Österreich

Was sagst du zum Regierungsprogramm?

Was würdest du sagen, wenn du die österreichischen Regierungsvertreter direkt ansprechen könntest, oder welche Sätze aus dem Programm würdest du ändern? Wir haben junge Muslime aus Österreich diese Freiheit gegeben und lassen sie das umstrittene Regierungsprogramm kommentieren.

20
01
2018
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Bundesdienstflagge der Republik Österreich auf dem Parlamentsgebäude © by J Alexander Johmann auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ

Duran Serttaş (22) Student:

Das neue Regierungsprogramm finde ich widerspricht unseren Wertevorstellungen, insbesondere bei Menschen in Notlagen, da die Leistungen des Wohlfahrtsstaates bei „Zuwanderern und Asylberechtigten“ massiv eingeschränkt werden soll. Dieses Vorgehen entzieht den Menschen die eigene Initiative der Entscheidungsmöglichkeit ab.

Ich glaube die neue Regierung wird mein Leben als Muslim in Österreich verändern, weil eines der wichtigsten gesellschaftlichen Probleme in Österreich, wie die steigende Sympathie für den Rechtsextremismus und deren Grundgedanke/Beweggrund nicht erwähnt und keine vorsorglichen Lösungen diesbezüglich vorgeschlagen werden. Somit wird die Islamfeindlichkeit salonfähiger gemacht.

Bitte formulieren Sie diesen Satz aus dem Regierungsprogramm so um, dass Sie damit einverstanden wären: „Verstärkte Kontrollen in islamischen Kinderbetreuungs- und Bildungseinrichtungen unter dem Aspekt des besonderen Schutzes von Frauen und Mädchen.“

„Verstärkte Kontrollen in allen Kinderbetreuungs- und Bildungseinrichtungen unter dem Aspekt des besonderen Schutzes von Frauen und Mädchen.“

Dass die erheblich steigende Islamfeindlichkeit nicht im Regierungsprogramm erwähnt wird, gibt mir zu denken, weil die Probleme der muslimischen Bevölkerung bewusst nicht wahrgenommen, gar ignoriert werden. Hingegen werden Muslime als Gefährdungspotenzial eingestuft und dementsprechend mit Maßnahmen von Behörden, wie Verbot von Auslandsfinanzierung von anerkannten Religionsgemeinschaften, angegangen.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Kurz,

Sehr geehrter Herr Vizekanzler Strache,

ich möchte Ihnen mitteilen, dass wir Muslime genauso Interesse an der Qualität der Bildungseinrichtungen, an der Reduzierung der Arbeitslosigkeit, der optimalen Pensionsvorsorge, der Sicherung und dem Ausbau des Gesundheitssystems und an der gegenseitigen Akzeptanz und Integration haben. Diese gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen können wir nur zusammen lösen. Somit appelliere ich um mehr Zusammenarbeit mit der muslimischen Bevölkerung in allen Bereichen, um effiziente Ergebnisse für unsere Gesellschaft zu erreichen.

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Ein wesentlicher Grund, warum es zu diesem Wahlergebnis und dieser Regierungsbildung kommen konnte, war eine weitverbreitete blinde Islamophilie innerhalb der österreichischen Mitte-Links-Parteien. Vor allem die Grünen haben sich einer intellektuelll-kritischen Auseinandersetzung mit mittelalterlich-islamischem Dogmatismus völlig verweigert. Wenn ein deutschnational eingestellter Vater einem Lehrer aufgrund seiner dunklen Hautfarbe beim Elternsprechtag nicht die Hand gibt, würde das zu Recht verbreitete Empörung ausgelösen. Passiert dasselbe diskriminierende Verhalten seitens eines islamisch-chauvinistischen Vaters gegenüber einer Lehrerin aufgrund ihres Geschlechts, wurde von Politikern der nunmehrigen Oppositionsparteien oft relativiert und schöngeredet. Ich wünsche mir von Herzen, dass es SPÖ und Grünen bald gelingt ihr Profil zu schärfen, was dass das offensive Eintreten für Aufgeklärtheit betrifft. Anbiederung an religiöse Rückständigkeit ist ein Holzweg. Ich bekenne mich dazu islamophob zu sein, genauso wie ich aus guten Gründen auch eine Phobie gegen die Scientology-Kirche und die Zeugen Jehovas habe. Das erlaubt unsere Meinungsfreiheit. Ich freue mich besonders darüber, dass ich schon mehrere syrische Flüchtlinge kennengelernt habe, die dem Islam völlig abgeschworen haben.
21.01.18
9:59
Manuel sagt:
Immernoch demokratischer und liberaler als Erdogan, was sagen denn diese zu dessen Regierungsprogramm?
23.01.18
18:49
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Von "Islamopholie" zu sprechen ist doch völlig übertrieben. Es ist keine "Islamopholie", wenn man eine differenzierte Debatte einfordert über das Thema "Islam/Migration/Integration." Was Kurz & Strache machen, das ist aber genau das Gegenteil davon. Polemik am Rande der Diskriminierung.
28.01.18
11:36