Drogeriemarktkette

Muslimin darf mit Kopftuch arbeiten

Eine Muslimin, die nach ihrer Elternzeit mit Kopftuch zur Arbeit erschien, wurde gekündigt. Daraufhin klagte sie. Nun hat sie vor dem Landgericht Nürnberg Recht bekommen.

04
05
2018
Kopftuch, Kopftuchverbot am Arbeitsplatz
Symbolbild: Kasse, Geschäft © Shutterstock, bearbeitet by iQ.

Den Rechtsstreit um das Kopftuchverbot am Arbeitsplatz hat eine muslimische Kundenberaterin gewonnen. Am vergangenen Mittwoch gab das Landesarbeitsgericht Nürnberg ihrer Klage gegen die Drogeriemarktkette Müller Recht, das sie wegen ihres Kopftuchs nicht weiter beschäftigen wollte.

„Das Verbot, während der Arbeitszeit aus religiösen Gründen ein Kopftuch zu tragen, stellt eine mittelbare Diskriminierung im Sinne des § 3 Absatz 2 AGG dar“, erklärte das Gericht.

Anfang Der Fall kam Anfang April 2017 vor das Arbeitsgericht Nürnberg. Das Arbeitsgericht sollte klären, ob die Kundenberaterin des Drogeriemarktes Müller ein Kopftuch tragen darf. Das Unternehmen argumentierte, dass Kopfbedeckungen im Kundenkontakt nach der Betriebsordnung nicht erlaubt seien.

Der Streit zwischen der Filiale der Drogeriemarktkette Müller und ihrer Kopftuch tragenden Mitarbeiterin wurde im November 2017 mit einem Vergleich beendet. Schließlich wurde die Drogeriemarktkette dazu verurteilt zwischenzeitlich nicht gezahlte Vergütungen zu erstatten. Doch wehrte sich die Drogeriemarktkette mit ihrer Berufung, die sie mit dem Urteil des Landgerichts Nürnberg ebenfalls verlor.

BVerfG: Kopftuchverbot nicht gerechtfertigt

Die Klägerin hatte bei dem Unternehmen von 2001 bis 2013 ohne Kopftuch gearbeitet und war dann in Elternzeit gegangen. Als die heute 32-Jährige wiederkam, erschien sie mit Kopftuch.

Die Klägerin beziehe sich auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts, wonach ein Kopftuchverbot am Arbeitsplatz regelmäßig und ohne Darlegung konkreter betrieblicher Störungen oder wirtschaftlicher Einbußen nicht gerechtfertigt sei. Die Beklagte habe derartige Störungen nicht vorgetragen. Diese seien auch nicht zu erwarten.

„Ein Lichtblickt für muslimische Frauen“

„Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg ist ein Lichtblick und Hoffnung für viele muslimische Frauen in Deutschland. Es ist sehr erfreulich, dass das Gericht die vermeintlichen Interessen des Arbeitgebers nach einer ‚weltanschaulich neutralen‘ Kleiderordnung für die Mitarbeiter hinter das verfassungsrechtliche Gut der Religionsfreiheit zurückgestellt hat“, erklärt Handan Yazıcı, Vorsitzende der Frauenorganisation der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Frauen seien in Deutschland ohnehin mehrfacher Diskriminierung ausgesetzt. Sie beziehen bei gleicher Leistung weniger Lohn und werden auf der Karriereleiter oftmals übergangenen. 

 

Leserkommentare

Andreas B sagt:
@Manuel: Sich für die Einhaltung von Grundrechten einzusetzen hat nichts damit zu tun, vor jemandem in die Knie zu gehen! Wären Sie tatsächlich ein aufgeklärter Mensch, wie Sie wohl meinen, würden Sie nicht ständig versuchen, die Rechte anderer zu beschneiden.
08.05.18
16:09
Johannes Disch sagt:
@Manuel (06.05.18, 18:32) Es zählen nicht Alice Schwarzer und Buschkowsky, sondern unsere Rechtsordnung. Und da ist das Urteil nun mal eindeutig. Das Verhalten der Drogeriekette "Müller" war ein Verstoß gegen das Antidiskriminierungsgesetz.
08.05.18
19:55
Johannes Disch sagt:
Erfreulicherweise sind solche Fälle wie die Heidelberger Filiale der Drogeriekette "Müller" die seltene Ausnahme. Die meisten deutschen Arbeitgeber haben mit dem Kopftuch kein Problem. Siehe u.a.: "Deutsche Firmen stört das Kopftuch nicht." ("Süddeutsche Zeitung" 15. März 2017).
09.05.18
0:56
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: "Die meisten deutschen Arbeitgeber haben mit dem Kopftuch kein Problem." Das gleichbehandlungsrechtliche Problem in der deutschen und österreichischen Arbeitswelt besteht in Wahrheit darin, dass das Kopftuch von manchen Firmen gegenüber anderen religiösen, weltanschaulichen und politischen sichtbaren Ausdrucksmittel äußerst bevorzugt behandelt wird. Ich gehe auch davon aus, dass die in dem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 15.03.2017 angeführten Firmen sehr wohl ein Problem damit hätten, wenn ein Mitarbeiter nach dem Elternurlaub plötzlich während der Arbeitszeit immer ein PEGIDA-Shirt oder einen Salafistenbart wie Pierre Vogel und Sven Lau tragen möchte. Das müsste dann aber im Sinne der Gleichbehandlung genauso akzeptiert werden. Viele Firmen sind sich scheinbar nicht bewusst, wie sehr sie sich in Teufels Küche begeben, wenn Kopftücher erlauben. Die salomonische, diskriminierungsfreie Unternehmensphilosophie ist das optische Neutralitätsprinzip.
09.05.18
11:53
Andreas B sagt:
@Ute Fabel: Was geht eine Österreicherin unser Grundgesetz an? Abgesehen davon geht es bei den von Ihnen angeführten Beispielen tatsächlich um Provokation. Die muslimische Frau, die aufgrund eines (wie sie meint) religiösen Gebotes ein Kopftuch trägt, möchte hingegen nicht provozieren und im Normalfall nicht einmal ein religiöses Bekenntnis damit ablegen, sondern einfach nur Gott gefallen. Das Koptuch ist also Teil der religiösen Praxis, die durch das Grundegsetz geschützt ist. Wer sich hingegen mit Symbolen oder Slogans politischer Parteien kleidet, will in erster Linie provozieren. Ein Grundrecht auf Provokation gibt es meiner Ansicht nach im Grundgesetz nicht. Aber tatsächlich ist e´s mir egal, wenn jemand so kindisch ist, dass er unbedingt ein Blauhemd der FDJ tragen möchte oder ein PEGIDA-Shirt. Solange darauf keine rassistischen Sprüche stehen, stört mich das nicht.
09.05.18
12:07
Rick Sanchez sagt:
Liebe Frau Fabel, haben Sie vielleicht eine Quelle zu dem Fall in Wien! BG RS
09.05.18
20:35
Manuel sagt:
@Andreas B: Als aufgeklärter Mensch sind mir tiefmittelalterliche Dogmen zu wider, deshalb bekämpfe ich sie, Sie hingegen setzen sich sogar auch noch dafür ein. Also wer ist hier mehr aufgeklärt, jemand der solche Dogmen verteidigt oder jemand der sie bekämpft. Voltaire und Rousseau wären heute ganz sicher gegen das Kopftuch in Kindergärten und Grundschulen.
10.05.18
18:56
Ute Fabel sagt:
@Rick Sanchez: Der Fall mit der Katholikin, die es mittels handgeschnitzter Madonnenstatue am Schreibtisch ihres Büros ihrer muslimischen Kollegin gleich machen wollte, ist - leider - nicht veröffentlicht, Es gibt aber einen anderen auch im Internet veröffentlichen Fall aus Wien, bei dem sich ein Sikh religiös diskriminiert fühlte, weil einer bei einer beruflichen Ausbildungsmaßnahme daran gehindert wurde, seinen erwiesenermaßen abgestumpften Kurzdolch zur Vertreibung böser Dämonen nicht immer bei sich tragen zu dürfen. Einfach "Sikh" und "Diskriminierung" googeln! Komisch, dass die Götter in den unterschiedlichen Erdwinkeln so ganz unterschiedliche Befehle erteilen. Einmal wollen sie Kopftücher bei Frauen, dann wieder Hosenträger bei Männern, dann Waffen zur Dämonenabwehr. Merkwürdig!
11.05.18
22:19
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (09.05.18, 11:53) Die Ungleichbehandlung der deutschen Arbeitswelt drückt sich nicht in Dingen wie dem Kopftuch oder anderen Symbolen aus, sondern in der skandalösen Tatsache, dass Frauen für die gleiche Arbeit noch immer deutlich schlechter bezahlt werden als Männer, obwohl laut Verfassung Männer und Frauen gleichgestellt sind. Das ist der eigentliche Skandal! Aber so lange gewisse Leute lieber gegen das Kopftuch kämpfen, statt gegen die tatsächlich relevante Ungleichbehandlung (Bezahlung), können sich die Arbeitgeber entspannt zurücklehnen.
23.05.18
10:25
bettina.eichler1@gmx.de sagt:
Hurra! Endlich gibt es mal interessante Themen in Deutschland zu diskutieren!! Ich stelle mir nur vor, ich klage in Syrien oder der Türkei, dass ich im Sommer mit Minirock und Kreuz um Hals an einer Schule oder im Supermarkt arbeiten darf. Würde mir vom Arbeitgeber dort sofort untersagt!! Kein Gericht würde sich mit so etwas in diesen Ländern befassen, mit einer Kleiderordung. Und - keine deutsche Frau würde sich wagen, dort mit so einer Klage an die Öffentlichkeit zu gehen!! Das zeigt mal wieder das Selbstbewusstsein von Moslems in einem Land, das sie aufgenommen hat und für ihren Lebensunterhalt sorgt!! Danke liebe Richter für diese Diskussion und eure Entscheidungsfreudigkeit. Der EGH muss richten, was deutsche Richter im eigenen Land nicht regeln können!!
30.01.19
18:15
1 2