Rechtsextremer Aufmarsch in Köln

Hooligans gegen Salafisten: Staat versagt im „Kampf gegen Neonazis“

Rechtsextreme haben sich am Sonntag in Köln versammelt und fremdenfeindliche Sprüche skandiert. Die Polizei war mit dem Gewaltausbruch überfordert. NRW-Innenminister Jäger (SPD) fordert jetzt eine Verschärfung des Versammlungsrechts. Ulla Jelpke (Linke) wirft den Behörden vor, sie hätten versagt.

27
10
2014
0

Chaos in Köln. Unter dem Motto „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) haben sich am Sonntag (26.10.2014) mehrere Tausend Rechtsextreme in der Kölner Innenstadt versammelt. Sie gaben vor friedlich gegen Salafisten demonstrieren zu wollen. Doch schon nach kurzer Zeit herrschte Alarmstimmung. Die Teilnehmer lieferten sich Auseinandersetzungen mit der personell überforderten Kölner Polizei. Sie hatte mit etwa 1.500 Teilnehmer gerechnet, es kamen jedoch aus dem ganzen Bundesgebiet schätzungsweise 5.000 Rechtsextreme nach Köln.

Alkoholisierte und gewaltbereite Rechtsextreme

Während der Versammlung kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen mit mehreren Verletzten. Zuerst versammelten sich gegen 15 Uhr mehrere Tausend Teilnehmer auf dem Breslauer Platz, um dort lautstark ihre fremdenfeindlichen und rassistischen Parolen zu skandieren. Unmittelbar nach Beginn des Aufmarsches der HoGeSa kam es im Bereich der Turiner Straße zum Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen. Die zum Großteil stark alkoholisierten und aggressiven Demonstranten griffen anschließend Einsatzkräfte der Polizei mit Gegenständen, Feuerwerkskörpern und Steinen an.

Die Polizei ging in der Turiner Straße und später am Breslauer Platz mit Schlagstock, Pfefferspray und Wasserwerfer gegen die Gewalttäter vor. „Trotz der vom Veranstalter angekündigten Friedfertigkeit haben wir mit einer großen Anzahl gewaltbereiter Teilnehmer gerechnet“, sagte der Einsatzleiter, leitender Polizeidirektor Klaus Rüschenschmidt. „Gegen massive gewalttätige Übergriffe sind wir konsequent vorgegangen.“

Fazit des Einsatzes: 44 Beamte wurden bei den Ausschreitungen verletzt. 17 Personen wurden festgenommen. Außerdem haben die Rechtsextremisten mehrere Einsatzfahrzeuge der Polizei umgeworfen und beschädigt. Auf einschlägigen Blogs der rechtsextremen Szene wurde der Gewaltausbruch von Köln zudem verhöhnend gefeiert. Das bekannte islam- und ausländerfeindliche Blog Politically Incorrect titelte „Das Wunder von Köln“.

Jäger fordert Einschränkung des Versammlungsrechts

Als neue Formation von gewalttätigen Hooligans bezeichnete der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Gewalt in Köln. Er kündigte harte Konsequenzen an. „Hier ging es nicht um eine friedliche Demonstration gegen Salafisten. In Köln hat es erstmals eine bundesweite Mobilisierung von gewaltbereiten Hooligans gegeben, die die Versammlungsfreiheit als Plattform für Gewalttätigkeiten missbrauchten. Das geht deutlich über das bislang bekannte Maß hinaus“, stellte Jäger fest. Der Innenminister wollte die Demonstration hingegen nicht dem rechtsextremen Spektrum zuordnen. Er sprach von personellen Überschneidungen in der Hooligan- und Rechtsextremen-Szene.

Jäger erklärte, dass die Strafverfolgungsbehörden in NRW intensiv ermitteln würden, um alle Gewalttäter eindeutig zu identifizieren und zur Rechenschaft zu ziehen. „Wir werden diese Erkenntnisse dazu nutzen, solche Demonstrationen von gewaltbereiten Hooligans künftig zu verbieten. Die rechtlichen Hürden für ein solches Verbot sind hoch, aber die Krawalle in Köln sind schockierend und eine wichtige Grundlage für ein solches Vorgehen“, sagte der NRW-Innenminister. „Wir werden alles daransetzen, damit jeder, der das Versammlungsrecht missbraucht, dazu künftig keine Gelegenheit mehr bekommt.“

Jelpke: Sicherheitsbehörden versagen gegen rechte Gewalt

„Trotz aller Warnungen haben die Sicherheitsbehörden das Gewaltpotenzial und die rechtsextreme Orientierung der Hooligans vollkommen unterschätzt. Das ist ein weiteres Kapital in der Geschichte des staatlichen Versagens beim Kampf gegen Neonazis“, kommentierte Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, die Ausschreitungen in Köln.

„Seit den 80er Jahren sind die engen Verbindungen zwischen der Hooliganszene und dem gewaltbereiten Rechtsextremismus bekannt. Auch in den vergangenen Jahren gab es von engagierten Journalisten und antifaschistischen Initiativen immer wieder Warnungen vor Neonazis in der Hooliganszene. Doch statt auf diese Erkenntnisse zu vertrauen, hat sich der Innenminister von Nordrhein-Westfalen durch Beschwichtigungen der Hooligans im Vorfeld der Demonstration in die Irre führen lassen“, kritisierte Jelpke.

Bund, Länder und Vereine seien nun gefordert, ihre Anstrengungen hinsichtlich der Prävention rechtsextremer Mobilisierung im Umfeld des Fußballs zu erhöhen, um der rechtsextremen Hooliganszene den Nährboden zu entziehen.