Wissenschaftler

Thomas Bauer kritisiert einseitige Islamdebatten

Der Islamwissenschaftler Thomas Bauer kritisiert die Islamdebatte in Europa als einseitig und flach. Außerdem würde man von den eigentlichen Herausforderungen ablenken.

19
09
2018
Buch Rezension Bauer
Islamwissenschaftler Thomas Bauer © facebook/Thomas Bauer

Der Münsteraner Islamwissenschaftler Thomas Bauer hält viele der in Europa laufenden Debatten über den Islam für zu einseitig. So fehle es etwa an Verständnis für die theologischen Grundlagen, bemängelte er in einem Interview der „Zeit“-Beilage „Christ & Welt am Donnerstag.

„Der Koran ist kein Sachbuch, sondern ein religiös-literarisches Dokument, das nicht chronologisch geordnet ist“, betonte Bauer. „Der Koran entstand auch nicht irgendwo in der Wüste, sondern in einer Region, in der Christentum, Judentum und lokale Religionen in einem permanenten intellektuellen Austausch standen.“ Dies gelte es, bei der Lektüre zu berücksichtigen.

Zugleich räumte Bauer ein, dass sich in den vergangenen 100 Jahren in weiten Teilen der arabischen Welt ein rigides Koranverständnis etabliert habe. Begünstigt werde dies durch autokratische Herrschaftsstrukturen. Zwar fänden ein kritischer Diskurs und eine Kommentierung des Koran weiterhin „in der Nische“ statt. Gerade Geisteswissenschaften führten unter solchen Bedingungen ein Schattendasein. „Der Korridor des Sagbaren wird enger und enger.“

Eine „Verflachung des Wissens“ sei aber kein Alleinstellungsmerkmal der islamischen Welt, fügte Bauer hinzu. „Auch hierzulande lässt die gesellschaftliche Durchdringung der Geisteswissenschaften merklich nach, schwindet der Sinn für Ambiguität, gedeiht die Sehnsucht nach einer Eindeutigkeit, die sich der Welt passend macht und mit Geschichte, Kontext, Ambivalenz nichts zu schaffen haben will.“ Wissen, so der Wissenschaftler weiter, werde inzwischen oft durch Meinung, Information durch Skandalisierung ersetzt.

Auch in der politischen Diskussion herrsche bisweilen eine Tendenz zu Vereinfachung, würden künstlich Gegner aufgebaut, um von den eigentlichen Herausforderungen wie dem Klimawandel abzulenken, sagte Bauer. „Angesichts der Tatsache, dass uns die Erde unterm Hintern wegschmilzt, ist eine Debatte über Kopftücher oder die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, fast schon obszön.“ (dpa/iQ)

Leserkommentare

Kritika sagt:
L.S. Herr Bauer sagt: » Angesichts der Tatsache, dass uns die Erde unterm Hintern wegschmilzt, ist eine Debatte über Kopftücher oder die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, fast schon obszön.« Guter Punkt. Also - - Dann lasst uns nicht mehr jammern, wenn KopftuchMädchen nicht angestellt werden, keine Lehrerin, Richter werden können, hin-und wieder belästigt werden Die KlimaVeränderung ist wahrlich wichtiger. Kritika würde das ohne Wenn und Aber begrüssen. Also Wer weist die die KopftuchMädchen an, dass sie mit dem Unfug aufhören sollen? Wer stellt die Kopftuchbelästiger straffrei? Wer fliegt KopftuchMädchen in ihren Heimatsländern zurück? Wer verhindert, dass weiterhin Braunkohle verfeuert wird? Gruss, Kritika
20.09.18
1:58
Kritika sagt:
L.S Herr Bauer schreibt: „Der Koran ist kein Sachbuch, sondern ein religiös-literarisches Dokument, das nicht chronologisch geordnet ist“. „Der Koran entstand auch nicht irgendwo in der Wüste, Koran kein Sachbuch? Kritika ist ebenfalls dieser Meinung und halt den Koran eher für ein Märchenbuch. Der Koran entstand nicht irgendwo in der Wüste? Hat sich Kritika schon immer gedacht, also das mit dem Gabriël-in der Wüste - - (nicht der Minister natürlich: der Engel in der Wüste) - - - das gehört also dann zum Märchen dazu? Das hört sich alles schon viel plausibler an. Kritika vermutet, der Koran ist von einer machtbesessene AutorenGruppe lange nach Mohammed's Tot ausgedacht, um mit Hilfe einer Religion Regierungsähnliche Macht über Untertanen ( - - Gläubigen genannt) ausüben zu können. Um Christen die IslamSache Schmackhaft zu machen, wurde das Alte Testament (AT) schamlos grösstenteils kopiert. So weit, so gut. Aber was macht denn den Koran nun angeblich "heilig"? Ist es die AutorenGruppe? oder die Erfindung des "Allah"? Gruss, Kritika
23.09.18
1:13
thOMAS sagt:
immer in allen Diskussionen sieht man seyran ates, Ahmad mansoor oder Abdel samad warum sieht man da nicht solche Leute wie Thomas Bauer? Pure Provokation. Und Ablenkung von echten Problemen. Man diskutiert verbot von Burka obwohl es Deutschlandweit vielleicht nur eine Handvoll gibt und stattdessen tut man nichts gegen Altersarmut und andere Probleme
29.09.19
13:31