Tourismus

Der Halal-Tourismus und seine globalisierten Muslime

Immer mehr muslimische Touristen wollen ihren Urlaub und Glauben miteinander verbinden. Das birgt Probleme, bietet aber auch viele Möglichkeiten. Der Halal-Tourismus boomt.

13
07
2013

Serra hat Urlaub auf einer Yacht gemacht. Sie ging schwimmen, sonnte sich auf dem Deck und konnte mit ihrer Familie ruhige Tage verbringen. Das ist im Grunde nichts Besonderes, wenn man aber erfährt, dass Sera eine muslimische Frau ist, die ein Kopftuch trägt und sich islamisch bekleidet, dann weiß man: Sie gehört zu den Glücklichen.

Für viele muslimische Familien ist die Urlaubsplanung eine Herausforderung. Während die ältere Generation sich unter dem Begriff Urlaub hauptsächlich Familienbesuch vorstellt, will die jüngere Generation neben dem Familienbesuch auch Zeit für sich haben. So entsteht bei vielen auch das Bedürfnis, sich in Touristengebiete zu begeben.

Das kann mehrere Probleme mit sich bringen. In den Hotels wird besonders in den gut besuchten Sommermonaten viel Alkohol konsumiert. Strände sind voll mit freizügig gekleideten Besuchern und die Privatsphäre ist nicht gewährleistet, sodass viele Aktivitäten besonders für Frauen nicht möglich sind. Muslime wollen aber an zurückgezogenen Orten ihre freien Tage verbringen, ohne sich einschränken zu müssen. Viele greifen daher auf Angebote zurück, die genau auf ihre Wünsche zugeschnitten sind.

 

Muslimische Touristen bevorzugen die Privatsphäre

Serra ist eine von diesen Muslimen, die diese Angebote wahrnimmt. Sie bloggt regelmäßig über Mode, Lifestyle und von ihren Urlaubserfahrungen. Auch der Bericht über die Jacht erfreut sich großer Beliebtheit, ihre Leser möchten am liebsten alle Details erfahren. Während Serra den Urlaub mit ihrer Familie auf der Jacht verbringt, ist kein männlicher Mitarbeiter an Board. Sie ist mit ihrer Familie ungestört, kann sich anziehen und schwimmen gehen, wie es auch andere Touristen machen.

Monate zuvor hatte die Bloggerin über einen Urlaub in einer abgelegenen Villa gebloggt, die Adresse und die Telefonnummer angegeben. Auch damals ging es darum, dass sie ungestört im Pool schwimmen konnte. Ein Wunsch, den sich muslimische Frauen in öffentlichen Pools nicht erfüllen können. Seitdem rufen täglich Interessierte bei dem Inhaber der Villa an. Seine Geschäfte expandieren und er will weitere Villen bauen, die genau diesem Wunsch seiner Kunden entgegenkommen.

Die Bloggerin gehört der oberen Mittelschicht der Istanbuler Muslime an. Viele können sich den Luxus, den sie sich erlaubt, nicht leisten. Trotzdem gibt es genug andere Angebote in jeder Preisklasse, die von vielen muslimischen Touristen wahrgenommen werden

 

Hotelbetreiber erkennen die Wünsche der Touristen

Firmen wie Bitez Turizm vermieten Villen, bei denen die Swimmingpools versteckt und von außen nicht einsehbar sind. Hier können vor allem Frauen in Ruhe schwimmen. Urlauber, die gerne unter anderen Touristen sein wollen, bevorzugen Hotels wie SahInn Paradise oder Caprice Thermal Hotel. Die Pools sind nach Geschlechtern getrennt, die Besucher finden in ihren Zimmern Gebetsteppiche und einen Koran vor.

Es wird kein Alkohol verkauft und das Fleisch ist laut Hotelbetreiber halal. Caprice Thermal Hotel war eines der ersten so genannten ‚islamischen‘ Hotels, das in den 90er Jahren eröffnet wurde. Mittlerweile gibt es fast in jeder türkischen Stadt am Meer ein ähnliches Hotel. Das uxuriöseste von ihnen ist das Angel’s Peninsula, das nicht nur von Türken, sondern auch überwiegend von Touristen aus dem Ausland besucht wird. Eine Nacht kostet dort in dem günstigsten Zimmer allerdings schon ca. 200 Euro.

Dafür bietet das Hotel seinen Besuchern die extravagantesten Services an. So kann man sich Limousinen, Jachten und sogar ein kleines Flugzeug mieten. Selbstverständlich gehören zur Hotelanlage 5 Gebetsräume, nach Geschlechtern getrennte Pools und ein getrennter Strand für Frauen.

Halalvoyage ist eine Plattform, wo man sich halalkonforme Hotels anschauen kann. Die Hotels werden danach geprüft, was sie den Besuchern anbieten. Neben gängigen Services wie W-Lan und Sauna will Halalvoyage auch wissen, ob in den Hotelräumen Tasbihs (Gebetsketten) zur Verfügung stehen. Besucher der Seite können sich Hotels aus aller Welt anschauen.

Auch in Deutschland beginnen Hotelbetriebe zu verstehen, dass ihre muslimischen Besucher besondere Bedürfnisse haben. So stellen sich vor allem Hotels in deutschen Städten wie München und Berlin auf muslimische Touristen ein. Auf den Speisekarten findet man Gerichte, die als halal gekennzeichnet sind und in den Hotelzimmern gibt es Gebetsteppiche und Gebetskalende­r.

Die Branche boomt, aber auch die Kritik an diesem ausschweifenden Lifestyle bleibt nicht aus. Muslime sollten nicht Teil einer Elitegesellschaft sein, heißt es, die Unmengen an Geld für ihren Urlaub ausgeben. Viele kritisieren auch die Verschwendung in den Hotels, die sich als islamisch bezeichnen. Ein offenes Büffet mit reichlich Auswahl gehört in jedem Hotelbetrieb zum Standard. Jeden Abend werden kiloweise Lebensmittel weggeworfen. Der Halal-Tourismus ist ein zweischneidiges Schwert. Das Thema wird noch viele Muslime, aber vor allem Investoren beschäftigen.

Leserkommentare

Ahmet sagt:
Ein sehr schöner Artikel. Meine Freunde machen seit Jahren Urlaub in diesen islamischen Hotels. Ich war zum ersten Mal mit meiner Familie dieses Jahr und wir hatten jede Menge Spaß. Meine Frau konnte ungestört baden und wir haben den Urlaub so richtig genossen. Vielleicht möchten Sie den Artikel mit neuesten Informationen über diesen Markt aktualisieren. HalalBooking.com bietet jedenfalls eine große Anzahl von Hotels und auch Villen in der Türkei aber auch in anderen Ländern an. Die Webseite gibt es auf Deutsch und in 5 weiteren Sprachen und die haben auch ein deutsches Callcenter falls man mit denen sprechen möchte. Die scheinen auf diesem Gebiet Experten zu sein, da ich jede Menge Artikel über sie gefunden habe, wo sie auf globalen Konferenzen präsentiert haben.
06.11.14
19:39