Neutralitätsgesetz

Regierungschef will am Kopftuchverbot festhalten

Das Neutralitätsgesetz in Berlin verbietet es kopftuchtragenden Lehrerinnen an Schulen zu unterrichten. Doch das kontroverse Gesetz könnte bald kippen. Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD) will am Kopftuchverbot festhalten.

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04
2018
Symbolbild: Kopftuchverbot, Lehrerinnen
Symbolbild: Musliminnen © Kashfi Halford auf Flickr, bearbeitet Islami-Q

Nach Ansicht von Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD) sollen Lehrerinnen weiterhin kein Kopftuch tragen dürfen. Müller machte sich in einem Interview der „Welt“ für das geltende Neutralitätsgesetz stark. Es schreibt vor, dass Polizisten, Lehrer an allgemeinbildenden Schulen und Justizmitarbeiter im Dienst keine religiös geprägten Kleidungsstücke tragen dürfen.

Das Gesetz wolle staatliche Neutralität – „das gilt für Kopftücher, Kippa und Kreuz“, sagte Müller der Zeitung (Freitag). „Daran wollen wir festhalten. Denn wir sind in den letzten Jahren gut damit gefahren, dass wir im Klassenzimmer, Gerichtssaal oder Funkwagen diese staatliche Neutralität nachweisen. Um dieses Gesetz kämpfen wir.“ Im rot-rot-grünen Senat sehen das aber nicht alle so.

Neutralitätsgesetz nicht rechtskonform

Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) hatte schon vor längerer Zeit nach einem Urteil erklärt, das Neutralitätsgesetz sei nicht zu halten. Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek legte nun nach Müllers Äußerungen nach: „Kämpfen klingt erstmal groß, es ist in diesem Fall aber eher ein Wegducken“, erklärte sie. „Wir können die Augen nicht davor verschließen, dass das Berliner Neutralitätsgesetz nicht rechtskonform ist. Darauf müssen Senat und Politik reagieren.“

Auch in der Links-Partei bahnt sich eine schwierige Debatte an: Aus Sicht mancher Parteimitglieder diskriminiert das Gesetz vor allem junge Musliminnen, die nicht ihren Wunschberuf ausüben können. Die Linke will sich nun Zeit geben, um eine gemeinsame Position zu finden.

Streit um Lehrerin mit Kopftuch vor Gericht

Mitte April wurde die Klage einer Berliner Lehrerin gegen das Kopftuchverbot an allgemeinbildenden Schulen verhandelt. Eine ausgebildete Lehrerin hat gegen das Land Berlin geklagt. Sie will mit Kopftuch dauerhaft an einer Grundschule unterrichten. Der Bildungssenat verweigert dies mit Blick auf das Neutralitätsgesetz. Das Arbeitsgericht erörtert am Montag den Fall und wird am 9. Mai eine endgültige Entscheidung verkünden. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Andreas B sagt:
Der Staat wird nicht weniger neutral, nur weil seine Diener (also Beamte) eine Religionszugehörigkeit haben und diese auch zeigen. Wir leben in einer pluralen Gesellschaft und diese muss sich auch im öffentlichen Leben und in den Behörden und Schulen widerspiegeln. Es kann doch nicht sein, dass wir unter einer Art Diktatur der Religionsgegner leben.
23.04.18
16:19
Johannes Disch sagt:
Justizsenator Behrendt liegt richtig. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2015-- das ein pauschales Kopftuchverbot für verfassungswidrig erklärte-- ist das Berliner Neutralitätsgesetz in seiner aktuellen Form verfassungswidrig. Man kann sich über die Berliner Betonköpfe nur wundern. NRW und Bremen mussten nach dem Urteil 2015 ihre Neutralitätsgesetze ändern. Wie kann das Land Berlin davon ausgehen, ihm könnte es anders ergehen? Nun, warten wir ab. Durch den aktuellen Fall (siehe "islamiq" 16.04.18) wird das Gesetz diesmal wohl endlich in Karlsruhe landen.
23.04.18
22:38
Ute Fabel sagt:
Berlin soll am Neutralitätsgesetz unbedingt festhalten. Die vereinte Religionslobby hat bereits 2009 eine Niederlage mit dem "Pro Reli"-Volksbegehren erlitten, mit dem auch eine privilegierte Sonderbehandlung im Berliner Schulsystem angestrebt wurde. Damals wurde auch vorgegaukelt, dass Religionsunterricht wie in den anderen Bundesländern verfassungsrechtlich geboten wäre. Jetzt geht es wieder um den Wunsch nach einer religiösen Extrawurst. Auch atheistische Lehrer wie Philipp Möller, der in Fernseh-Talkshows gerne mit "Gottlos Glücklich"-Shirts auftritt, darf nach dem Berliner Neutralitätsgesetz in diesem Outfit nicht unterrichten, was ich auch voll befürworte. Aufdringliches Zuschaustellen des Glauben oder Unglauben bzw. der politischen oder weltanschaulichen Überzeugung widerspricht meiner Überzeugung nach überhaupt dem Berufsethos, das Lehrer von sich aus aufbringen sollten. Manche junge Musliminnen können ihren Berufswunsch nicht verwirklichen, weil sie einem kompromisslosen Bekleidungsdogmatismus verhaftet sind. Dieser religiöse Dogmatismus ist der Feind erfolgreicher Karrieren und sollte daher entschlossen bekämpft werden.
24.04.18
12:27
Johannes Disch sagt:
@Andreas B. (23.04.18, 16:19) -- "Es kann doch nicht sein, dass wir unter einer Art Diktatur der Religionsgegner leben." (Andreas B) So ist es. In Berlin haben wir es mit Fundamental-Säkularisten zu tun, die ihre Ideologie über die Verfassung stellen. Von Muslimen wird immer weder eingefordert, sich an die Verfassung zu halten--- und ein komplettes Bundesland tut es nicht, sondern ignoriert einfach ein Urteil des obersten deutschen Gerichts.
24.04.18
13:11
Manuel sagt:
@Andreas B: Genau, wir müssen uns also die Diktatur der Religionsfanatiker gefallen lassen oder wie?
24.04.18
18:28
Manuel sagt:
@Johannes Disch: Vielleicht führen wir auch noch gleich die Scharia mit den Ihren Strafen ein, damit endlich Ihr Traum vom islamistischen Gottesstaat verwirklicht wird oder?
24.04.18
18:29