Auszeichnung

Thomas Bauer erhält Sachbuchpreis für Geisteswissenschaften

Der Münsteraner Arabist Thomas Bauer hat den erstmals verliehenen Sachbuchpreis für Geisteswissenschaften erhalten. Die Auszeichnung ist mit 40.000 Euro dotiert.

08
06
2019
Thomas Bauer
Thomas Bauer erhält Sachbuchpreis für Geisteswissenschaften

Mit dem „WISSEN! Sachbuchpreis der wbg für Geisteswissenschaften“ wird das Buch „Warum es kein islamisches Mittelalter gab“ von Thomas Bauer (C. H. Beck) ausgezeichnet. Das Buch zeigt, wie in der Zeit des europäischen Mittelalters in der islamischen Welt die antike Zivilisation mit florierenden Städten und Wissenschaften weiterlebte. Der Preis ist mit 40.000 Euro dotiert und wurde am 5. Juni in Berlin vergeben.

Die 85.000 Mitglieder der wbg, der Buchhandel sowie eine hochkarätige Jury haben den Preisträger in einem dreistufigen Verfahren ausgewählt. In seiner Dankesrede warnte Thomas Bauer vor einer Verwahrlosung der geisteswissenschaftlichen Bildung.

„Das Buch von Thomas Bauer erfüllt im besten Sinne die Kriterien des Preises und hat nicht nur die wbg-Mitglieder, die Buchhändlerinnen und Buchhändler, sondern auch die Jury besonders überzeugt: Es ist didaktisch originell, im Detail anschaulich und gut erzählt, zudem erfüllt es wissenschaftliche Kriterien“, so Peter Frey (ZDF), Mitglied der Jury des „WISSEN! Sachbuchpreises der wbg für Geisteswissenschaften“ in seiner Laudatio.

„Die rege Beteiligung am Auswahlverfahren und die große Resonanz auf die erste Vergabe des Preises bestätigt den Stellenwert verständlich geschriebener, geisteswissenschaftlicher Sachbücher. Das zeigte sich bereits im Januar an der Vielzahl von Titeln und der Breite an Themen, die es auf die Longlist geschafft hatten. Die wbg freut sich, mit dem höchstdotieren Sachbuchpreis die wichtige Rolle der Geistes- und Sozialwissenschaften in der Gesellschaft auch in aktuellen Debatten sichtbar zu machen“, so Dirk H. Beenken, Geschäftsführender Direktor der WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft).

Bauer ist seit dem Jahr 2000 Professor für Islamwissenschaft und Arabistik an der Universität Münster. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Kultur- und Mentalitätsgeschichte der arabisch-islamischen Welt sowie die klassische arabische Literatur. Zudem ist er Mitglied des Exzellenzclusters „Religion und Politik“. 2013 wurde Bauer mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Tarik sagt:
Bassam Tibi dürfte sich wieder darüber ärgern. Umso besser, denn dessen These, wonach der "rationàle averroismus" und der "muatezilitische rationalismus" durch eine "strenge orthodoxie" unterdrückt wäre, und demnach die islsmische welt nach dem 12.jahrhundert geistig verfiel, hat Thomas Bauer bereits in seinem Vorwerk eindrucksvoll und machvollziehbar widerlegt. Daneben seien noch andere Forscher zu nennen, wie Dimitri Gutas, Robert Wisnevsky, Wael Hallaq oder Steve Kepnes, Als thomas Bauer für seine "ambiguitätstheorie" den höchsten deutschen wissenschaftspreis erhielt, sah sich Tibi dazu veranlasst, eine giftige polemik in form eines essays zj veröffentlichen, in dem er über die Islamwissenschaft an sich herzog. Auch diese Polemik wurde wunderbar als solche enttarnt und widerlegt vom Experten für islamische Philosophie, Ulrich Rudolph. Auf akademischem Gebiesind die Verkünder eine "säkularen euro-islam" a la Tibi und al-jabri schon längst überholt und in Misskredit geraten, daher tummeln sie sich eher in liberal-konservativen feuilletons oder tslkshows, die ihre (widerlegten aber widergekäutwn) thesen dankbar annehmen. Über diese Lücke zwischen aktuellem Forschungs und Wissensstand bzgl. Des Islams und der Mainstream gibt es auf qantara.de einen erhellenden Artikel mit dem Titel "laute Islamkritiker, leise Islamversteher" Glückkwunsch an Herrn Bauer für den völlig zurecht verdienten Preis
10.06.19
0:24
Johannes Disch sagt:
@Tarik Dass sich Bassam Tibi darüber ärgert ändert nichts daran, dass der Preis für Thomas Bauer verdient ist. Bauers Bücher gehören zum besten, was man zum Thema lesen kann. Den frühen Tibi habe ich geschätzt und schätze ihn nach wie vor. Inzwischen ist er aber leider sehr unsachlich, gerade Thomas Bauer gegenüber.
12.06.19
11:22
Tarik sagt:
Bassam Tibi gehört ebenso wie al-Jabri, Nasr Hamid Abu Zaid, Mohammad Arkoun und andere, zu einer Riege von modernen Denkern, die leider ein relativ eingeschränktes Islamverständnis haben (sowohl historisch als auch philosophisch). Mal ganz davon abgesehen, dass sie einem Verständnis von Moderne hinterherlaufen, das heute auch nicht mehr up to date ist. Wir befinden uns heute nämlich in der Postmoderne und ja, auch Postaufklärung. Die Liste westlicher Philosophen, die zig Aspekte der "Moderne" kritisiert haben, ist lang. Erinnern wir uns bsp. ans Max Horkheimers Kritik an der "instrumentellen Vernunft", die dem Menschen letztlich zum Idioten seiner eigenen Instrumente werden lässt. Inzwischen fällt sogar die Künstliche Intelligenz im Strafgericht auf der Basis von Algorithmen und Vorhersagen Rechtsurteile - vgl. dazu den neuesten FAZ Artikel vom 11.06. über "künstliche Intellienz im Strafrecht" der USA. Im Islam hat 'aql - Verstand, Vernunft, Intellekt - eine sehr viel umfassendere Bedeutung, als es moderne "Averroisten" heute anwenden und beinhaltet auch Selbstprüfung, Selbsthinterfragung und Selbstbeherrschung und nicht nur Effizienz, Bequemlichkeit, Selbstverwirklichung, etc. Tatsächlich ist der Islam philosophisch betrachtet eine Synthese zwischen Aristoteles und Platon, wobei bei genauerem Blick letzterer mehr Gewicht hat. Philosophen wie Henry Corbin haben dies sehr gut verstanden, auch Seyyed Hossein Nasr sei zu nennen. Wenn man solche Autoren liest, sieht man, was Dem Tibi'schem Ansatz fehlt. Denn der islamische Ansatz sieht ein harmonisches Gleichgewicht zwischen dem Körper (jism), dem Intellekt ('aql), dem Ego (nafs) und der Seele (ruh). Die Rolle des Intellekts, des Verstands ist es, für Gleichgewicht zu sorgen und nicht, wie es der Dichter und Maler William Blake vor Jahrhunderte ausdrückte, in der Unterdrückung der anderen Aspekte der menschliche Psyche. Islamisch betrachtet kann nur ein Westen mit dem richtigen Verständnis von "Vernunft" (s.o.) zu einem "Al-insan al-kamil" werden.
13.06.19
16:38
Johannes Disch sagt:
@Tarik (13.06.19, 16:38) Danke für ihre interessanten Erläuterungen. So macht die Diskussion hier Sinn, da man etwas dazu lernt.
14.06.19
13:19