilisten zur Flucht auf – diesmal in mehreren Vierteln der Stadt Gaza. Dort sollen laut Militärangaben Einrichtungen der Hamas zerstört werden. Die Lage im Gazastreifen bleibt mehr denn je katastrophal.