Stellungnahme

„Religionspolitische Entwicklungen zu Muslimen besorgniserregend“

Im November startete die vierte Phase der Deutschen Islamkonferenz. In einer Stellungnahme äußerte sich der Islamrat zu den Impulsen der Auftaktveranstaltung. Die Politik greife zunehmend in den Geltungsbereich der Religionsgemeinschaften ein.

28
02
2019
Stellungnahme Islamkonferenz Islamrat
Stellungnahme Islamkonferenz Islamrat

Die Beziehungen zwischen Staat und islamischen Religionsgemeinschaften sind geprägt von Übergangslösungen, Modellversuchen und Sonderregelungen. Hinzu kommt, dass der Staat als Akteur sich zunehmend in innere Angelegenheiten der islamischen Religionsgemeinschaften einmischt. So sieht es der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland, der in seiner am Dienstag veröffentlichten  15-seitigen Stellungnahme zur Auftaktveranstaltung der Deutschen Islamkonferenz (DIK) vor einer Fortführung dieser Politik warnt.

„In letzter Zeit beobachten wir jedoch mit Sorge, wie Forderungen hinsichtlich einer Intervention des Staates in die Belange und den verfassungsrechtlichen Geltungsbereich der islamischen Religionsgemeinschaften äußern“, erklärt Burhan Kesici, Vorsitzender des Islamrats in einer Pressemitteilung.

Am Beispiel des islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen sei dies gut zu erkennen: „In zahlreichen Ländern wurden und werden verfassungsrechtlich bedenkliche Modelle erprobt.“ Diese Modelle seien darauf aus, die Mitwirkung der islamischen Religionsgemeinschaften möglichst klein zu halten. „Die jüngsten Vorstöße in Hessen und Baden-Württemberg verstoßen in diesem Sinne sogar offen gegen die Verfassung. Beide Landesregierungen schicken sich an, islamischen Religionsunterricht zu erteilen.“

Imamausbildung ist Sache der Religionsgemeinschaften

Auch in der Frage der Frage der Imamausbildung sollte sich die Politik von verfassungswidrigen Vorstellungen nicht verleiten lassen.“ Jedoch sehen wir auch in diesem Punkt ähnliche Bemühungen. Die Imamausbildung ist und bleibt Sache der Religionsgemeinschaften. Wir lehnen jede Form der staatlichen Einmischung in ihre Ausbildung und in ihr Beschäftigungsverhältnis ab“, erklärt Kesici. In einzelnen Punkten der Imamausbildung könne man sich jedoch Kooperationen mit staatlichen Einrichtungen vorstellen. Inhalte und Umfang einer möglichen Zusammenarbeit müssten sich nach Vorstellungen der islamischen Religionsgemeinschaften orientieren.

Einladung von „Islamkritikern“ stößt auf Ablehnung

Deutliche Kritik übte Kesici zur Erweiterung der Teilnehmer der DIK aus. „Unter den Teilnehmenden der Auftaktveranstaltung befinden sich jedoch auch Personen, die als sogenannte ‚Islamkritiker‘ auftreten, sich in der Regel jedoch islamfeindlich äußern.“ Deren Mehrwert für die Islamkonferenz habe sich dem Islamrat in der Vergangenheit nicht erschlossen, woran sich auch zu Beginn der vierten DIK-Phase nichts geändert habe. „Diese Personen und Personenkreise tragen seit vielen Jahren maßgeblich mit dazu bei, dass antimuslimischer Rassismus und Vorurteile gegenüber Muslimen zunehmen“, so Kesici weiter.

Durch die Einladung von sog. „Islamkritikern“ stößt die Islamkonferenz bei vielen Muslimen in Deutschland auf Ablehnung, sie wird nicht ernst genommen und als politische Showveranstaltung abgetan. Das Thema des antimuslimischen Rassismus wurde trotz seiner besorgniserregenden Verbreitung überhaupt nicht angesprochen.

Ministerium zeigt Interesse an sozialen Themen

Für den Islamrat sei aus der Auftaktveranstaltung das Interesse des Ministeriums an sozialen Themen und die Befreiung der DIK vom zuvor immer wieder dominierenden Sicherheitsdiskurs positiv hervorzuheben. Ebenso positiv bleibe die sprachliche ‚Anerkennung‘ der islamischen Religionsgemeinschaften in Erinnerung“, sagte Kesici weiter.

Leserkommentare

gregek sagt:
In dem Artikel kommt wiederholt das Gejammer der Islamverbände zu Vorschein. Diese haben wohl immer noch nicht begriffen, dass sie lediglich einen Bruchteil der hiesigen Muslime repräsentieren. Ebenso belegen die Äußerung von Hr. Kesici die Gleichsetzung von Kritik mit Rassismus. Auch Kritiker sind Bestandteil des Islams. Solange Islamverbände diese als feindseelig erachten, leugnen sie die Vielfalt ihrer eigenen Religion.
28.02.19
21:38
Stratmann sagt:
Ich wiederhole hier - es passt genau zu dem Artikel - zum soundsovielten Mal die Bitte, dass IslamiQ über das HOUSE of ONE in Berlin informiert und eine orientierende Stellungnahme abgibt - entweder hier in der täglichen Mail oder auch privat an meine Mailadresse. Ist es Feigheit, dass IslamiQ nicht informieren und eine orientierende Stellungnahme nicht abgeben will? Ich selber halte interreligiösen Dialog für unbedingt notwendig und sinnvoll - aber in ehrlicher Form, wo man sich auch über heiße Eisen austauscht. Friede, Freude, Eierkuchen allein bingen uns nicht weiter. Das HOUSE of ONE halte ich aus vielerlei Gründen für kontraproduktiv. Wenn IslamiQ vielleicht meine ausführliche Stellungnahme bringen würde, könnte ich eine bereitstellen. Hier nur mal zwei Gesichtspunkte: Ursprünglich war der Kulturstaatssekretär des Regierenden Bürgermeisters Wowereit spiritus rector des Projekts, zunächst als Politiker. (Als Steuerbetrüger musste er sich dann zurückziehen.) Wieso stellen sich die drei konfessionellen Trägergruppen als Vertreter von drei Religionen hin? Vertreter werden gewöhnlich delegiert, selbsternannte Vertreter sind von vornherein suspekt; und wenn dann auch noch der Staat sich in Religionsfragen einmischt, wird es noch brenzlger. Hat man in Berlin die stärksten muslimischen Religionsverbände gefragt, ob sie sich durch den beteiligten Imam vertreten lassen wollen? Sind die konservativen und orthodoxen Juden gefragt worden? Die mitgliederstärkste Kirche ist immer noch die katholische; sie ist nicht beteiligt. In Berlin ist weniger als die Hälfte der Einwohner Mitglied einer Religionsgemeinschafft. Wieso kann das Land Berlin - das sich in Religionsfragen raushalten muss - einseitig für solch kultisches Projekt HOUSE of ONE kostenlos den Grund und Boden zur Verfügung stellen? Nach dem Grundgesetz muss sich der Staat in Religions- und Weltanschauungsfragen neutral verhalten! GRUNDGESETZWIDRIG wollen das Land Berlin und der Bund Millionen für dies Projekt bereitstellen. Das riecht nach KORRUPTION. - Nochmals: Ich bin für interreligiösen Dialog auf gleicher Augenhöhe, aber der Staat darf nicht in irgendeiner Form die einen Grüppchen bevorteilen, erst recht nicht bei kultischen Gebäuden. Der Staat kann seinen Beitrag leisten, indem er zum Beispiel in Volkshochschulen, Akademien, Landeszentralen für politische Bildung usw. mehr religionsübergreifende Seminare und Diskussionsforen anbietet.
28.02.19
23:49
Kritika sagt:
L.S. Der Berichtsschreiber ist der Meinung: » Beide Landesregierungen ( Hessen und Baden-Württemberg [ Kritika ] ) schicken sich an, islamischen Religionsunterricht zu erteilen. « Das Unterrichten kritikloser Kinder ist zu wichtig, als das die BRD es einer Ideologie übertragen kann, welche, in den von ihr bereits beherrschten Staaten, zwar Gewalt aber weder Demokratie noch Bürgerrechte kennt. Diejenigen, die eine staatliche Hoheit über schulischen Unterrichtsstoff anstreben sind mittels Wahlen dazu autorisiert. Eine MiniSekte, der das nicht passt, hat sich dennoch danach zu richten. Gruss, Kritika
01.03.19
0:12
Frederic Voss sagt:
Der Islamrat e.V. betreibt Glaubensunterweisung und Lobbyarbeit verschiedenster Art und tritt für die Einheit des Islam ein. Dazu gehört u.a. auch, dass Schächten als Ausnahmeregelung salonfähig werden soll. Der Vorsitzende Burhan Kesici machte zudem die Haltung des Islamrats zur Homosexualität in einem Radiointerview deutlich, indem er betonte, daß der Islam sowas nicht akzeptiere. Das Oberverwaltungsgericht Münster entschied am 9.11.2017 letztinstanzlich: "Islamverbände" stellen keine Religionsgemeinschaft als Rechtssubjekt dar. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Mögliche Verbindungen zu islamistischen Organisationen werden sowieso vom Verfassungsschutz überwacht. Daran kann man erkennen, in welche Richtung dieser eingetragene Verein "Islamrat e.v." tendiert und agitiert. Welchen Glauben will er denn vehement lehren? Welche Werte vertritt er denn wirklich? Wenn dieser Verein selbst deutsche Politiker in höchsten Positionen wegen ihrer Homosexualität - im Namen des Islam - in Frage stellt, dann muß diese sich religiös gebende "Koordinierungsinstanz" bzw. dieses "Beschlussorgan" - so sehen sie sich ja - umso mehr selber in Frage gestellt werden. Nur ein Naivling oder Narr würde diesem Verein in all seinem Tun freien Lauf lassen. Die Politik muß hier klare Grenzen setzen. Ohne wenn und aber.
01.03.19
11:49
Kritika sagt:
L.S. „ Religionspolitische Entwicklungen zu Muslimen besorgniserregend“ So titulieren die Muslims. Ein Grund war, dass sie mit Islamkritiker konfrontiert wurden. Für Islamisten sind Islam-Kritiker sicher äussert besorgniserregend. Die Deutsche Bevölkerung dagegen, empfindet den Zustand der Muslims selber besorgniserregend und bedrohlich. Deutsche Frauen trauen sich abends nicht mehr ohne Begleitung ausser Haus zu gehen. Der Zustand der Muslims wird heute International derart feindlich wahrgenommen, dass kein Land mehr Schiffbrüchige Trouble-maker-Muslims aufnehmen will. Es ist bedauerlich, wie die Muslims aus " Welcome Refuges" den Seufzer " Muslims go home" durch egoistisch, rücksichtsloses Benehmen haben entstehen lassen. Leider führt die Bundesregierung gelegentlich noch "Islamisten Konfrenzen" mit dieser zutiefst Demokratie- feindlichen Ideologie durch. Das an Stelle den Muslims aus der Position des Befehlshabers zu sagen, an was sie sich hier zu halten haben; wie sie sich hier zu benehmen haben. Gruss, Kritika. Kritika meint: Ohne Islam wäre Deutschland weitaus sicherer. Ohne Islam wäre die Welt weitaus friedlicher.
03.03.19
0:04
Dilaver Çelik sagt:
Dazu fallen mir zwei Wörter ein, welche die gegenwärtige Situation treffend beschreiben: Armes Deutschland!
07.03.19
14:02
Johannes Disch sagt:
Es ist zwar richtig, dass die Religionsgemeinschaften über ihre Glaubensinhalte bestimmen. Aber der Staat hat da durchaus ein Mitspracherecht. Gewisse "Islamkritiker" mag ich auch nicht. Aber wer zu so einer Veranstaltung eingeladen wird, das bestimmt der Staat. Wem die Gästeliste nicht passt, der kann ja fern bleiben. Inzwischen halte ich diese sogenannte "Islamkonferenz" für eine überflüssige Alibi-Veranstaltung. Es ist doch längst alles gesagt, und zwar wiederholt. Richtschnur für das Leben in Deutschland ist unsere Verfassung. Und leider wachsen die Zweifel, dass gewisse Islam-Verbände nicht wirklich vorbehaltlos auf dem Boden unserer Verfassung stehen. Dazu gehört auch der "Islamrat." An diesen Zweifeln sind diese Verbände selbst schuld. Und nur die Verbände können diese Zweifel ausräumen. Das sollten sie tun, statt zu lamentieren.
18.03.19
9:42
grege sagt:
Hallo Herr Disch ihre Worte geben im wesentlichen auch meine Vorstellungen wieder. An der Stelle kann ich wieder nur anmerken, dass es leider in Deutschland an einem glaubwürdigen Vertreter der Muslime, der diese zumindest in Ansätzen repräsentiert.
19.03.19
19:05