Muslimbruderschaft in Ägypten

Steinmeier verurteilt Massenprozess

In einem schnellen Gerichtsprozess wurden 529 Muslimbrüder in Ägypten zum Tode verurteilt. Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Urteil als Verstoß gegen Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte. Führende deutsche Politiker, wie der Bundesaußenminister prangern den Gerichtsprozess ebenfalls an.

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03
2014
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Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat die Todesurteile in Ägypten gegen 529 mutmaßliche Muslimbrüder kritisiert. Der SPD-Politiker übte zudem scharfe Kritik an dem Gerichtsverfahren in Ägypten. „Die Urteile und Gerichtsverfahren widersprechen internationalen rechtsstaatlichen Standards und menschenrechtlichen Grundsätzen“, sagte Steinmeier. Er appellierte an die ägyptische Justiz, das Urteil aufzuheben und den Angeklagten ein faires Verfahren zu gewähren. Um eine weitere Spaltung und Destabilisierung des Landes zu verhindern, empfiehlt Steinmeier einen „inklusiven politischen Prozess und den Beginn einer Politik nationaler Verständigung und Aussöhnung.“

Am Montag wurden nach einem zweitägigen Gerichtsprozess 529 Menschen zum Tode verurteilt. 16 Beschuldigte wurden freigesprochen. Die Anklage warf den Verdächtigen vor, bei schweren Unruhen im vergangenen August Polizeistationen und Regierungsgebäude in der Provinz Minya angegriffen und Kirchen in Brand gesteckt zu haben. Dabei seien ein Polizeioffizier getötet und vier Beamte verletzt worden.

Weitere Prozesse sollen folgen

Die Proteste waren eine Reaktion auf die brutalen Angriffe des Militärs gegen zwei Protestlager der Muslimbruderschaft in Kairo gewesen, bei dem Hunderte Menschen getötet wurden. Die Anwälte der Angeklagten kritisierten, dass ihr Plädoyer vor Gericht nicht zugelassen und auch die Öffentlichkeit aus dem Prozess ausgeschlossen wurde. Sie kündigten daher Revision an.

Dieses in der Justizgeschichte Ägyptens bisher einzigartige Massenurteil soll jedoch kein Einzelfall bleiben. Im Laufe dieser Woche werden zusätzliche Schnellurteile gegen weitere 680 Angeklagte erwartet, darunter auch gegen den Vorsitzenden der Muslimbruderschaft Mohammed Badie. Der Prozess gegen den Anführer der Muslimbruderschaft wurde gestern aufgenommen. Insgesamt stehen mehr als 1200 Muslimbrüder vor Gericht. Der Gerichtsprozess gegen den vom Militär geputschten Ex-Präsidenten Muhammad Mursi steht zudem weiterhin aus.

Kein rechtsstaatliches Verfahren

„In zwei Tagen kann man kein rechtsstaatliches Verfahren durchführen. Und das, was im Moment in Ägypten passiert, diskreditiert das Konzept der Demokratie“, erklärte die Grünenpolitikerin und stellvertretende Bundestagspräsidentin Claudia Roth, in einem Interview mit dem Deutschland Radio. Sie forderte zudem mehr internationalen Druck auf die Machthaber und das Militär in Ägypten.