Debatte

Frankreich debattiert um angemessenen Umgang mit Islam

In Frankreich überschlagen sich die Ereignisse um den Islam. Macron scheint machtlos gegen die Spaltung der Bevölkerung.

31
10
2019
Moschee
Frankreich

Frankreich ist das europäische Land mit den meisten Muslimen: Schätzungen zufolge sechs Millionen. Trotzdem tut sich das Land schwer, einen angemessenen Umgang mit dem Islam zu finden. Derzeit erlebt die Debatte wieder einen Höhepunkt.

Mitte September forderte ein Abgeordneter der rechtsnationalen Partei Rassemblement National, dass eine muslimische Mutter, die eine Schulklasse begleitet, ihr Kopftuch abzunehmen habe. Am Montag nun verletzte ein 84-jähriger Anhänger des Rassemblement National zwei Menschen vor einer Moschee im südfranzösischen Bayonne, die er anzünden wollte.

„Unbedenklichkeitszertifikate“ für Imame

Im Spannungsfeld zwischen Populismus, Islamfeindlichkeit und der Trennung von Staat und Kirche scheint die Debatte um den Islam zum gesellschaftlichen Pulverfass zu werden. Staatspräsident Emmanuel Macron tat am Dienstag alles, um wieder Herr der Diskussion zu werden. Am Montagabend traf er sich mit dem Französischen Islamrat (CFCM). Auf der Agenda standen das Kopftuch und weitere Maßnahmen.

Künftig soll demnach ein Gremium Unbedenklichkeitszertifikate für Imame ausstellen. Wenn Inhalte ihrer Reden aber französischen Gesetzen widersprechen, soll dieses Zertifikat entzogen werden können.

Macron tut sich mit dem Thema Islam schwer. Zu Beginn seiner Amtszeit 2017 hatte er einen „großen Diskurs“ zur Trennung von Staat und Religion angekündigt; den hat es bislang nicht gegeben. Anfangs stürzte sich der Präsident enthusiastisch auf das Thema. Er traf Religionsvertreter, nahm an Themenveranstaltungen teil und wollte dem Verhältnis von Staat und Kirche neue Nuancen geben. Laizismus sollte, so der Präsident, „inklusiver“ werden.

Heftige Debatten um Kopftuch und Islam

Sichtbare religiöse Symbole sorgen seit Jahren für heftige Debatten im Land. Zur Freibadsaison wird über den Burkini gestritten. Zurzeit sorgt das Kopftuch für eine hitzige Debatte. Für Schüler ist es schon seit 2004 verboten. Sollte es dann nicht auch für muslimische Mütter untersagt sein, die als Begleitpersonen bei Schülerausflügen mitfahren? Ja, finden rechte Abgeordnete.

Im Senat brachte nun ein Abgeordneter der Republikaner einen entsprechenden Gesetzesvorschlag ein. Bildungsminister Jean-Michel Blanquer, der zuvor noch erklärt hatte, das Tragen eines Kopftuchs sei „in unserer Gesellschaft nicht erwünscht“, bezeichnete die Eingabe aber nun als „kontraproduktiv“. Man erreiche damit nicht das Ziel, die Familien enger an die Schulen zu binden.

Macron ruft zur Einheit auf

In einer jüngsten Umfrage des Ifop-Instituts für das „Le Journal du Dimanche“ wünscht sich die Mehrheit der Befragten ein weitergehendes Verbot religiöser Zeichen in der Öffentlichkeit. 78 Prozent der Befragten sehen das französische Modell der Trennung von Kirche und Staat „in Gefahr“.

Der Politologe Philippe Portier sprach in der Zeitung „La Croix“ von eine „schwierigen“ Polarisierung der Gesellschaft zwischen Säkularen und Religionsangehörigen. Frankreich sei kein Land mit „homogener“, größtenteils „katholisch-laizistischer“ Bevölkerung mehr.

Diese gesellschaftliche Vielfalt stellt das französische System von vor mehr als 100 Jahren vor neue Herausforderungen. Macron befürchtet eine Stigmatisierung muslimischer Franzosen und ruft zu Einheit ein – doch die Bevölkerung erwartet mehr von ihm. Mit seiner emotionalen Ansprache konnte er vor zwei Jahren noch punkten. Inzwischen wird er an dem gemessen, was er erreicht hat. (KNA/iQ)

Leserkommentare

Ethiker sagt:
Bevor solche Aktionen angetreten werden, sollte zuerst die historische Rolle Frankreichs mit dem Islam der letzten 200 Jahren beleuchtet werden. Viele Probleme sind genuin aus Frankreich hervorgekommen. Andernfalls nimmt man es den Französischen Institutionen nicht ab.
31.10.19
23:52
Kritika sagt:
L.S. " Sollte es [ das Kopftuch ] dann nicht auch für muslimische Mütter untersagt sein, die als Begleitpersonen bei Schülerausflügen mitfahren? Ja, finden rechte Abgeordnete. Um gegen die dauer-Kopftuch-Provokation zu sein, braucht man nicht 'rechts ' zu stehen, wie Islamiq fälschlicherweise behauptet. Dieser Standpunkt ist vielmehr deutlich neutral- liberal, und Islam-Ablehnend. Gruss, Kritika
01.11.19
1:48
Wahrheit sagt:
Ich finde das einfach alles lustig (aber gleichzeitig sehr traurig) was es da alles passiert in Moment. Liebe Kritika, wollen Sie mir bitte erklären warum ist ein Kopftuch, den von einer Muslima getragen ist eine Provokation, eine Gefahr oder was noch, und warum ist es keine Provokation oder religiöses Symbol, wenn den gleichen von eine Nonne getragen ist? In der Kirche (oder meisten Kirchen) die heilige Maria (für die Christen) - hazreti Meryem, Isa a.s Mutters (für die Muslime) ist mit einem Kopftuch dargestellst und niemand beschwert sich? Draußen eine Muslima trägt einen Kopftuch...mmm... ist eine Terroristin, Extremistin, Radikalisiert usw ? Logisch oder? (Ganz einfache Fragen, die erklären den Unterschied zwieschen Respekt und Razismus/Xenophobie oder besser gesagt Dummheit und Ignoranz). Der Herr. Macron sollte sich mal erinnern, was in seinem schönen Paris im 1948 unterschrieben wurde, nähmlich die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (A/RES/217, UN-Doc. 217/A-(III)) oder kurz AEMR[1], eine Resolution der Vereinten Nationen zu den Menschenrechten. Sie wurde am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Palais de Chaillot in Paris verkündet). Dort ist schon alles schön und gut erklärt, was es zu erklären gibt. Es gibt genügend wahre Probleme da draußen! Hör mal bitte auf Probleme zu erschaffen! Leute aufwachen! Gott hat euch den Verstand gegeben, um den zu benutzen und nicht um ein Schaf zu sein und egal welsche dumme Ideologie zu folgen. Gruss, Wahrheit
12.11.19
11:02