Ludwigshafen

Pflege im Alter: Aufklärung für türkeistämmige Migranten

Die Zahl von älteren Menschen nimmt auch in Ludwigshafen weiter zu. Doch mit dem Thema „Pflege im Alter“ kennen sich Migranten kaum aus. Das will jetzt eine neu gestartete niederschwellige Informationsreihe in Zusammenarbeit mit den Moscheen vor Ort ändern.

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Das Thema „Pflege im Alter“ stellt viele Menschen vor große Herausforderungen. Gesundheit, Krankheit, Pflege und Unterstützungsbedarf sind Themen, die ganz persönliche und intime Lebensbereiche betreffen. Nur wer für seine Situation den Hilfsbedarf erkennen und zulassen kann, ist in der Lage, sich Hilfe zu suchen. In Ludwigshafen wurde deshalb ein neues Aufklärungsprogramm aufgesetzt, das sich speziell an türkischstämmige Migranten richtet und in Kooperationen mit Moscheegemeinden vor Ort durchgeführt wird.

Die Informationsreihe ist niederschwellig angelegt und richtet sich an pflegenge Angehörige und Familienmitglieder. Themen sind unter anderem „Pflege zu Hause – Tipps und praktische Übungen für Mobilisation und Transfer“, „Diabetes mellitus II – was ist zu beachten, wie kann ich den Alltag gestalten“, „Demenz – Verstehen und Begleiten der Angehörigen“ oder „Sozialberatung – Pflegeleistung, Anspruch, Kriterien, Ansprechpartner“. Die Informationen werden zudem zweisprachig vermittelt.

Bedarf an Aufklärung und Prävention steigt

„2012 lebten in Ludwigshafen rund 42.000 Menschen im Alter über 60 Jahren. Neun Prozent der über 75-Jährigen sind Ausländer oder haben eine doppelte Staatsbürgerschaft, bei den 60 bis 70-Jährigen sind es schon 19 Prozent. Dazu kommen noch Migranten mit einem deutschen Pass. Die Zahlen sind also steigend. Daher rückt auch die Pflege dieser Menschen stärker in den Vordergrund. Unser neues Projekt ist ein Best-Practice-Beispiel für die interkulturelle Öffnung in der Pflege. Dadurch sollten sprachliche und kulturspezifische Zugangsbarrieren abgebaut werden“, erklärt Hannele Jalonen, Integrationsbeauftragte der Stadt Ludwigshafen zum Aufklärungsprojekt. Die Finnin hat selbst einen Migrationshintergrund und lebt seit 1981 in Deutschland.

Der Anteil von Bürgern mit Migrationshintergrund in der Altersgruppe der 60 bis 80 jährigen wird Schätzungen zufolge in den kommenden Jahren steigen. Somit wird auch die Aufklärung und Unterstützung in der Prävention und Pflege von älteren Menschen dringender. Denn während im Allgemeinen die Thematik sowie die Informations- und Unterstützungsmöglichkeiten angenommen werden, ist in der Bevölkerungsgruppe mit Migrationshintergrund diese Problematik häufig nur in der Familie präsent und Lösungen werden auch nur innerhalb dieses Kreises gesucht. Für zusätzliche Belastung sorgen familiäre und traditionelle Ansprüche an die jüngeren Angehörigen und deren Lebenswirklichkeit in Deutschland.

Breites Spektrum an Initiatoren

Vor diesem Hintergrund haben in Ludwigshafen Verantwortliche von ELELE Hand-in Hand e.V., der Stadtverwaltung Ludwigshafen, des Pflegestützpunkt Ludwigshafen-Nord, des Migrations-BEKO, des St. Marien- und St. Annastiftskrankenhaus Ludwigshafen, des Vfib e.V. Mundenheimer Moschee, der DITIB Moscheen Mevlana und Kocatepe Ludwigshafen und der Ökumenischen Sozialstation Ludwigshafen die niederschwellige Informationsreihe entwickelt, die ab der zweiten Novemberhälfte zweisprachig in mehreren Ludwigshafener Moscheen gestartet ist.

„Die Betroffenen der ersten Generation haben sich oft nicht auf ein Verbleiben in unserem Land eingerichtet, sondern sich vielmehr auf eine Rückkehr im Alter in ihr Heimatland vorbereitet. Die Lebenswirklichkeit und Integration der zweiten und dritten Generation führt zu einer Änderung der Lebensplanung bei den Älteren. Sie bleiben in Deutschland, denn in der alten Heimat ist niemand mehr aus der Familie. Eine entsprechende Vorbereitung oder ein Netzwerk fehlen aber. In Folge prallen Kulturen, Religionen und Emotionen in einem vorher nicht erwarteten Spannungsfeld aufeinander“, sagt Levent Ekici vom Verein „ELELE – Hand in Hand“ und stützt sich dabei auf Beobachtungen bei seiner täglichen Arbeit.

Moscheen und Imame als Multiplikatoren und Gastgeber

Er kennt diesen Zwiespalt in den Familien auch aus eigener Erfahrung. Auch Imam Sadettin Pınarbaş vom Vfib der Mundenheimer Moschee erfährt die Problematik bei seiner Arbeit. Er und seine Kollegen der anderen Ludwigshafener Moscheen begrüßen die Initiative sehr. Die Initiatoren sehen die Moscheen und Imame als wichtige Multiplikatoren und Gastgeber. Nur mit ihnen könnten auch wirklich die Menschen erreicht werden, die direkt betroffen sind.

„In Ludwigshafen hat sich im Rahmen dieses Projektes ein engagiertes Gremium gebildet. Da Betroffene durch ihre Ärzte medizinisch aufgeklärt und informiert sind, liegt unser Schwerpunkt bei der Umsetzung im Alltag. Deshalb wählen wir Referenten aus den Bereichen Krankenpflege und Sozialarbeit. Es ist uns wichtig, dass das Leben mit Krankheit und Pflegebedürftigkeit gelingt. Möglichkeiten zum Einsatz von Hilfsmitteln, Umsetzung von Behandlungsmaßnahmen und praktische Tipps werden besprochen und Übungen durchgeführt“, beschreibt Rita Schwahn vom Pflegemanagement des St. Marien- und St. Annastiftskrankenhauses die Informationsarbeit.

Finanziell unterstützt wird das Projekt unter anderem durch Kostenübernahme der Referenten aus der Praxis durch die BASF SE. „Der demographische Wandel ist eine gesellschaftliche Herausforderung, die uns alle angeht – Familien, Vereine, Kommunen, Unternehmen. Dem wollen wir mit den sozialen Projekten, die die BASF unterstützt, Rechnung tragen und zu besseren Voraussetzungen für eine gute Lebenswelt im Alter in unserer Nachbarschaft beitragen. Und vor allem möchten wir die Menschen und Initiativen unterstützen, die sich der Herausforderung mit viel Engagement und guten Ideen stellen“, sagt Karin Heyl, Leiterin Gesellschaftliches Engagement & Work-Life-Management, BASF SE.

Termine

Die Reihe startete bereits am 14. November, 13.30 Uhr in der Vfib e.V. Mundenheimer Moschee (Landeckstraße 1) und startet ebnefalls am 19. November, 11 Uhr, in der Kocatepe Moschee Oggersheim (Wormserstraße). Weitere Termine in der Mevlana Moschee in der Industriestraße und in der Alemi IGMG Moschee sind für das kommende Jahr in Vorbereitung.

Termine Kocatepe Moschee Oggersheim, Wormserstraße

19.11.2014, 11 Uhr

evde bakım´a el atmak
Pflege zu Hause – Tipps und praktische Übungen für Mobilisation und Transfer

17.12.2014, 11 Uhr

Seker hastası
Diabetes Mellitus II – was ist zu beachten, wie kann ich den Alltag gestalten

14.01.2015, 11 Uhr

Bunama (Demenz) evde yardım
Demenz – Verstehen und Begleiten der Angehörigen

11.02.2015, 11 Uhr

sozial halklarda yardım
Sozialberatung – Pflegeleistung, Anspruch, Kriterien, Ansprechpartner

Termine Vfib e.V. Mundenheimer Moschee, Landeckstraße 1

14.11.2014, 13.30 Uhr

evde bakım´a el atmak
Pflege zu Hause – Tipps und praktische Übungen für Mobilisation und Transfer

12.12.2014, 13.30 Uhr

Seker hastası
Diabetes Mellitus II – was ist zu beachten, wie kann ich den Alltag gestalten

09.01.2015, 13.30 Uhr

Bunama (Demenz) evde yardım
Demenz – Verstehen und Begleiten der Angehörigen

06.02.2015, 13.30 Uhr

sozial halklarda yardım
Sozialberatung – Pflegeleistung, Anspruch, Kriterien, Ansprechpartner