Historiker

„Frankreich fixiert sich auf Islam als Sündenbock“

Der Historiker Emmanuel Todd zieht ein Jahr nach dem Attentat auf das französische Satire-Magazin Charlie Hebdo negative Bilanz für Frankreich. Er wirft der französischen Regierung vor, seit einem Jahr ein permanentes Terror-Drama zu inszenieren.

07
01
2016
Moschee
Frankreich

Der französische Historiker Emmanuel Todd zieht ein Jahr nach dem Attentat auf das französische Satire-Magazin Charlie Hebdo eine für sein Land vernichtende Bilanz. Der Bestseller-Autor wirft seiner Regierung vor, seit einem Jahr ein permanentes Terror-Drama zu inszenieren, aber die eigentlichen Probleme Frankreichs nicht anzupacken. „Die Wirtschaft fault, die Gesellschaft fault, alles fault“, sagte Todd der Wochenzeitung „Die Zeit“.

Umso größer sei die Gefahr, dass sich die Mehrheit der Franzosen in falsche Illusionen stürze: «Frankreichs Hauptwahrheit liegt darin, dass seine Mittelklasse-Mehrheit christlichen Ursprungs, die mitten in der Glaubenskrise steckt, sich auf den Islam als Sündenbock fixiert hat», analysierte er und fügte hinzu: „Wobei der Anstieg der Islamophobie den Attentaten vorausgegangen ist. Sie haben ihn nur beschleunigt.“ Todd forderte die Deutschen auf, sich kritisch zu der französischen Reaktion auf die Pariser Attentate zu äußern.

„Ihr glaubt immer noch, es mit einem liberalen, egalitären, universalistischen Frankreich zu tun zu haben“, so der Historiker. Todds neues Buch „Wer ist Charlie“ hat in Frankreich erboste Reaktionen ausgelöst. Premierminister Manuel Valls warf dem Historiker in einem vielbeachteten Artikel in „Le Monde“ Zynismus und fehlenden Glauben an Frankreich vor. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Magnus sagt:
Waren die Terroristen in Frankreich Buddhisten? Nein, sie waren Muslime. Und zwar Muslime, die im Namen ihrer Religion gehandelt haben. Wie kann da nicht der Islam der "Sündenbock" sein? Ach ja, die armen Männer wurden diskriminiert. Das werden Schule auch. Gründen sie deshalb Terrorgruppen? Nein, tun sie nicht.
07.01.16
16:47
Jürgen Uther sagt:
Lieber Magnus, etwas mehr Ruhe und Sachlichkeit sind Hilfreich. Lies bitte Deinen Kommentar noch einmal in Ruhe, besser vor dem Absenden, dann bleiben peinliche Fehler weg. Der Autor des kommentierten Artikel hat ja gerade darauf hingewiesen, das erst die Islamangst da war und dann der Anstieg kam, das sieht er (auch ich) als Ursache - Wirkung. Und noch einmal, gerade an dieser Stelle hat es mehr als anderswo, deutliche Anzeichen gegeben, dass diese Terroristen sich hinter dem Islam verstecken, diesen schädigen, aber nicht in dessen Namen handeln.
13.01.16
11:45
Johannes Dich sagt:
Das machen nicht nur die Franzosen, sich auf "Den Islam", auf die Religion als angebliche Ursache für Integrationsprobleme zu beziehen. Auch in Deutschland kann man diesen simplen Mechanismus schon länger beobachten. lg Johannes Disch
21.01.16
7:56
OmarKN sagt:
Die Terroristen ziehen die grossartige Weltreligion des Islam in den Dreck, und werden gerade dadurch zu Handlangern der Neo-Kolonialisten, die den Nahen Osten zu einem Parkplatz mit Einkaufszentrum machen wollen. Das Öl brauchen sie rabattiert und die Märkte als Bonus. Die Muslime wollen wie alle Menschen in Frieden leben.Es ist aber ziemlich unangenehm von oben herab oder von der Seite mit Bomben behandelt zu werden. Da wird der eine oder andere schon mal ganz schön ärgerlich! Facit: Wir leben in EINER Welt und wir müssen darangehen unsere Probleme zu lösen und nicht noch Öl ins Feuer giessen, zB. durch Waffenlieferungen an Saud, damit die Yemen weiter zerbomben können, oder zu tun als sei Israel eine 'Demokratie' und mit Samthandschuhen anfassen. Mehr Mut bitte. Auf die Muslime rumzuhacken kostet ja nichts (scheint so, ist aber nicht gut.) Was haben wir (od. zB die USA) für eine Aussenpolitik? Wie halten sie das mit internationalem Recht, der Genfer Konvention? usw. usw. / Omar
21.01.16
15:11
hanno sagt:
es lebe das Selbstmitleid
24.06.16
23:33
Joachim sagt:
Herr Disch, wen/was machen Sie denn für Integrationsprobleme verantwortlich? Ich als Integrationslehrer/mehr noch meine Kolleginnen- bekomme jeden Tag die volle Ladung arabischer Machokultur ab, und da fällts mir schwer, den Islam nicht verantwortlich zu machen dafür, bzw. mich erstaunt Ihre Fähigkeit, die Integrationsprobleme vom Islam zu trennen. Da ich Ihnen keine Naivität oder Blindheit in BEzug auf den Islam unterstellen will, ja was ist denn nun die Ursache dafür, dass die gerade neu Zugezogenen sich mit der Integration am schwersten tun, vgl. etwa mit Vietnamesen oder Japanern? In unserem Lehrerzimmer hören sich die Pausengespräche inzwischen so an wie auf einem AfD Parteitag, und keiner meiner Kollegen möchte in seiner Freizeit überhaupt noch irgendetwas mit Muslimen zu tun haben. Ich war am WE in ein Flüchtlingsheim zum Essen eingeladen von Schülern, es war nett, ja klar, sind ja keine bösen Menschen. Aber im Kurs sagen die Schüler zu allem, was sie NICHT können/dürfen, also Hand geben/Beziehung/außerehlicher Sex,/Heirat mit Deutschen u. die üblichen Verdächtigen: "Wir können nicht, because of Islam." die häufigste Begründung, die ich von Muslimen gehört habe, weil sie irgendwas nicht können. gruss joachim
07.12.16
21:16