Bundestagswahlen 2017

Parteien haben Religionspolitik vernachlässigt

Laut dem Politikwissenschaftler Ulrich Willems wurden religionspolitische Fragen im Wahlkampf zu sehr vernachlässigt. Daran werde deutlich, dass die Religionspolitik keine große Rolle für die Parteien in Deutschland spiele.

23
09
2017
gedenkminute
Bundestag © Deutscher Bundestag, bearbeitet IslamiQ

Die Parteien haben die Religionspolitik aus Sicht des Münsteraner Politikwissenschaftlers Ulrich Willems „deutlich“ vernachlässigt. „Man darf nicht vergessen, dass sich in den letzten 20, 25 Jahren die religiöse Landschaft in Deutschland dramatisch verändert hat. Das generiert jetzt aber eine Reihe von Problemen, die dringend gelöst werden müssten“, sagte Willems am Freitag im Deutschlandfunk. „Man sieht es in vielen anderen Ländern, dass es zu großen Debatten gekommen ist, und in der Bundesrepublik hinkt man da etwas hinterher.“

Der Umgang mit Religion werde nach wie vor „eine der wichtigen Fragen“ sein, sagte Willems. „Der Diskurs wird nicht mehr allein über Religion gehen, sondern vielleicht stärker darüber, wie man mit kulturellen Differenzen umgeht.“ Er betonte, dass Bürger Grundkompetenzen benötigten, „um zu verstehen, um was es sich bei Religion handelt. Um nicht, weil etwas fremd und unverständlich ist, dann auch abgelehnt zu werden.“

Willems sagte, er vermisse die Auseinandersetzung mit normativen Fragen: „Wann soll sich der Staat neutral verhalten? Inwieweit kann er die Glaubensfreiheit achten?“ Er sehe keine Notwendigkeit für eine Änderung des Grundgesetzes, um islamische Organisationen staatlich anzuerkennen. Die Politik müsse aber das Religionsverfassungsrecht über konkrete Gesetze weiterentwickeln.

Er sehe aktuell eine „christlich-großkirchliche Schlagseite“ und sagte: „Das Problem in der Bundesrepublik ist, dass die Konturen dieses Modells in einer Zeit entwickelt worden sind, in der wir es im Wesentlichen mit den beiden großen christlichen Kirchen zu tun hatten und auch mit dem Judentum.“ Nun sei es „dringend“ geboten, „die Hindernisse für die Integration von mehr Vielfalt zu beseitigen“.

In demselben Beitrag sprach sich auch die SPD-Politikerin Kerstin Griese gegen eine Grundgesetzänderung aus: „Unser Begriff von Religionsfreiheit in unserem Grundgesetz ist ja, wie ich finde, ein sehr guter.“ FDP-Mann Stefan Ruppert sagte, er habe „manchmal den Eindruck, die Religionsfreiheit ist eines der eher stärker bedrohten Grundrechte“.

Willems plädiert dafür, in Schulen „Grundkompetenzen“ zum Thema Religion zu vermitteln. „Ich glaube, neben dem konfessionellen Religionsunterricht braucht es an den Schulen auch ein Unterrichtsfach, in dem Religionskunde ein wesentlicher Bestandteil ist.“ (KNA, iQ)

Leserkommentare

Bernd sagt:
Ich würde vorschlagen, dass es an der Schule keinen Religionsunterricht mehr gibt. Es ist nicht Aufgabe eines Staates Religionen zu unterstützen. Ich wünschte mir einen gemeinsamen Ethikunterricht mit einer Erklärung zu alles Religionen mit allen Schülern gemeinsam.
23.09.17
19:40
Ole Pederson sagt:
Zitat: "neben dem konfessionellen Religionsunterricht braucht es an den Schulen auch ein Unterrichtsfach, in dem Religionskunde ein wesentlicher Bestandteil ist.“ (KNA, iQ)" Nicht neben, anstatt!
24.09.17
20:58
Kritika sagt:
L.S. Ja klar, sehr geehrter Herr Ulrich Willems man könnte daran denken, Cruzifixe und Kopftücher aus Rechtssälen und Schulen zu verbannen. Und Staatliche Kirchensteuer abzuschaffen, Kopftücher in der Öffentlich verbieten (Davon würden vor allem fanatische MuslimFrauen profitieren, denn sie wären als solche nicht mehr sicht-- und angreifbar.) Polizei und Gerichte wären von leidige KopftuchFällen entlastet und könnten sich nützliche Arbeit zuwenden. Auch KirchenSteuer sollte überprüft werden, frühlkiliche religiöse Indoktrination ebenfalls. Aber, «Der Umgang mit Religion werde nach wie vor „eine der wichtigen Fragen“ sein» sagt Herr Willems. Stimmt das? Maybe not. Sicher haben unsere Parlementarier viel wichtigere, dringender Aufgaben zu lösen. Und wenn sie damit irgendwann fertig sind, (before die Religiöse Aktivität sich von alleine, durch Einsicht in deren Sinnlosigkeit, erledigt hat) dann kann, was Kritika betrifft, auch gerne mal "Der Umgang mit der Religion" zur Sprache kommen. Gruss, Kritika
24.09.17
23:39
Dilaver sagt:
Der Staat kann neutral sein, NICHT aber Individuen, welche staatliche Ämter kleiden. Denn Gegenteiliges bei Letzterem ist immer eine Fiktion.
25.09.17
17:04
Kritika sagt:
L.S. Herr Dillaver, Das Thema dieses Beitrags ist "Religionspolitilk" . Was, sehr geehrter Herr Deliver soll Politik oder Religion nun tun, lassen oder anders machen, weil Sie am 25ten Sept. meinten es gäbe keine neutrale Individuen? Finden Sie es besser, wenn Staatliche Ämter nur mit Menschen besetzt würden, die frei sind von Religion? Gruss, Kritika
26.09.17
23:17
gregek sagt:
Individuen können nicht neutral sein??? Nach dieser kruden Logik dürfte es auch keine Richter und Beamte geben.
28.09.17
20:32