Interview mit Ali Kızılkaya

Brandanschläge: „Öffentlichkeit für Islam- und Fremdenfeindlichkeit schaffen“

Im Gespräch mit IslamiQ fordert Ali Kızılkaya von Politik, Gesellschaft und Medien, dass sie eine breitere Öffentlichkeit für Islam- und Fremdenfeindlichkeit schaffen und für diese Probleme sensibilisieren.

24
08
2014
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Ali Kızılkaya ist Vorsitzender des Islamrates für die Bundesrepublik und aktueller Sprecher des Koordinationsrates der Muslime (KRM). Er hat die von Brandanschlägen betroffenen Gemeinden in Berlin und Bielefeld besucht. Wir sprachen mit ihm über die jüngsten Anschläge und sprachen über Auswirkungen dieser auf das muslimische Leben in Deutschland.

IslamiQ: Herr Kızılkaya, Sie haben die drei Moscheen in Berlin und Bielefeld besucht, die innerhalb kürzester Zeit vermutlich Opfer von Brandanschlägen geworden sind. Was waren Ihre Eindrücke vor Ort?

Kizilkaya: Es waren für einen Muslim erdrückende und schwer zu ertragende Anblicke. Zum einen eine Moschee, die ausgebrannt ist, zum anderen Korane die aufeinander gestapelt und verbrannt wurden, um Gebetsstätten zu zerstören. Besonders schockiert hat mich der Anblick von verbrannten Koranen in einem Müllsack in einer der Bielefelder Moscheen. Es sind Momente gewesen, die mich nachdenklich gemacht haben. Da fragt man sich schon, was für ein Hass die Menschen wohl antreibt, die solche Dinge tun.

 

IslamiQ: Sie haben vor Ort mit den betroffenen Gemeinden gesprochen. Wie fühlen sich die Muslime?

Kizilkaya: Ich habe die Gemeinden vor Ort als sehr gefasst erlebt. Aber sie sind natürlich besorgt darüber, dass nun auch Gebetshäuser Ziele von Brandanschlägen sind. Es macht sich Unverständnis breit, was die Täter zu dieser Handlung veranlasst hat. Kaum jemand in den Gemeinden hat mit einem solchen Vorfall gerechnet.

Die Muslime erwarten von der Gesellschaft, dass man sich vor allem gemeinsam gegen diese Form von Fremdenfeindlichkeit und Menschenhass solidarisiert, und diese Taten verurteilt. Das wird bisweilen immer noch stark vermisst.

Die Aufmerksamkeit für diese wiederholten Vorfälle muss größer und die Anteilnahme mit den muslimischen Gemeinden deutlicher gezeigt werden. Und natürlich müssen die Vorfälle lückenlos durch die Behörden aufgeklärt werden.

 

IslamiQ: Haben diese Anschläge auch Auswirkungen auf das muslimische Leben in Deutschland?

Kizilkaya: Die aktuellen Entwicklungen sind durchaus besorgniserregend. Sie mahnen zur Vorsicht an. Für das muslimische Leben in Deutschland ist es dringend notwendig, dass die Gesellschaft aktiv gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Menschenhass vorgeht und Gesicht zeigt.

Für das muslimische Leben in Deutschland stellen diese Brände eine Herausforderung dar. Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass Muslime in Deutschland sich der Gesellschaft zugehörig fühlen und diese aktiv mitgestalten. Umso wichtiger ist es jetzt, dass Muslime und Nichtmuslime Seite an Seite diese Brandanschläge verurteilen und aktiv gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit, Menschenhass und Rassismus vorgehen.

 

IslamiQ: Welche Konsequenzen müssen aus den Geschehnissen gezogen werden?

Kizilkaya: Ich erwarte von Politik, Gesellschaft und Medien, dass sie eine breitere Öffentlichkeit für Islam- und Fremdenfeindlichkeit schaffen und für diese Probleme sensibilisieren. Insbesondere Medien sollten ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen und auf solche Missstände aufmerksam machen, eine Öffentlichkeit dafür schaffen und dabei auch etwas bedachter in ihrer Wortwahl sein.

Natürlich ist es auch sehr wichtig, dass vor allem Politiker Ihre Solidarität mit Opfern von Fremdenfeindlichkeit und Menschenhass kundtun und solche Taten öffentlich verurteilen. Der Besuch des SPD-Bundesvorsitzenden Sigmar Gabriel bei der Mevlana-Moschee war daher auch ein wichtiges Zeichen.

Das Problem der Islamfeindlichkeit muss aber deutlicher als bisher erkannt und wahrgenommen werden, damit künftig kein Nährboden für solche Taten mehr existiert. Nur so können Muslime und Mehrheitsgesellschaft als Gemeinschaft wachsen. Und nicht zuletzt müssen auch endlich islamfeindliche Straftaten in der Kriminalstatistik gesondert erfasst werden.