MUSLIMISCHE AKADEMIKER

Islamische Begriffe im öffentlichen Diskurs

Akademiker widmen sich den wichtigen Fragen unserer Zeit. IslamiQ möchte zeigen, womit sich muslimische Akademiker aktuell beschäftigen. Heute Mohammed Saif über islamische Schlüsselwörter im öffentlichen Diskurs.

30
03
2019
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Islamische Begriffe Mohammed Saif
Mohamed Saif © Privat, bearbeitet by IslamiQ.

IslamiQ: Können Sie uns kurz etwas zu Ihrer Person und ihrem akademischen Werdegang sagen?

Mohammed Saif: Mein Name ist Mohammed Saif, ich bin verheiratet und habe drei Kinder. In Ägypten geboren und aufgewachsen, habe ich nach der Schule Germanistik an der Sprachen-und Übersetzungsfakultät der Al Azhar Universität in Kairo studiert. Nach dem Studium habe ich dort als Deutschlehrer in staatlichen und privaten Schulen gearbeitet und mein Masterstudium abgeschlossen. Im Februar 2018 habe ich meine Promotion an der Universität Mannheim erfolgreich beendet.

IslamiQ: Können Sie uns Ihre Dissertation kurz vorstellen?

Saif:  Meine Dissertation „Islam im öffentlichen Diskurs“ geht der Frage nach, mit welchen sprachlichen Mittel der Islam im öffentlichen Diskurs konstituiert wird. Hierfür wurde ein Korpus aus überregionalen Medientexten erstellt und qualitativ analysiert. Die Auswertung des gesamten Korpus weist darauf hin, welche inhaltlichen Merkmale im Islamdiskurs sprachlich nachweisbar sind und sich stets wiederholen. Schlüsselwörter wie Islam, Islamismus, Islamisierung, Muslim, Dschihad, Scharia oder Koran wurden detailliert analysiert und entstandene Stereotype rekonstruiert. Des Weiteren wurden Metaphern und Konzepte, die sich im Islamdiskurs abbilden lassen, untersucht. Anhand der Iranischen Revolution 1978/79, dem 11. September 2001 und dem Arabischer Frühling 2011 hat die vorliegende Arbeit gezeigt, wie der Islam in unterschiedlichen Zeitabständen wahrgenommen wurde und inwieweit gesellschaftspolitische Ereignisse und Auseinandersetzungen die Thematisierung des Islams beeinflussen konnten.

IslamiQ: Warum haben Sie dieses Thema ausgewählt? 

Saif: In meiner Masterarbeit habe ich über die islamischen Begriffe im Duden Universalwörterbuch geforscht. Schon da merkte ich, dass die islamischen Begriffe in den deutschen Lexika nicht entsprechend ihrer Bedeutung im Arabischen wiedergegeben wurden. Während der Masterarbeit stellte sich die Frage, wie der Islam und seine zentralen Begriffe in der Öffentlichkeit dargestellt werden. Das war der Ausgangspunkt für meine Dissertation.

IslamiQ: Haben Sie positive/negative Erfahrungen während Ihrer Doktorarbeit gemacht?

Saif: Trotz der Schwierigkeiten während der Doktorarbeit würde ich die gesamte Phase positiv bewerten. Ich habe in dieser Zeit viel gelernt. Neben der finanziellen Unterstützung im Sinne eines Stipendiums seitens der Konrad-Adenauer Stiftung, war auch die Unterstützung meiner Familie in Ägypten und in Deutschland ein wichtiger Grund, voranzukommen. Das Thema selbst hat mich immer wieder angezogen. Die Doktorarbeit war für mich wie mein kleines Kind, das allmählich in meinen Händen wuchs.

IslamiQ: Inwieweit wird Ihre Doktorarbeit der muslimische Gemeinschaft in Deutschland nützlich sein?

Saif: Es ist sehr wichtig zu verstehen, wie der Islam und die Muslime im Diskurs wahrgenommen werden, welche Argumentationen und Deutungsmuster gebraucht werden und welche sprachlichen Formulierungen benutzt werden. Das könnte als eine Grundlage für ein richtiges Agieren dienen. Außerdem zeigt die Arbeit, wie zentrale Schlüsselwörter im Islam wie Dschihad, Scharia, Koran u. a. im Diskurs gedeutet werden. Diese Erkenntnisse führen dazu, dass sich die muslimische Gemeinschaft bewusst wird, wie sie im Mediendiskurs dargestellt wird und wie sie sprachlich handeln könnte. Die sprachliche Auswahl wäre in diesem Fall der Ausgangspunkt. Die Untersuchung wäre zugleich ein Appell an alle Diskursakteure, sich den sprachlichen Gebrauch einer Diskursgemeinschaft, bewusst zu machen. Ein wichtiges Resultat, das aus der Arbeit gezogen werden könnte, ist, dass die muslimische Gemeinschaft ihre Schlüsselwörter selbst definiert, um neben den vielen Darstellungen „der Muslime“ auch mal eine eigene Selbstdarstellung anbietet.

Das Interview führte Muhammed Suiçmez.