Debatte um Burkini

Streit um Burkini – Frau stellt Strafanzeige

Ein Besuch der Therme im Ganz-Körper-Badeanzug löst in Bad Saarow Wirbel aus. Während sich zwei Frauen diskriminiert fühlen und Anzeige erstatten, sieht sich der Leiter zu Unrecht an den Pranger gestellt. In Frankreich wird der Burkini zu einem Politikum.

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2016
Der Burkini wird wie die Burka zu einem Politikum. © Frans Persoon/CC 2.0/flickr

Eine Frau hat nach einem Thermenbesuch im Ganz-Körper-Badeanzug (Burkini) in Bad Saarow Strafanzeige gestellt, weil sie sich diskriminiert fühlte. Das teilte ein Polizeisprecher am Montag in Frankfurt (Oder) mit. Zuvor hatte der RBB berichtet. Neben der jungen Berlinerin, die zusammen mit ihrer aus dem Libanon stammenden Familie am Samstag Badegast war, trug auch ihre Mutter einen Burkini.

Badegäste hätten sie beschimpft und einen Bademeister eingeschaltet, erklärte die Frau im RBB. Thermen-Chef Axel Walter wies dagegen im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur die Darstellung zurück, dass die Frauen beleidigt worden sein. Andere Badegäste könnten dies aber bestätigten.

In Berlin sei es zu solchen Auseinandersetzungen noch nicht gekommen, sagte ein Sprecher der Bäderbetriebe. Beschwerden anderer Badegäste über die Anzüge oder Meldungen, dass Frauen wegen der Burkinis beleidigt wurden, seien ihm nicht bekannt.

Die Berliner Bäder bewerten die Anzüge pragmatisch. „Wenn es muslimischen Frauen und Mädchen nur im Burkinimöglich ist schwimmen zu gehen, ist uns das lieber, als wenn sie gar nicht kommen, möglicherweise nicht schwimmen lernen und sich somit selbst gefährden“, sagte der Sprecher.

Auch die Betreiber der Therme in Bad Saarow haben nichts gegen das verschleierte Baden. „Bei uns ist Badebekleidung vorgeschrieben. Bei Burkinis handelt es sich um solche und wir hatten schon viele Badegäste, die so einen Burkini trugen“, erklärte Thermen-Chef Walter. Die Anzüge, die die Frauen am Samstag anhatten, seien vom Bademeister nicht als Burkinis erkannt worden. Dies habe er ihnen auch so mitgeteilt und darum gebeten, beim nächsten Mal in passender Badebekleidung zu erscheinen, betonte Walter.

Des Hauses verwiesen wurde aber niemand. Die Frauen hätten nach weiteren Wortgefechten mit anderen Badegästen die Therme von selbst verlassen, hieß es im RBB-Bericht.

Frankreich streitet über den Burkini

Auch in Frankreich beschäftigt der Burkini die Gemüter. Der Erlass mit der Nummer 16/2754 hat es in sich: Die Gemeinde Cannes an der Côte d’Azur, weltbekannt für ihr Filmfestival und riesige Hotelpaläste, verbietet Ganzkörper-Badeanzüge für Musliminnen am Strand.

Burkinis werden in der städtischen Verordnung zwar nicht explizit genannt. Doch Äußerungen des konservativen Bürgermeisters David Lisnard sind deutlich genug. „Das ist eine Maßnahme unter vielen anderen, um die Bevölkerung im Zusammenhang mit dem Ausnahmezustand (in Frankreich) und terroristischen Taten zu schützen“, sagte er unlängst der Tageszeitung „Nice-Matin“. Der Burkini sei die 2Uniform des extremistischen Islamismus“, so „Monsieur le Maire“.

Die Stimmung ist an der Riviera nach dem verheerenden Terroranschlag in nahegelegenen Nizza aufgeheizt. Vor den Präsidentenwahlen im Mai kommenden Jahres gehen die politischen Parteien zudem auf Konfrontationskurs – und die öffentliche Sicherheit dürfte ein entscheidendes Thema dabei werden.

Lisnards Entscheidung hat zunächst rechtlich Bestand. Ein Gericht in Nizza wies einen Einspruch des Kollektivs gegen Islamfeindlichkeit in Frankreich (CCIF) zurück. Das Verbot aus Cannes zieht unterdessen weitere Kreise. Nach Villeneuve-Loubet bei Nizza verbietet nun auch die kleine Gemeinde Sisco im Norden Korsikas Burkinis; das berichtete die Nachrichtenagentur AFP am Montag.

Bürgermeister Ange-Pierre Vivoni musste offensichtlich handeln. Am Wochenende war es an einer Meeresbucht seiner Gemeinde zu Ausschreitungen mit fünf Verletzten gekommen, weil – je nach unterschiedlichen Medien-Darstellungen – eine oder mehrere Frauen im Burkini badeten.

Am Ende brannten auch Autos. Der Vorfall führt zu Spannungen auf der Insel, weckt Erinnerungen an rassistische Ausschreitungen von Ende 2015. Damals verwüsteten Gewalttäter in der Hauptstadt Ajaccio einen muslimischen Gebetsraum.

Die Debatte um die Ganzkörper-Schwimmanzüge mit integrierter Kopfbedeckung ist zwar neu. Doch das französische Prinzip der Laizität, also der Trennung von Kirche und Staat, ist seit längerem ein heißes Eisen und führte zu Auseinandersetzungen. Seit 2004 gilt in französischen Schulen eine Null-Toleranz-Linie gegen „auffällige religiöse Symbole“.

Eher eingeschränkt dürften die Chancen sein, ein Schwimmbad zu mieten, um Burkinis tragen zu können. Ein Erlebnisbad bei Marseille sagte unlängst einen Burkini-Tag nach massiven Protesten in der Öffentlichkeit ab. Eine Organisation aus Marseille hatte das Bad zunächst komplett gebucht. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
@Französisches Verfassungsgericht kippt Burkini-Verbot. Nun, wenigstens die französische Justiz hat noch Orientierung, wenn die Politik sie schon komplett verloren hat. lg Johannes Disch
26.08.16
19:50
Reinhard Moysich sagt:
Burkini-Urteil: Sieg für Menschenrechte! Die Menschenrechte gelten überall – also nicht nur in Frankreich, sondern z.B. auch in Deutschland. Sie garantieren z.B. Weltanschauungs-, Persönlichkeits- und Bewegungsfreiheit, sofern nicht andere wiederum in ihren fundamentalen Rechten beeinträchtigt werden – dies ist zweifellos beim Burkini der Fall. Dort wird ja das sicherheitsrelevante Gesicht gezeigt; und außerdem habe ich noch nie gehört, dass eine Burkini-tragende Frau verlangt, dass auch alle anderen Frauen einen Burkini tragen sollen. Ich stimme dem früheren Ministerpräsidenten Erwin Teufel zu, der sehr ähnlich beim Kopftuch-Streit gesagt hatte: „Es ist nicht wichtig, was jemand auf dem Kopf trägt, sondern was im Kopf ist“. Nichts spricht dafür, dass eine Burkini-tragende Frau grundsätzlich gefährlicher ist als eine Frau, welche keinen Burkini trägt! Ich freue mich, wenn Musliminnen hiermit wenigstens ebenso wie alle anderen Menschen auch schwimmen gehen können – und so mehr Freude am Leben haben.
28.08.16
19:13
Johannes Disch sagt:
@Reinhard.... Ganz ihrer Meinung
31.08.16
0:13
Jana sagt:
Ich verstehe die Aufregung um ein Kleidungsstück überhaupt nicht.Es ist das Gegenstück zum kurzen Badeanzug.Also ein langer Badeanzug.Na und?
31.08.16
13:04
Johannes Disch sagt:
@Jana So ist es. Mit unserer Hysterie tun wir dem IS einen großen Gefallen. Wir erfüllen seine Propaganda, dass der Westen komplett gegen den Islam und gegen Muslime ist. Mit unserer Hysterie, sämtliche Attribute-- und sei es nur ein Badeanzug-- religiös aufzuladen und nach Verboten zu rufen, tappen wir in die IS-Falle und schaffen uns die Terroristen von morgen. Jede Frau entscheidet selbst, wie viel (oder wie wenig) Haut sie am Strand zeigen will. Der Burkini ist nichts weiter als ein Badeanzug. lg Johannes Disch
02.09.16
0:17
Samir sagt:
Ihr seit lustig, auf der welt sterben hunderttausende von Menschen und euch stört ein burkini ein nikab ein kopftuch etc. So eine Demokratie ist Hässlich sie sagt die muslimische frau wird unterdrückt aber bemerkt gar nicht wie sehr die Demokratie die muslimische Frauen unterdrückt und verlässt. Ps.: Sogar die Amerikaner lachen euch Europäer wegen diese sache aus. Dort kann jeder tragen was er will und rum laufen wie er will.
03.09.16
10:07
Johannes Disch sagt:
@Samir Völlig richtig. Die Welt hat wesentlich dringendere Probleme als den Burkini oder den Nikab oder die Burka. Und die Amis lachen sich über diese Diskussion tatsächlich schlapp. In den USA käme niemand auf die absurde Idee, den Burkini/den Nikab/die Burka zu verbieten. Mit Ausnahme von Donald Trump, natürlich... lg Johannes Disch
04.09.16
22:55
Johannes Disch sagt:
@Samir Richtig, der Eiertanz um den Burkini ist absurd. Wir haben es offenbar verlernt, kulturelle Differenzen zu akzeptieren und konstruktiv damit umzugehen. Und wir haben offenbar auch verlernt, für kulturelle Differenzen rationale Lösungen für zu suchen und zu finden. lg Johannes Disch
05.09.16
11:07
grege sagt:
@ Disch leider bekommen wir zu schnell ein schlechtes Gewissen, wenn wir von Migranten nicht nur die Einhaltung von Gesetzen zwingend einfordern, sondern auch an Migranten die Erwartung richten auch Normen ohne Gesetzesgrundlage zu akzeptieren. Leider betreiben wir eine Selbstgeißelung, die es uns verbietet, an Migranten glasklare Anforderungen zu stellen.
17.09.16
23:37
Holger Berger sagt:
Man kann nur hoffen, daß diese mittelalterliche Gesellschafts- und Normenordnung des Islam mit Verhüllungs- und Abschirmungsvorschriften nicht noch mehr Einfluß und Macht in Deutschland und Europa gewinnt. Angeblich erlangen die Kopftuch/Burka/Burkini-Frauen die Zufriedenheit Gottes, da ihr Verhalten nicht verwerflich und unanständig ist. Sind Sauna-Besuche im Islam im Burkini erlaubt? In Deutschland müssen sich in der Regel alle Besucher nackt präsentieren, egal ob in einer Männer-Sauna, Damen-Sauna, Familien-Sauna oder Gemeinschaftssauna. Wann haben wir die ersten Probleme mit Burkini-Frauen bei einem Sauna-Besuch?
20.09.16
11:16
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