Moscheeanschläge - der Alltag danach

„Wir wurden alleine gelassen!“

Brandanschläge, Schmierereien, eingeschlagene Fensterscheiben, verwüstete Gebetsräume und Bombendrohungen. Die Angriffe auf Moscheen häufen sich – und hinterlassen Spuren. So wie in Lauffen. IslamiQ hat die Gemeinde vor Ort besucht.

09
03
2020
IGMG-Moschee in Lauffen
IGMG-Moschee in Lauffen

Der 09. März 2018 ist für die Akşemsettin Moschee der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) in Lauffen wohl ein unvergesslicher Tag, der schlimme Erinnerungen hervorruft. Denn an diesem Tag verübten mehrere Täter einen Brandanschlag auf die Moschee – während sich der Imam und seine Frau in dem Gebäude befanden.

Die Bilder und Videos, die die Täter später ins Netz gestellt hatten zeigen, wie brutal und aggressiv der Angriff durchgeführt wurde. Mit mehreren Molotowcocktails wurden die Scheiben der Moschee beworfen und eingeschlagen. Der Anschlag soll aus Protest gegen die türkische Millitäroffensive verübt worden sein. Die Täter wurden zu Freiheitsstrafen von 2,5 – 3 Jahren verurteilt.

Die IGMG verurteilte die Tat aufs schärfste und beschrieb den Angriff als feige und niederträchtig. „Es ist nur dem Zufall zu verdanken, dass nichts Schlimmeres passiert ist, da sich während der Tatzeit schlafende Personen in den Wohnungen über der Moschee befanden“, erklärte Bekir Altaş, IGMG-Generalsekretär. Als islamische Religionsgemeinschaft seien sie sehr besorgt über die steigende Brutalität der Angriffe auf Muslime und ihre Einrichtungen gewesen.

„Ein Anschlag in Lauffen? – Niemals!“

Doch wie geht es der Gemeinde zwei Jahre nach der Tat, wie fühlen sich die Gemeindemitglieder und was hat sich verändert? Wir sprachen mit der Moscheegemeinde.

„So eine Tat hätten wir uns in Lauffen niemals vorstellen können“, erzählt der 25-jährige Semih Aydoğmuş, der in der Tatnacht einer der ersten vor Ort war. Zwei Jahre ist es nun her, dass die Moschee angegriffen wurde und immer noch habe er bedenken, dass dieser Angriff sich wiederholen könnte. In der Nacht hatte Semih einen Anruf vom Imam bekommen. „Du muss sofort zur Moschee kommen. Beeil dich. Hier wurde ein Anschlag verübt. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich habe niemanden erreichen können.“

Das Trauma und die Angst einer Wiederholung solch eines schlimmen Vergehens war viel zu groß, so dass der Imam zum Schutz seiner Familie seine Versetzung beantragt hatte. Verständlich für die Moscheegemeinde, die seitdem auch immer wieder mit Ängsten zu kämpfen hat.

Moschee fordert Schutz

Nachdem der Imam versetzt wurde, kam Rahim Murat. Ein junger Imam. Auch er fühlt sich aufgrund der steigenden Islamfeindlichkeit und den Angriffen auf Moscheen unsicher. „Vor allem, wenn ich in der Früh zum Morgengebet komme“, erklärte er gegenüber IslamiQ. Ihm zufolge müssten die Sicherheitsmaßnahmen gegenüber Muslime verstärkt werden, da sich die Gemeindemitglieder schutzlos und angreifbar fühlen.

Nach dem Anschlag haben viele ihre Solidarität gezeigt, Mahnwachen abgehalten, Blumen hinterlassen und Beileidsbekundungen ausgesprochen. Auch die Stadtgemeinde in Lauffen sei zutiefst erschüttert gewesen. „Wir gehören zusammen, dass Gefühl hat uns die Stadt Lauffen gegeben“, sagt Yaşar Tokmak, Vorsitzender der Moscheegemeinde.

„Wir wurden alleine gelassen!“

Doch ein bitterer Beigeschmack bleibt weiterhin, denn nach dieser schrecklichen Tat durfte die Moscheegemeinde aus Gründen der Privatsphäre keine Überwachungsvideos anbringen. „Wir würden gegen die Privatsphäre anderer verstoßen, doch wie sollen wir uns schützen?“, beklagt Tokmak weiter.

Die Moscheegemeinde fühlt sich alleine gelassen. Trotz Solidaritätsbekundungen gab es seitens der Stadt oder der Polizei keine Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen oder vergleichbare Bemühungen. Was bleibt ist die Hoffnung, dass sich so ein Anschlag nicht wiederholt, die Angst, dass Schlimmeres geschehen könnte und die Frage – wie geht es nun weiter?

Leserkommentare

Kritika sagt:
L.S. Die Polizei wäre überfordert, alle Gebäude, -- deren Besitzer sich durch ihr Benehmen Feinde zugezogen haben-- nun auf Kosten des Steuerzahlers zu schützen. Dafür gibt es private " Wach und SchliessGesellschaften ". Friedliche Sekten Jehova Zeugen, Heilsarmee Baptisten - - - brauchen diese nicht. Unfriedliche zB. Muslims offensichtlich schon.
09.03.20
23:48
Ethiker sagt:
Man muss die muslimischen Verbände nicht verstehen. Haben sie wirklich erwartet nachdem ihre Gebetsräume mit Stiefeln und Hunden gewaltsam betretet und durchsucht worden sind, dass man ihnen helfen wird ? Naivität auf höchstem Niveau.
11.03.20
14:53
IsamFrei sagt:
Liebe Lauffener, Kameras, die den öffentlichen Bereich filmen oder fotografieren, die sind in vielen Gemeinden verboten. Solche Verbote gelten automatisch auch für Muslims. Das zur Moschee gehörende Grundstück,und Innenräume, darf man üblicherweise filmen. Die brauchen dann nur noch ein Warnschild: z.B. mit Kamera-Symbol. Für Türen und Fenster gibt es super- stabile Beschläge und Schösser, Für Glas: Molotow feste Schutzgitter. An Stelle bereits ein Jahr lang zu jammern, - - und die Moschee -Freunde haben noch immer Angst für den nächsten Einbruch - - hätten die handwerksbegabten unter den Muslims aus Lauffen längst ihr Vereinslokal professionell verrammeln können. IslamFrei
18.03.20
19:37